Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
verschwunden, als er ein Feuer roch. Er verharrte und spähte den Weg hinauf. Eine Gestalt in einem roten Umhang lehnte an einem Baum. Das Abendrot ließ ihr goldenes Haar wie eine Krone aus Licht erscheinen. Asla!
    Endlich wagte sich Kalf auf den Pfad. Mit weit ausholenden Schritten eilte er Asla entgegen. Sie trug Kadlin in einem Tuch vor ihrem Bauch.
    »Ich wusste, dass du noch kommen würdest«, sagte sie lächelnd.
    Ihr Anblick verlieh Kalf neue Kraft. Sie war so wunderschön! Nichts von dem Glanz, der sie schon als junges Mädchen umgeben hatte, war verblasst. Am liebsten hätte er sie in seine Arme geschlossen, aber er fürchtete die Blicke der anderen. »Habt ihr ein Lager im Wald?«
    »Dort ist eine große Jagdhütte.« Asla wirkte plötzlich verschlossen.
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Ich habe befohlen, den Flüchtlingszug aufzulösen. Daraufhin gab es Streit. Dort drüben lagern jene, die nicht auf mich hören wollten. Wir können nicht weitermachen wie bisher. Wir haben zu wenig Krieger, um noch einmal zu kämpfen. Es wäre wie letzte Nacht, nachdem die Palisade gestürmt wurde… « Ihre Stimme stockte. »Ich musste diesen Befehl geben! Die Trolle behandeln uns wie Schlachtvieh. Es liegt nun an uns, sich nicht mehr wie Vieh zu verhalten! Rentiere schließen sich zu großen Herden zusammen, weil sie dann sicherer sind. Die Wölfe holen immer nur die Schwächsten, diejenigen, die nicht die Kraft haben, mit der Herde zu flüchten. Aber keine Herde ist je von ein paar hundert Wölfen gehetzt worden. Es ist nicht sicher für uns, als eine große Gruppe zu ziehen. Im Gegenteil! Wenn die Trolle uns finden, dann werden sie uns alle töten. Nur wenn wir viele kleine Gruppen bilden, wenn die Herde wieder in einzelne Familien zerfällt und jeder in eine andere Richtung flieht, werden zumindest einige entkommen.« Kalf deutete zu der blassen Rauchsäule, die zwischen den Bäumen aufstieg. »Was ist mit ihnen?«
    Aslas Züge wurden härter. »Das sind die Schwachen und Mutlosen. Und jene, die nicht von ihnen lassen können. Sie haben entschieden, bei der Jagdhütte zu bleiben und auf die Gnade der Götter zu vertrauen.« Ihre Stimme klang jetzt rau. »Sie… Wenn wir alle zusammen weitergezogen wären, dann hätten wir sie auch zurücklassen müssen.« Asla schloss die Arme um Kadlin, die eng an sie gekuschelt in dem Tragetuch schlief. »Die Trolle werden meine Kleine nicht bekommen! Die meisten Flüchtlinge haben entschieden, lieber in den Wäldern zu erfrieren, als darauf zu warten, dass man sie wie Schlachtvieh holen kommt.«
    »Wohin willst du gehen?«
    Asla deutete nach Westen. »Auf der anderen Seite des Tals soll es Höhlen geben. Dort könnten wir Zuflucht finden.«
    Der Fischer blickte zu den Wolken, die im Norden aufzogen. Ihnen blieben nur ein paar Stunden. »Wie weit ist es bis zum anderen Ende des Tals?«
    »Wenn wir in der Nacht nicht rasten, dann müssten wir morgen früh die Höhlen erreichen.«
    Kalf streckte ihr die Hand entgegen. »Dann sollten wir jetzt besser gehen.« Sie hatte Recht. Alles war besser, als hier zu warten.

EIN GOLDENES HAAR

    Orgrim hatte Respekt vor dem Mut der Menschlinge. Niemals hätte er gedacht, dass diese kleinen, zerbrechlichen Geschöpfe in der Lage wären, ihnen so schwere Verluste beizubringen.
    Der Herzog blickte über das zerwühlte Schneefeld. Die Abendsonne tauchte den Hang in blassrosa Licht. Noch immer suchten Krieger mit langen Stangen nach ihren vermissten Kameraden. Mehr als sechzig Tote hatten sie schon aus dem Schnee geborgen.
    Orgrim schüttelte den Kopf. Den Menschlingen musste klar gewesen sein, dass keiner von jenen, die sich zum Kampf gestellt hatten, überleben würde. Ihre Barrikade hatte die engste Stelle des Bergpfades blockiert. Den Ort, an dem der Strom aus Schnee, Felsen und zersplitterten Bäumen am tödlichsten wüten musste. Sie hatten sich geopfert, um möglichst viele Trolle mit sich ins Verderben zu reißen.
    Der Herzog dachte an den Angriff der Eissegler im Swelm-Tal. Durch ihre fanatische Opferbereitschaft wurden die Menschlinge fast genauso gefährlich wie die Elfen. Es war töricht, diesen Krieg im Fjordland zu führen. Er kostete zu viel Trollblut! Sie sollten abziehen. Zurück zur Snaiwamark oder zu den Felsenburgen, die hoch im Norden an der Grenze zum ewigen Eis lagen. Orgrim dachte an all die Weiber, die in der Nachtzinne auf ihn warteten.
    Er war des Kämpfens müde. Sein Volk hatte sich einen Platz in Albenmark zurückerobert. Die

Weitere Kostenlose Bücher