Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel - Schartz, S: Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel
hielten den Atem an.
»Der Valle del Bove.« Der junge Sizilianer wies auf das riesige Tal, das sich dort unten vor ihren Augen ausbreitete. Grün bewaldet, doch immer wieder von toten Lavafeldern durchzogen, und der dreigeteilte Ätnagipfel darüber schon ganz nah. Von hier aus sahen sie den austretenden Rauch noch besser, seine Färbung ging von Dunkelgrau bis Hellweiß.
»Es wird einen Ausbruch geben«, murmelte Fabio.
»Ja, anzunehmen. Aber nur einen kleinen«, stimmte Max zu. »Keine Gefahr.« Er deutete nach unten. »Früher ließen die Bauern hier ihre Kühe weiden, deshalb der Name. Doch schon lange dient das Tal als Auffangschale für das Blut des Vulkans. Die meisten Ausbrüche verlaufen sich hier, und immer wieder erholt sich die Natur. Bis auf wenige Ausnahmen, wie man sieht.«
»Weil die Zugänge verschüttet wurden«, setzte Fabio abwesend fort. »Dort sind weitere Austrittswunden und ehemalige Luftlöcher zur alten Stadt und dann noch die Gänge und Stollen. Es ist alles so lange her …«
Max warf ihm einen verwunderten Blick zu, äußerte sich aber nicht weiter dazu. Sizilien, das Land des Schweigens. Besser, man wartete auf Antwort, bevor man fragte.
»Es ist wunderschön«, bemerkte Nadja, aber nicht nur wegen der Ablenkung; sie war wirklich euphorisch. Nachdem sie sich vor dem Berg gefürchtet hatte, wollte sie ihm nun Schritt für Schritt näher kommen und all seine Geheimnisse ergründen. Von hier oben sah das Tal übersichtlich aus, aber war man erst mal dort unten, hatte man eine riesige, labyrinthartige Schlucht vor sich.
»Der Ätna ist tatsächlich total durchlöchert«, fuhr Max fort, erfreut über ihr sichtliches Interesse. »Der Alcántara hat sein Bett irgendwo dort drin, und es gibt noch viele andere kleine Flüsse, in denen Höhlentaucher forschen.« Er warf sich stolz in die Brust. »Ich bin einer von ihnen.«
»Da hätte ich ziemliche Panik, irgendwann stecken zu bleiben …«
»Ja, klaustrophobisch darf man nicht veranlagt sein. Und es passiert schon viel, jedenfalls ist es gefährlicher als Drachensegeln.«
»Was du fraglos auch machst.«
»Irgendeinen Ausgleich braucht der Mensch ja wohl.«
Nadja lachte. »Was erforscht ihr da drin?«
»Seltsame Dinge, sorellina. Zwergenstollen, uralte Minen und so ganz nebenbei auch ein paar Flussläufe aus der Urzeit der Insel. Auch die Gesteine und Mineralien. Leider habe ich noch kein Gold oder Diamanten gefunden.«
»Weil sie schon lange vor deiner Zeit abgebaut wurden«, versetzte Fabio, und Nadja wusste nicht, ob er das scherzhaft gemeint hatte.
Max grinste. »Das ist anzunehmen, wenn ihr bedenkt, wer im Lauf der Zeit schon alles diese Insel in seinen Besitz genommen hat. Ganz Europa und halb Afrika dazu. Trotzdem haben wir uns unsere Identität bewahrt.« Er machte sich auf den Rückweg.
Als Nadja ihm nachging, hielt Fabio ihren Arm fest und wies auf den Steineichenwald, der sie hierher geführt hatte. Er breitete sich viele Hügel weit aus, durchsetzt von mächtigen Kastanien, überragt von hohen Pinien. »Da lebten die Satyrn«, flüsterte er seiner Tochter zu. »Du konntest Tag und Nacht die Panflöten hören. Die sizilianischen Elefanten hielten sich gern bei ihnen auf.«
»
Elefanten?
«
»Ja, sie kamen einst von Afrika hierher, als das Mittelmeer vor etwas über einer Million Jahren ausgetrocknet war. Dann füllte sich das Meerbecken wieder, und sie waren abgeschnitten. Sie mussten sich den Gegebenheiten anpassen und schrumpften – bis sie nur noch eine Größe zwischen Pony und Ziege erreichten.«
Nadja lachte. »Ist das wahr? Sie waren keine Elfentiere?«
Fabio hob die Hand wie zum Schwur. »Historisch belegt dank Skelettfunden«, versicherte er.
»Winzige Elefanten …«
»Ja. Sie waren die Last- und Reittiere der hiesigen Elfen.«
»Und was wurde aus ihnen?«
»Ausgerottet von den Menschen wie alles andere Getier der Gegend.« Fabio holte mit großer Geste aus und setzte den vorherigen Faden fort. »Und aus den Flussauen kamen die Nymphen, um den Satyrn zu lauschen. Sie flohen, sobald die Zentauren erschienen. Diese waren die wahren Herrscher des Waldes. Manchmal luden sie die Satyrn zum gemeinsamen Flötenspiel.«
»Hast du sie gekannt?«, wisperte Nadja ehrfürchtig.
»Nur wenige. Die meisten waren schon fort, als ich auf Reisen ging. Doch ihre Geschichten blieben noch eine Weile.«
»Ist wirklich gar keiner mehr da?«
»Ich weiß es nicht, Fiorellina. Möglich wäre es, vor allem in dem Tal da
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