Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig - Schartz, S: Elfenzeit 4: Der Löwe von Venedig
Nadja entsetzt und sah Rian an.
»Ich weiß nicht«, sagte die Elfe verwirrt. »Ihm fehlt überhaupt nichts, das kann ich spüren …«
»Und was habe ich dann für Schmerzen?«, brüllte David. »Meine … meine Brust … ich kriege keine Luft mehr.«
»Können Elfen einen Herzanfall bekommen?«, fragte Nadja ihren Vater alarmiert.
»Nein«, antwortete er. Besorgt sah er zu, wie Grog versuchte, David ruhigzustellen.
Der Kobold drehte den Prinzen auf den Rücken, und Nadja sah ein seltsames, rhythmisch pulsierendes Leuchten, das innen von seiner Brust nach außen drang.
»O weh«, seufzte Grog.
»Du sagst es«, brummte Fabio, und Rian wandte sich ab. Pirx hielt sich die Hand vor den Mund und war sprachlos.
Die Krämpfe ließen nach, und David richtete sich keuchend auf. »Was ist das?«, rief er. »Was geschieht mit mir? Muss ich sterben? Rian, was …«
»Oh, Bruder …«, sagte Rian leise und kniete bei ihm nieder. »Ja, ich fürchte, du wirst sterben. Irgendwann. Genau wie Fabio.« Sie half ihm aufzustehen.
»Ich verstehe nicht«, sagte David völlig verstört und ängstlich, und er streckte hilfesuchend die Hand nach Nadja aus. Das innere Glühen verging langsam, und er erholte sich zusehends, doch die Angst blieb.
»Was geht hier vor sich?«, flüsterte Nadja.
Fabio kratzte sich den Bart und seufzte ergeben. »Das war es, was du David gegeben hast, als du ihn ins Leben zurückgeholt hast«, sagte er ruhig. »Deine elfische Lebenskraft, und deine … menschliche Liebe.«
Rian legte den Arm um Davids Schultern und lehnte ihren Kopf an seinen. »Du hast gelernt zu lieben, Bruder«, wisperte sie. »Und jetzt wächst dir eine Seele.«
Für einen Moment herrschte betroffene Stille.
»Na«, krächzte Pirx schließlich, »da haben wir Fanmór aber eine Menge Überraschungen zu bieten.«
Die kleine ziegelrote Brücke lag im Sonnenschein. Möwen kreisten über ihr, und ein Boot tuckerte unten langsam vorbei. Nadja konnte das geöffnete Portal bereits sehen. Gegenüber gingen zwei Frauen mit Einkaufstüten, die keine Ahnung davon hatten, dass gerade eine Verbindung zwischen zwei Welten bestand und dass vier Elfen gleich auf der einen Seite die Brücke hinaufgehen, auf der anderen Seite aber nicht mehr hinunterkommen würden.
Die Abschiede und Umarmungen hatten bereits stattgefunden. Rian, Pirx und Grog warteten auf halbem Weg, ihre Koffer waren schon mit Schwung auf die andere Seite des Portals geworfen worden. Nur David zögerte noch und hielt Nadjas Hände.
»Fühlst du dich gut?«, fragte Nadja.
»Ja, ich fühle mich … großartig. Ich spüre ein winzig kleines Licht in mir, das mich wärmt. Wie ein zweites Herz. Und ich bin sehr durcheinander, denn ich werde lernen müssen, mich mit menschlichen Gefühlen auseinanderzusetzen.«
»Erschreckt dich das?«
»Jetzt nicht mehr.« Mit einer zärtlichen Geste berührte er ihren Nacken. »Eines Tages werde ich mich entscheiden müssen, ob ich es zulasse, dass die Seele in mir weiter wächst.«
»Dann wärst du sterblich wie ein Mensch und der Quell für dich auf ewig unerreichbar.« Nadja hob seine Hand zu ihrem Mund und drückte ihre Lippen darauf. »Lass dir Zeit. Wir beide brauchen Zeit, um mit all dem fertig zu werden, was zwischen uns passiert ist. Auf Tramonto und … hier.«
Er umarmte sie ein letztes Mal. »Ich werde zurückkommen, Nadja, und schon sehr bald. Ich verspreche es dir. Ich will bei dir sein, und ich will weiter nach dem Quell suchen. Irgendwie werde ich meinen Vater überzeugen. Du gibst mir die Kraft dazu.«
Sie schmiegte sich an ihn. »Ich werde auf dich warten, David, egal wie lange es dauert. Mit deinem Cairdeas habe ich immer Verbindung zu dir und bin dir nahe. Die Trennung wird schwer sein, aber ich weiß, wir werden uns wiedersehen. Unsere Aufgabe ist noch lange nicht beendet.«
David löste sich von ihr. »Es liegt noch viel vor uns.« Er drehte sich um und schloss zu seiner Schwester auf, die ihn an der Hand nahm.
Fabio stellte sich dicht neben Nadja und legte den Arm um ihre Schultern. Gemeinsam hoben sie die Hand.
Alle vier Wesen aus der Anderswelt winkten ein letztes Mal, dann gingen sie durch das Portal.
Epilog
Schattenland
Der Getreue durchschritt die Gänge eiligen Fußes. Das Tor hatte sich schneller wieder geöffnet, als er angenommen hatte, und der Befehl war kurz und bündig gewesen: Komm!
Das Gesinde wich ihm hastig aus. Ein Krausköpfiger Sonnenlöwe erstarrte im Frost, als die Spitze des Umhangs ihn
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