Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen - Themsen, V: Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen
Nibelungen
Hart klang das Klappern von Pferdehufen auf Asphalt von den Wänden der Häuser wider und erzeugte Wellen in den Pfützen am Straßenrand, die das mattweiße Licht der Straßenlaternen zurückwarfen. Hier und da wurde ein Vorhang zurückgezogen, und Kinder in Schlafanzügen drückten ihre neugierigen Gesichter an den Fensterscheiben platt.
Sonst zeigte niemand Interesse für das seltsame Reiterpaar, das Einzug in der Stadt der Nibelungen hielt. Die geplagten Hundebesitzer, die trotz der späten Stunde und der nassen Wege ihre Tiere ausführen mussten, hoben kaum den Kopf, und die wenigen Autos, die noch unterwegs waren, fuhren zügig an ihnen vorbei, um so schnell wie möglich in die trockenen Garagen zu gelangen.
Rian sah sich aufmerksam um, musterte die Sandsteinfassaden und Fachwerkhäuser und zog unwillkürlich Vergleiche zu der einzigen Menschenstadt, die sie bisher kennengelernt hatte.
»Das hier ist so … so völlig anders als Paris«, sagte sie über das Hufklappern hinweg zu David. »So ruhig, verschlafen, keine hohen Gebäude, kaum Beton und Stahl. Und fast überall sind hübsche Gärten vor den Häusern.«
David zuckte die Achseln. »Wir sind gerade mal am Stadtrand angekommen. In den Außenbezirken von Paris gibt es bestimmt auch ein paar Orte wie diesen.« Er machte eine ausholende Bewegung, die den hinter ihm sitzenden Grog beinahe aus dem Gleichgewicht brachte. Der Grogoch wedelte leicht mit den Armen und krallte sich mit einem Protestknurren am Gürtel des Elfen fest.
Rian rümpfte die Nase. »Die meisten Außenbezirke, die ich dort gesehen habe, waren nicht gerade einladend. Kein Vergleich zu hier.«
Grog brummte: »Ich kenne derartige Siedlungen gut. So war es schon damals, als ich die Menschen besuchte und sie noch mit Holz und Stein bauten anstatt mit Metall und Beton. Nur die stinkenden Vehikel sind neu.«
»Mhm«, sagte Rian, ohne den Blick von einem etwas zurückliegenden Fachwerkhaus mit Türmchen zu nehmen, an dessen Wänden dunkler Efeu emporrankte.
David beeindruckte die Umgebung kaum. Statt der Häuser und Gärten musterte er die Schilder und Wegweiser, während die Pferde weiter in gemächlichem Schritt der Straße folgten.
»Da steht nirgends etwas von einem Brunnen«, stellte er fest. Dann deutete er auf ein braunes Schild, das in eine Querstraße wies. »Hotel Siegfriedsruh. Siegfried hätten wir zumindest mal gefunden.«
Rian hob die Augenbrauen. Dies war der erste Beweis, dass David doch das Lesen erlernt hatte und mitnichten nur die Bilder anschaute. Aber sie zog es vor, nicht weiter darauf einzugehen.
»Hotel klingt nicht schlecht«, sagte sie stattdessen. »Wir sollten die Pferde ohnehin langsam ausruhen lassen. Wir können uns genauso gut morgen frisch erholt auf die Suche machen.«
David nickte, und sie lenkten ihre Reittiere mit leichtem Schenkeldruck die Querstraße hinunter. Hier wurde die Bebauung dichter, das Fachwerk seltener. An einem modernen Haus mit einem verglasten Vorbau prangte ein Schild mit dem Bild eines blond gelockten Kriegers, der auf einem Hügel schlief. Darunter stand in geschwungenen Buchstaben »Zur Siegfriedsruh«. Rian zügelte ihr Pferd und legte den Kopf schräg, während sie das Schild betrachtete.
»Sieht dir ein wenig ähnlich, bis auf die Locken«, sagte sie. David warf ihr einen verächtlichen Blick zu und stieg ab. Er half Grog herunter und gab seinem Pferd einen leichten Klaps, der es davontraben ließ.
Rian glitt ebenfalls vom Rücken ihres Fuchses und ließ Pirx auf ihre Schulter klettern, ehe sie dem Pferd leicht auf den Rist klopfte. »Danke, meine Schöne«, flüsterte sie. »Und jetzt geh zurück.«
Die Fuchsstute schloss mit einem kurzen Galopp zu ihrer Gefährtin auf. Kurz darauf verschwanden beide Tiere trabend um eine Häuserecke.
»Ich hoffe, sie finden den Weg nach Hause«, sagte Rian.
»Eher als wir«, erwiderte David mit deutlich hörbarem Sarkasmus.
Rian warf ihm einen kurzen Blick zu, verzichtete jedoch auf eine Erwiderung und ging auf den Glasvorbau und die automatisch aufgleitende Schiebetür zu. Grog schloss eilig zu ihr auf, David machte das Schlusslicht, um die Tür nicht allzu lange offen stehen zu lassen.
Sie gingen an einigen Grünpflanzen und Rattanmöbeln vorbei durch einen weiteren Durchgang, der sie in einen marmorgefliesten Eingangsraum mit holzgetäfelten Wänden führte. Zur Rechten beherrschte ein langer und hoher Empfangstisch aus dunklem Holz den Raum, während hinten eine
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