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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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übrigen Elfenkrieger taten es ihm gleich. Wortlos folgten sie seinen Befehlen. Auf sie und Yilvina würde er sich verlassen können. Bei Orimedes und seinen vier Kentauren war sich Ollowain nicht so sicher. Die Pferdemänner standen etwas abseits. Ihr Fürst redete wild gestikulierend auf sie ein. Es war offensichtlich, was sie von der Aussicht hielten, einen Fluchtweg zu wählen, der sie tief unter die Erde führen würde. Gondoran und seine beiden verbliebenen Kumpanen untersuchten den Bootsrumpf. Ollowain dachte an den schweren Sturz. Wenn eine der Planken zersplittert war, dann wären alle ihre Pläne zunichte. Er ging zum Bootsmeister hinüber.
    Der Holde deutete in den Nachen. »Einer deiner Krieger hat den Löffel abgegeben. Der ist nur noch unnötiger Ballast. Am besten versteckt ihr ihn unter den Büschen bei euren Rüstungen.«
    Der Schwertmeister spannte sich. »Mäßige deinen Ton. Nur weil ich auf dich angewiesen bin, werde ich dir nicht alles durchgehen lassen, Bootsmeister.«
    »Nein?«, fragte der Holde provozierend. »Sieh den Tatsachen ins Auge. Dein Kamerad ist nur noch totes Fleisch. Erhat sich entschieden, ein Krieger zu sein, und ist im Kampf verreckt. So etwas nennt man unter deinesgleichen doch ein erfülltes Leben. Meine Männer sind nur Fischer, die heute Abend auf ein Fest gehen wollten. Du kannst froh sein, dass sie nicht alle abgehauen sind.«
    »Du und deine Männer, ihr seid Diener der Königin, genau wie ich, Bootsmeister. Sie wusste, dass sie auf diesem verdammten Kahn entkommen wird. Und es ist deine Aufgabe, sie in Sicherheit zu bringen. Ihr drei werdet euch genauso wenig drücken, wie meine Krieger vor einem Kampf fliehen. Wenn es nötig ist, werde ich dich und deine Spießgesellen mit den Füßen auf den Planken festnageln, bis Emerelle in Sicherheit ist. Von einem Holden erwarte ich nicht, dass er sich ritterlich verhält, aber du wirst deine Pflicht tun wie jeder andere hier auch. Und jetzt berichte mir, ob das Boot Schaden genommen hat.«
    Gondoran funkelte ihn wütend an, verkniff sich aber jede weitere spitze Bemerkung. »Eine Planke ist gerissen. Wir werden ein bisschen Wasser nehmen. Aber der Nachen wird schwimmen.«
    Der Schwertmeister beugte sich über Emerelle. Die Haut der Königin fühlte sich immer noch eisig an. Obwohl Lyndwyn noch bewusstlos war, wirkte ihr Zauber fort. Das Gewand der Magierin war voller Brandlöcher, das Haar versengt und ihr Gesicht blutverschmiert. Und dennoch hatte sie immer noch etwas Unheimliches und zugleich Respekteinflößendes an sich. Ihre rechte Hand ruhte auf Emerelles Brust. Sie schien wirklich bemüht, die Königin zu beschützen. Hatte er ihr Unrecht getan? Nein, jeder hatte sehen können, wie sie das Zeichen zum Angriff gegeben hatte. Sie war eine Verräterin!
    Ollowain strich über das Gesicht seines toten Gefährten und schloss ihm die Augen. Es war offensichtlich, dass Lyndwyn nichts unternommen hatte, um den beiden Verletzten zu helfen. Ihre Wunden waren nicht verbunden, und es gab auch keine Anzeichen dafür, dass sie einen Zauber gewirkt hätte, um die Schmerzen der Männer zu lindern. Am liebsten hätte er die Magierin zurückgelassen.
    Sie brachten ihren Kameraden auf seinem Schild in die Büsche. Es blieb kaum Zeit, um mit ein paar Worten von ihm Abschied zu nehmen. Den Toten zu ehren hieße, die Lebenden gefährden. Plötzlich hatte Ollowain das Gefühl, beobachtet zu werden. Er sah sich um, doch in der Gartenlandschaft gab es hunderte Verstecke. Er konnte niemanden entdecken.
    Als sie zurückkehrten, stand Gondoran am Rumpf des Nachens. Die Kentauren hatten die ungewöhnliche Sänfte wieder auf ihre Schultern gestemmt. Der Holde führte die Gruppe durch einen Garten auf der Rückseite des Hügels, bis sie zu einem Springbrunnen gelangten, hinter dem eine breite Treppe in die Tiefe führte. Selbst hier hatte man zum Fest der Lichter auf jede der Treppenstufen eine kleine Öllampe gestellt. Ollowain dachte daran, dass man nie wieder an diesem Tag feiern könnte, ohne an den schrecklichen Brand und all die Toten zu denken. Die eisenbeschlagenen Hufe der Kentauren lärmten auf den marmornen Stufen. Vorsichtig tasteten sie sich in die Tiefe, bis sie schließlich an ein großes Tor gelangten und die Sänfte behutsam auf den Boden setzten. Es gab hier keinen Riegel und auch keine Türangeln.
    Ehrfürchtig tastete Orimedes über das Tor. »Das ist Gold, nicht wahr?«, hauchte er. »Pures Gold. Genug, um einen Palast zu kaufen.

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