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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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sein Kinn in Richtung der dunklen Pforte. »Und das dort ist der einzige Weg, der uns noch offen steht. Jetzt packt zu! Wir haben keine Zeit zu verlieren!«
    Mit einem dumpfen Geräusch flammte eine Fackel auf. Gon-doran stand vor einer Truhe mit goldenen Beschlägen. Der Holde holte noch zwei weitere Fackeln heraus, die er sich in den Gürtel schob. Zögerlich stiegen die Kentauren die Treppe hinab. Yilvina und Ollowain bildeten den Abschluss der Truppe. Während sie die schwere Geheimtür verschlossen, sahen sie, wie auch die goldene Pforte langsam aus der Wand glitt. Kurz meinte Ollowain, hastige Schritte auf dem Weg hinab zum Prunksaal zu hören, doch der Eindruck verflog.
    Die Treppe führte an einer mit Kacheln geschmückten Wand vorbei. Sie zeigte Bilder von einer Flusslandschaft, in deren Uferdickicht sich allerlei Vögel verbargen. Die Luft war gesättigt von Feuchtigkeit und dem Geruch nach nassem Stein. Auch hier, tief unter der Erde, war es noch unangenehm warm. Ihr Weg führte sie zu einem steinernen Kai, an dem zwei Boote vertäut lagen.
    Unter der Aufsicht Gondorans ließen die Kentauren vorsichtig den Nachen mit der Königin zu Wasser. Seine beiden Gefährten holten zwei Ruder hervor, die seitlich unter den Bänken verborgen gewesen waren, und legten sie ein. Währenddessen übernahm der Bootsmeister im Heck das Steuer. Der Holde steckte seine Fackel in eine Halterung am Mast. Die übrigen Lichter löschten sie.
    Ollowain hatte nie Angst vor der Dunkelheit gehabt, doch die Finsternis hier unten machte ihm zu schaffen. Das blakende Licht am Mast reichte kaum über den Rand des Bootes hinaus. Er hatte das Gefühl, in die Leere geraten zu sein, die jenseits der Albenpfade lag. Ein Ort, wo jedes Leben fehl am Platze war. Wer auf einer Reise zwischen den Welten vom Pfad abwich, der war auf immer verloren, so hieß es. An welcher Stelle war er in dieser Nacht vom Pfad abgewichen? Wann hatte er den ersten falschen Schritt getan? Schon als er sich mit Silwyna traf?
    Der Schwertmeister ließ sich vom Rand der Anlegestelle ins Wasser hinab und griff nach dem Boot. Erschrocken atmete er aus. Das Zisternenwasser war eisig!
    »Wir hätten nicht in dieses Loch hinabsteigen sollen«, murrte Orimedes. »Gerade ist etwas an meinen Beinen entlang geglitten. Wir werden uns verirren und von Fischen gefressen werden.«
    »Da muss dir wohl dein eigener zitternder Schweif zwischen die Beine geraten sein. Hier gibt es keine Fische!«, sagte Gondo-ran scharf. »Keine Käfer und auch keine Ratten! Nichts, was das Wasser verunreinigen könnte, lebt hier unten. Nur ein paar Geister. Aber bei einem Gespenst muss man sich keine Gedanken machen, dass es ins Wasser pisst, Pferdemann. Das hier unten ist Trinkwasser, und der Herr der Wasser duldet hier nichts, was es verschmutzen könnte. Gewöhnlich hätte ich euch niemals erlaubt, eure verschwitzten, dreckigen Leiber in eines der Becken zu bewegen.«
    »Und gewöhnlich würde ich einem kleinen Klugscheißer, der es darauf anlegt, mich zu beleidigen, auch nicht zuhören, sondern ihm die Zähne in den Rachen treten, dass sie ihm zu den Ohren wieder rauskommen«, schnauzte Orimedes zurück.
    Gondoran war klug genug, darauf nicht zu antworten.
    Inzwischen waren auch die anderen vom Kai ins Wasser gestiegen. Langsam setzte sich der Nachen in Bewegung, und eine Reise in die Finsternis begann. Schon nach wenigen Augenblicken waren die Treppe und der Kai in der Dunkelheit verschwunden. Das Licht reichte nicht bis hinauf zur Decke der Zisterne. Ollowain versuchte die Gedanken zu unterdrücken, die ihn bedrängten, den Eindruck, verloren zu sein. Kein Ziel vor Augen zu haben, war etwas, das er nicht kannte. Wohin sollten sie sich wenden, wenn sie die Mangroven erreichten? Am besten wäre es, durch einen Albenstern zu flüchten. Doch dafür brauchten sie die Hilfe Lyndwyns, denn er verfügte weder über die Magie, jene Pforten zu den Albenpfaden zu öffnen, noch wusste er, wo man nach ihnen suchen sollte. In Vahan Calyd gab es zwei große Albensterne. Einer lag unter dem brennenden Turm Emerelles und der zweite nahe bei Shahondins Palast. Diese Wege waren ihnen verwehrt. Angeblich gab es noch weitere Albensterne weiter draußen im Waldmeer.
    Ollowain betrachtete die Magierin. Obwohl sie nicht wirklich schwer verletzt sein konnte, war sie noch nicht zu Bewusstsein gekommen. Lyndwyn könnte sie auf den Albenpfaden in die Irre führen, ohne dass er davon etwas merken würde. Erst wenn sie wieder

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