Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel - Schartz, S: Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel
»Beliebter Touristenschund, aus dem aller mögliche Kitsch hergestellt wird. Echtes Ätnagestein, funkelnd wie Kristall.«
»So wie Rheingold und Rheinkiesel.« Nadja schmunzelte.
»Ja, Katzengold gibt es hier jede Menge.«
Der Falke flog ein Stück tiefer über ein von Dünen umgebenes Tal und pfiff erneut. Max antwortete ihm und hob den Arm. Daraufhin flog das Tier einen Bogen, und für einen Augenblick sah es so aus, als wolle es tatsächlich auf dem ausgestreckten Arm landen. Dann aber drehte es ab und verschwand mit einem letzten Ruf hinter der nächsten Bergkuppe. Nadja vermutete, dass Max sich jetzt gerade einen Drachenflieger wünschte. Hier war der junge Sizilianer daheim, frei und wild wie der Falke, ohne die ganzen Repressalien dort unten in der Ebene. Sie wurde ein wenig traurig.
Max führte die beiden noch ein Stück weiter, auf der anderen Seite um eine Schlucht herum abwärts und dann an den aufgeplatzten Lavabomben vorbei über ein Geröllfeld zu einer Felsregion. Sie kletterten hinein, und schließlich hielt Max abermals an und wies auf ein finsteres Loch, in dem etwas in einem so unglaublich leuchtenden, intensiven Blau glitzerte, dass es sie fast blendete.
»Einer der vielen, vielen Höhlenzugänge in den Vulkan. Hier geht es erst mal zwanzig Meter steil hinunter und dann … irgendwohin. Wir sind nicht sehr weit gekommen, weil es zu schmal wurde. Aber wir nehmen anhand der Messungen und vorliegenden Karten an, dass diese Höhle über einen Kilometer tief hineinreicht.«
Er unterbrach sich, als ein winziger Vogel, einem Kolibri nicht unähnlich, zwitschernd an ihnen vorbeischoss und in der Höhle verschwand.
»Diese blauen Kristalle … sind die echt?«, fragte Nadja fassungslos.
»So echt wie du und ich«, antwortete Max. »Wie von einer anderen Welt, nicht wahr?«
»Alles hier ist sehr unwirklich.«
»Das möchte ich meinen.«
Fabio untersuchte den Höhleneingang genau und tastete sich so weit vor, wie er nur konnte. Er zuckte zurück, als der Vogel schwirrend und pfeifend wieder herauskam, und schüttelte dann den Kopf. »Alles in Ordnung.«
Max verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an den Felsen. »Ich könnte euch vielleicht helfen, wenn ihr mir endlich sagen würdet, wonach ihr auf der Suche seid.«
»Also, ich will nur …«, fing Nadja an, doch Max schüttelte den Kopf.
»Verkauf mich nicht für dumm, Schwester.« Er wies auf Fabio. »Questo Uomo, dieser da, trägt die Hülle eines Menschen, aber den Geist eines Elfen.«
Nadja war für einen Moment so sprachlos, dass sie Max nur anstarren konnte. Fabio verharrte kurz. Dann richtete er sich auf und ging langsam auf den jungen Sizilianer zu, der plötzlich verunsichert nach dem Felsen hinter sich tastete. Sein effektvoller Auftritt war völlig verpufft, und jetzt wünschte er sich wahrscheinlich, er hätte den Mund gehalten.
Wie gelähmt registrierte Nadja, dass sich ihr Vater schlagartig veränderte. Der charmante, sonore Fabio Oreso aus München schwand völlig dahin, wurde überlagert von dem viel größeren Fiomha, dem Elfen, dessen Augen in einem nichtmenschlichen Licht glühten und dessen
Schatten
über Max fiel und ihn in tiefe Dunkelheit hüllte. Das Wesen, das sich in drohender Haltung dem eingeschüchterten jungen Mann näherte, erkannte Nadja nicht mehr wieder. Was sollte sie jetzt tun? Ihm den Weg verstellen? Ihm gut zureden? Sie bezweifelte, dass das irgendetwas bezwecken könnte.
»Ein Grenzgänger.« Fiomhas tiefer Bass knurrte und fuhr ihr in die Glieder. »Ich hätte es mir denken können.«
»S… s… sì, Signore«, stotterte Max verstört. Sein Blick schweifte immer wieder nervös zu dem dunklen Loch in seiner Nähe. Zwanzig Meter steil in die Tiefe und keine Chance, aus eigener Kraft wieder nach oben zu kommen. Falls man den Sturz überhaupt überlebte.
Nadja blinzelte, wollte endlich eingreifen, etwas sagen, sich irgendwie rühren, doch der Schatten ihres Vaters oder vielmehr des Elfen, der ihren Vater ausgelöscht hatte, war zu mächtig. Er überlagerte alles. Sie konnte nichts tun und hatte Angst. Angst vor dem, was er nun tun würde. Kein Wunder, dass er die Poltergeister so schnell in die Flucht geschlagen hatte. Sie waren lächerliche Witzfiguren gegen ihn! Und vor denen hatte sie Angst gehabt?
Max schwitzte jetzt deutlich sichtbar im Gesicht, trotz der unangenehmen Kühle hier oben. Die Sonne war ihm sehr fern; der finstere Elf war der einzige Horizont, der ihm noch blieb, und
Weitere Kostenlose Bücher