Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
stellen.«
    Der Anführer der Kundschafter gesellte sich zu ihnen. Er war ein bulliger Kerl. Ein wenig kleiner als Orgrim, hatte er eine breite Brust, die mit wulstigen Schmucknarben bedeckt war. Sie zeigten das Abbild eines Falken. Bis auf drei Zöpfe hatte der Kundschafter seinen Schädel kahl rasiert. Sie hingen ihm über die rechte Schulter hinab und waren mit Falkenfedern geschmückt. Seine Haut erschien im Mondlicht graugrün und hatte helle Einsprengsel.
    Der Blick des Fährtenlesers wirkte seltsam. Seine Augen strahlten eine wohlwollende Wärme aus, wie Orgrim es bei den Weibern erlebt hatte. Gewiss hatte sein Gegenüber dafür schon manchen Spott in seinem Leben geerntet. Helle Narben auf Armen und Beinen zeigten, dass er Streit nicht aus dem Weg ging.
    Am rechten Oberarm, halb unter den Zöpfen verborgen, zeugten vier helle Striemen vom Kampf mit einem Höhlenbären. Nein, dachte Orgrim, ganz gleich wie seine Augen aussahen, der Kerl hatte nicht viel mit ihren wohl behüteten Weibchen gemein. Selbst wenn eine von ihnen aus einer Laune heraus darauf bestand, auf die Jagd zu gehen, wurde sie stets von so vielen Kriegern abgeschirmt, dass ihr nichts geschehen konnte. Der Kundschafter war anders. Orgrim schätzte ihn als einen Mann ein, der gern allein in die Wildnis zog.
    Ihr Führer brachte sie zu einer Fährte, die ein Stück von ihrem Landungsplatz entfernt den Strand hinauf lief. »Es waren ein Kentaur, ein Kobold oder Holder und drei Elfen, die selbst gelaufen sind«, erklärte der Kundschafter. »Dort drüben liegt ihr Nachen. Ein seltsames Boot. Es hat Holzscheiben im Rumpf, die man herausnehmen kann. Mir ist es ein Rätsel, wozu das gut ist. Vielleicht um den Nachen bei Gefahr schnell zu versenken?«
    Orgrim dachte an die Geschichten über die eigentümliche Sänfte der Elfenkönigin, die er den Tag über aufgeschnappt hatte. Er blickte zu Skanga. Die alte Schamanin hatte jetzt etwas Wölfisches. Den Kopf vorgestreckt, wirkte sie wie ein Raubtier, das Witterung aufnahm. Gewiss hatte auch sie von der Sänfte der Königin gehört.
    »Wann sind sie hier angekommen, Brud?«
    »Mit dem höchsten Stand der Flut am frühen Nachmittag.« Der Kundschafter wies zu einem dunklen Höhleneingang. »Dort drüben haben sie gelagert. Die Glut war noch nicht verloschen, als wir ankamen. Ich schätze, wir haben sie um höchstens eine Stunde verpasst, Ehrenwerte.«
    Die Schamanin rieb sich über ihr breites Kinn. »Habt ihr das Schiff sofort zurückgeschickt?«
    »Ja, Skanga. Ganz wie du es befohlen hast. Von der Höhle führt ein Tunnel zu einem Ort der Macht… Wir haben ihn nicht betreten, aber man konnte ihn auch vom Tunnel aus gut einsehen.« Der Kundschafter schlug ein Zeichen gegen Geister. »Der Fels dort leuchtet. Es ist ein unheimlicher Platz. Es führt nur ein Weg dorthin. Die eisenbeschlagenen Hufe des Kentauren haben feine Spuren auf dem Felsboden hinterlassen. Zumindest ist er zu diesem Ort der Macht gegangen und nicht zurückgekehrt. Es scheint, als habe ihn der Berg verschlungen und die übrigen mit ihm. Sie haben zwar keine Spuren auf dem Felsen hinterlassen, aber in der Zeit, in der wir auf dich warteten, Skanga, haben wir die ganze Insel abgesucht. Hier ist niemand mehr. Wir werden uns noch ein paar Küstenhöhlen ansehen, in die man nur bei Ebbe gelangt, doch ich bin mir sicher, dass unsere Beute auf und davon ist.«
    Brud hatte sie inzwischen in eine niedrige Höhle geführt. Or-grim musste den Kopf einziehen, um nicht an die rußgeschwärzte Decke zu stoßen. Ihr Führer deutete auf die Feuerstelle und auf zwei flache Mulden im Sand. »Zwei der Flüchtlinge haben sich hier niedergelegt. Ich habe den Verdacht, dass sie zwei Verwundete dabei haben, die nicht aus eigener Kraft laufen können. Dann wären es also insgesamt sieben.«
    »Eine magische Zahl«, murmelte Skanga. »Ein starker Bund. Nicht zu teilen.« Die Schamanin ging neben der kleineren der beiden Mulden in die Hocke und strich mit den Fingern durch den Sand. Orgrim fragte sich, ob sie die Macht hatte, mit den Sandkörnern zu reden. Den Blick in sich gekehrt, schien die Schamanin alles um sich herum vergessen zu haben. Bewegten sich ihre Lippen? Zauberte sie?
    Plötzlich stutzte Skanga. Mit spitzen Fingern zog sie etwas aus dem Sand, das wie ein kleines Stück von einem welken Blatt aussah.
    »Was ist das?«, fragte Brud.
    Skanga lächelte und zerrieb ihren Fund zwischen den Fingern. »Ein Stück von einem verbrannten

Weitere Kostenlose Bücher