Elfenzeit 11: Merlins Erwachen - Hartmann, C: Elfenzeit 11: Merlins Erwachen
paarmal zur Begrüßung. Im gleichen Moment ertönte eine glockenhelle Fanfare von der höchsten Zinne. Die Hunde blickten sich um und rannten mit ebenso großer Begeisterung zurück zum Turm, aus dem sie hervorgekommen waren. Kaum hatten sie die Zugbrücke wieder erreicht, tauchte unter dem Torbogen eine Gestalt auf.
»Da ist sie!«, hauchte Rian.
David kniff die Augen zusammen, weil er das Gefühl hatte, die Gestalt müsse von innen heraus leuchten. Er sah, wie sie einen Schritt vorwärts machte, und dann wusste er, wen er vor sich hatte.
Endlich hatten sie die Herrin vom See erreicht.
Die Zwillinge sahen zu, wie die Herrin vom See auf sie zugeschritten kam, und David begriff, dass ihnen eine Geste der Ehrerbietung zuteilwurde. Nur hohen Gästen kam man entgegen und hieß sie vor den Toren willkommen.
»Sie ist eine alte Frau«, murmelte Rian an seiner Seite. David konnte ihre Anspannung spüren. Mit jedem Schritt, den die Herrin vom See näher kam, rückte Rian dichter an ihn heran, und schließlich nahm sie sogar seine Hand.
»Stimmt nicht«, gab er leise zurück. Die Herrin vom See sah nur aus der Ferne alt aus, was an ihren langen schneeweißen Haaren liegen mochte, die ihr wie ein Schleier rechts und links des Gesichts herabfielen. Auch ihr Gewand war blendend weiß, um Oberkörper und Taille eng geschnitten und von der Hüfte weit fallend und bauschig. Ein schmaler Gürtel aus einem silbernen Material war die einzige Zierde, die sie trug.
Endlich – David kam es vor, als seien seit der Fanfare ganze Tage oder Wochen vergangen – erreichte die Herrin sie und blieb wenige Schritte vor ihnen stehen. Sie war hochgewachsen und überragte den 1,90 Meter großen Elfenprinzen fast um einen halben Kopf.
David blieb die Luft weg, als sich der Blick ihrer dunkelblauen Augen direkt auf ihn richtete. Einem Impuls folgend, fiel er auf ein Knie nieder und senkte das Haupt. »Wir sind Eurem Ruf gefolgt, edle Herrin, wie Ihr es befohlen habt«, sagte er. Seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren seltsam belegt.
Statt etwas zu erwidern, lachte die Herrin vom See. Es war ein heller Ton, der an klirrendes Glas erinnerte. »Erhebt Euch, Prinz Dafydd von Crain. Es ist wahrlich nicht nötig, vor mir zu knien. Und Ihr dürft mich Viviane nennen.«
Rasch kam David der Aufforderung nach, und jetzt erst bemerkte er, dass offenbar auch Rian vor der Herrin niedergesunken war. Ein wenig schwankend erhob sie sich zurück auf die Füße.
Der Blick der Herrin richtete sich auf sie. »Willkommen auch Euch, Rhiannon von Crain. Ich danke Euch, dass Ihr hergeeilt seid, um mir in meiner Not zu helfen.« Beinahe hätte David angesichts dieser Scheinheiligkeit höhnisch geschnaubt. Er konnte sich gerade noch beherrschen.
»Ich weiß«, sagte Viviane, »dass Ihr nicht wirklich freiwillig hier seid, und Ihr könnt mir glauben, dass mein Herz traurig ist, weil ich Euch hierher bitten musste.«
»Allzu eilig kann es Euch mit unserer Hilfe ja nicht sein«, rutschte es Rian heraus.
David sah sie von der Seite her an. Rians Gesicht wirkte angespannt und ein wenig blass. Aus ihren Lippen war jegliche Farbe gewichen, aber dennoch hielt sie dem Blick Vivianes stand. »Ich meine, weil Ihr uns dort oben am Seeufer ganz schön habt warten lassen.«
Wieder lachte die Herrin ihr helles, kühles Lachen. »Oh, das! Ich war gerade ziemlich beschäftigt, als Ihr kamt. Ich musste einer jungen Frau ein paar wichtige Träume übermitteln, um sie … Aber egal! Im Grunde wollte ich nur sicher sein, dass Ihr auch die Richtigen seid, bevor ich Euch in mein Reich lasse.«
Rian überging den abrupten Themenwechsel. »Habt Ihr denn nicht gespürt, dass wir die Richtigen sind?« Ungläubig sah sie Viviane an.
»Doch. Natürlich habe ich gefühlt, wer Ihr seid und wo Ihr herkommt. Aber ich musste sichergehen, dass Ihr in der Lage seid, auch ungewöhnliche, sagen wir, nicht-elfische Wege zu beschreiten.«
»Ihr spielt auf den Stein des Jungen an«, vermutete Rian.
»Manchmal ist es nötig, der Welt wie ein Kind entgegenzutreten«, war die kryptische Antwort Vivianes.
Überrascht blickte Rian zu ihrem Bruder, aber er zuckte nur die Achseln. David waren Vivianes Worte sichtlich ein Rätsel – eines, dessen Lösung ihn offenkundig wenig interessierte. »Wie können wir Euch helfen?«, erkundigte er sich stattdessen. Er wollte das alles hier so schnell wie möglich hinter sich bringen, um endlich Nadja suchen zu können.
»Kommt mit.« Viviane drehte sich um
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