Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt
Sie mir Bescheid, ja? Ich wüsste gern, was hier los ist und wohin die junge Dame Eliette verschwunden ist.«
»Befürchten Sie einen Anschlag?«, fragte Nadja. »Boy X stand erst am Anfang seiner Karriere, aber gut, er ist natürlich bekannter als die anderen Komapatienten.«
»In diesen Zeiten, ma chère, müssen wir alles befürchten«, sagte der Polizist liebenswürdig. Er nickte ihnen zu und verabschiedete sich.
Robert und Nadja wollten gerade wieder zum Ärztezimmer, als Jean herbeistürzte. »Hat er euch schon erwischt?«
Nadja wusste sofort, wen er meinte, und nickte. »Larquim hat …«
»Verdammt, der Kerl hat mich reingelegt! Hört mal, es tut mir leid, ich …«
»Ist schon in Ordnung«, unterbrach Nadja und lachte. »Er tut nur seine Pflicht, und das ist in diesem Fall vielleicht nicht einmal das Schlechteste. Ich glaube nicht, dass er uns verhaften will, nur weil wir hier herumschnüffeln.«
»Ja, einerseits stimme ich zu, andererseits bringt mir die Polizei alles durcheinander und beunruhigt Patienten wie Familien. Gerüchte über eine Seuche kursieren bereits, und wir müssen die Intensivstation bewachen.«
Jean ging voraus zu seiner Station. Der Arzt wirkte fahrig und nervös, seine Gesichtszüge waren unruhig, und seine Hände flatterten geradezu.
»Leider gibt es keine guten Neuigkeiten«, sagte er unterwegs. »Sébastiens Lebenswerte verschlechtern sich. Seine Organe arbeiten immer weniger, obwohl ihm nichts fehlt. Als ob das Leben verrinnt. Wir müssen ihn bereits künstlich beatmen. Und das Schlimmste: Bei ihm geht es viel schneller als bei den anderen, ich verstehe das nicht.«
Er öffnete die Glastür. »Ihr dürft hinein, hier liegen nur gesunde Menschen, deren Geist lediglich den Körper verlassen hat.« Nadja hörte die Bitterkeit in seiner Stimme und empfand Mitleid. Sie drückte kurz seinen Arm.
Der Arzt lächelte sie dankbar an, bevor er weitereilte. Jean blickte sich nicht einmal mehr um, als drücke ihn die Verantwortung.
Charles saß neben Sébastiens Bett und sah auf, als er die beiden kommen sah. Nadja war erschüttert, als sie Sébastien erblickte. Der junge Sänger war an lebenserhaltende Maschinen angeschlossen. Winzig, dünn und bleich lag er in dem scheinbar viel zu großen Bett.
Charles hielt die Hand seines Bruders und weinte. »Er wird sterben«, flüsterte er.
»Charles, du musst glauben, dass …«
»Nein, er wird sterben. Er wird nie wieder erwachen, und bald wird von ihm nichts mehr da sein. Er wird immer weniger und durchsichtiger. Ich kann es nicht glauben … Als er letzte Woche abreiste, war er gesund und voller Energie, ich hätte ihn für unsterblich gehalten …« Er wischte sich mit der anderen Hand die Tränen ab. »Danke, dass ihr noch nichts weitergegeben habt. Meine Familie hat bisher verhindert, dass die Presse irgendwas erfährt.«
»Das ist selbstverständlich, Charles«, sagte Nadja. »Ich werde meinen Auftrag trotzdem zu Ende bringen, euch aber vorher geben, was ich geschrieben habe. Dann überlasse ich der Familie die Entscheidung, ob ihr einverstanden seid. Aber das dauert noch ein wenig.«
»Ja … gut. Ja, vielleicht wäre es schön, einen Nachruf auf ihn zu bekommen. Das hat er verdient.«
»Kann ich deswegen mal mit deiner Familie sprechen? Ich weiß so wenig über Sébastien.«
»Ja, das lässt sich machen. Wir werden dir sagen, was du wissen willst.«
»Habt ihr inzwischen entschieden, was mit seinem neuen Song passieren soll?«, fragte Robert.
»Notre père … unser Vater hat entschieden, das ganze Album zurückzuziehen«, antwortete Charles. »Nur die beiden bereits veröffentlichten Songs dürfen gespielt werden, alles andere hat er unter Verschluss genommen. Die Plattenfirma und Sébastiens Manager wollen ihn verklagen, aber davor hat er keine Angst.«
»Warum?«, wollte Robert wissen.
»Er hat das Lied gehört«, wisperte Charles. »Er wurde leichenblass, ich habe meinen Vater noch nie die Fassung verlieren sehen. Er sagte, diese Lieder wären gefährlich. Sie würden die Menschen verrückt machen. Er sagte, Sébastien konnte sie unmöglich allein komponiert haben.«
Nadja und Robert sahen sich beunruhigt an. »Wie kann er auf so eine Vermutung kommen?«, fragte Nadja leise.
»Unser Vater ist sehr empathisch«, antwortete Charles. »Schon immer sieht er viele Dinge, für die andere Menschen völlig blind sind. Er sagt, es gibt eine Welt neben unserer. Diese Aussage hat Sébastien immer fasziniert, und schon als
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