Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt
einem.«
»Und was wirst du jetzt tun?«
»Inwiefern?«
»Wirst du den Elfen helfen, den Quell der Unsterblichkeit zu finden?«
»Wie sollte ich das?«
Robert blieb stehen. »Nun mach mal ’nen Punkt, Nadja. Du bist Journalistin, du weißt genau, wie man recherchieren muss. Du bist bis zu ihnen vorgedrungen, du hast den ernsthaften Beweis, dass es Elfen gibt, die zudem in sehr großer Not sind – und da willst du dich zurückziehen?«
»Das geht mich nichts an!«, sagte sie heftig. »Mir geht es nur um die Reportage über Sébastien.«
»Und damit benutzt du ihn genauso für deine Zwecke wie alle anderen!«
Betroffen sah sie den Fotografen an. »Ich …«
Aber Robert war bereits in Fahrt. »Hör auf, immer gleich davonzulaufen, sobald du Verantwortung übernehmen sollst, Nadja! Du willst dich doch nur deswegen nicht weiter darauf einlassen, weil du Angst hast, dass du den Elfen nicht helfen kannst! Vielleicht ist das auch so. Aber du könntest es wenigstens versuchen!«
»Ich wüsste nicht, wie. Und wahrscheinlich wollen sie meine Hilfe gar nicht.«
»Treib deine Bindungsängste nicht zu weit!« Robert schnaubte lautstark. »Es könnte sonst sein, dass du noch deinen letzten Freund verlierst, den du hast.« Er deutete auf sich. »Du gefällst dir darin, mir deinen Stempel aufzudrücken und mir vor Augen zu führen, was ich falsch mache. Ja, ich rauche und trinke zu viel, ich kümmere mich einen Dreck um meine Gesundheit, und ich habe Angst vor allem, was zu tief gehen könnte, weil ich nicht noch einmal dasselbe durchmachen will. Diesen Schmerz, diesen Verlust …« Er verstummte kurz und schaute zu Boden. Dann blickte er sie an und sprach weiter.
»Trotzdem habe ich dich in mein Leben gelassen, und bis aufs Bett teilen wir alles miteinander. Ich will mir vormachen, dass es mit dir anders ist als mit anderen, aber du bist meine Freundin, du stehst mir nah, und ich hab dich lieb. Ich würde alles für dich tun und dich vor allem nicht im Stich lassen. Wenn ich weiß, dass ich etwas tun kann, tu ich es auch.«
Ihre Augen funkelten geradezu. »Die Elfen sind nicht meine Freunde.«
Er stocherte mit dem Zeigefinger in der Luft herum. »Ihr seid aneinander gebunden, allein dadurch, dass ihr voneinander wisst. Und wenn du zehnmal die Augen schließt, kannst du sie sehen. Die Verbindung zwischen euch ist Boy X, denn ein weiterer Mitspieler raubt ihm das Leben. Wenn er damit fertig ist, wirst du dran sein. Dann die Elfen. Er weiß von dir, von euch und von mir. Wir können nicht mehr zurück, egal wohin wir uns wenden. Und ich sage dir noch einmal: Es wird Zeit, dass du lernst, Verantwortung zu übernehmen, und dich nicht immer bequem auf deinem breiten Journalistenarsch ausruhst, mit gefühlvollen Berichten über das Leben, aber aus der Distanz, weil du in Wirklichkeit gar nicht daran teilhast. Wenn du über Sébastiens Schicksal schreiben willst, dann gefälligst aus deiner Warte, wie
du
es erlebt hast! Nur so kannst du ihn ehren, ansonsten bist du nicht besser als sein Manager oder alle anderen. Denk mal darüber nach!«
Wütend starrte sie der Fotograf an, sichtlich verwundert über den eigenen Redefluss. Dann wandte er sich mit einem weiteren Schnauben ab und ging in Richtung Klinik.
Nadja blieb eingeschnappt, aber auch bestürzt zurück.
Robert stand vor dem Kaffeeautomaten, als Nadja schließlich auch in die Klinik kam. Er ließ einen zweiten Espresso heraus, als er sie bemerkte, und reichte ihr den Becher.
»Bist du mir noch böse?«, fragte sie leise.
»Ich bin dir nicht böse«, antwortete er. »Nur enttäuscht.«
Ihre Augen verschwammen, als sie ihn ansah. »Gib mir ein bisschen Zeit, okay?«
»Na klar.« Er lächelte plötzlich und gab ihr wieder einen Kuss auf die Stirn. Sie tranken ihre Becher aus, in kurzen Schlucken, als ginge es ums Überleben, und warfen sie dann zum Plastikmüll in einen Korb.
»Komm jetzt!«, sagte der Fotograf. »Jean wartet schon auf dich. Er hat bald dienstfrei, und die anderen Ärzte kennen uns nicht. Wenn er weg ist, können wir nicht mehr zu Sébastien.«
Robert führte Nadja zu einem Ärztezimmer und bat darum, Dr. Jean Vallé zu informieren, dass Nadja Oreso da sei. Doch statt des jungen Arztes erschien plötzlich ein älterer, leicht übergewichtiger Mann in etwas ausgeleiertem Anzug, Krawatte und Herbstmantel. Sein Gesicht sah grau und müde aus, die Augen aber hellwach und scharf. Ein Polizist, ohne jeden Zweifel.
»Das trifft sich ja gut«, sagte der
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