Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin - Schartz, S: Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin
Begehren.
Selbst für eine flüchtige Berührung von ihr war er zu jeder Demütigung bereit.
Bandorchu ließ sich auf die Bettkante sinken, und er musste sich zu ihr kauern. Immerhin hatte sie noch nicht verlangt, dass er bellte. Geistesabwesend strichen ihre kühlen Finger über seinen Rücken, und ihn durchliefen wohlige Schauer. Mochte das die Einleitung zu mehr sein?
Der Mann verschluckte sich beinahe vor Schrecken und konzentrierte sich augenblicklich auf etwas anderes.
Doch die Dunkle Frau war mit ihren Gedanken ganz woanders. »Hündchen, das Ende der Tage ist nah«, sagte sie seufzend und mit unerwartet sanfter Stimme. »Ich werde das Schattenland verlassen.« Sie fuhr durch seine schwarzen Haare, verwuschelte sie und beugte sich über ihn. »Was wird dann aus dir, Hündchen, hm? Soll ich dich mitnehmen in die Menschenwelt, was meinst du?«
Er antwortete nicht; den Fehler machte er nie wieder. Er hatte es einmal versucht und die schlimmsten Schläge seines Lebens bekommen. Hunde redeten nicht in der Zunge der Elfen.
»Braver Junge«, murmelte sie zufrieden. Ihr Blick war nun verschwommen und träumerisch, während sie ihn weiter kraulte. »Ich möchte nicht auf dich verzichten, aber ich werde es wohl müssen.« Sie legte die Hand unter sein Kinn und hob es zu sich an. »Du wirst es nicht überstehen, Hündchen, und genau wie alle anderen enden. Schade, du hast mir viel Spaß bereitet. Aber ich bin sicher, mein Getreuer findet bald Ersatz für dich.«
Das Blut in seinen Adern schien mit einem Mal eiskalt zu werden, und er fing an zu zittern. Wollte sie ihn töten, einfach so? Und wenn sie es schon im Vorfeld bereute, warum tat sie es dann? Flehend sah er sie an, mit feuchten Augen. Das brauchte er nicht zu spielen, er bettelte um sein Leben.
»Du bist ein hübsches, manchmal auch artiges Bürschlein«, stellte die Königin lächelnd fest. »Du hast dich hier gut gemacht, so gefällst du mir. Aber siehst du, um das Portal dauerhaft zu öffnen, brauche ich Kraft … sehr viel Kraft. Da muss ich alles nehmen, was sich mir bietet, und ich glaube, was du zu geben hast, wird das größte Geschenk sein.«
Er besaß doch nichts mehr. Nichts hatte er zu geben, gar nichts außer Ketten und Leid. Noch blieb er stumm, obwohl alles in ihm um Vergebung schrie. Sein Leben ging endgültig zu Ende, und nichts konnte es verhindern.
Die Finger der Königin strichen über seine feuchte Wange, und ihr Lächeln vertiefte sich. In ihre Kristallaugen trat ein beängstigendes Funkeln. »Du brauchst nicht zu weinen, Hündchen, dir wird eine große Ehre zuteil.«
Diese Ehre wollte er nicht. Er wollte Frieden, hatte genug gebüßt und bereut, genug von alldem. Wenn es der Tod sein sollte, dann schnell, ohne weitere Verpflichtungen.
Aber natürlich war ihm das nicht vergönnt.
Die Augen der Königin wurden kälter als Eis und füllten sich mit undurchdringlicher Schwärze. Bevor der Mann zurückweichen konnte, packte ihre Hand ihn unnachgiebig am Hals, genau über dem Ring, und zwang ihn, in ihre Augen zu sehen. Als er die Lider schließen wollte, konnte er es nicht. Unwillkürlich hielt er den Atem an. Er war zu keiner Regung mehr fähig, konnte nicht einmal mehr die Hände zur Abwehr heben.
Und dann entriss sie ihm seine Seele. Der Mann konnte nicht mehr anders: Er schrie seine Qual, die über jeden denkbaren körperlichen Schmerz weit hinausging, verzweifelt in den Raum. Speichel rann ihm aus dem Mund, und er hatte das Gefühl, ihm würden die Augen ausgebrannt.
Stück für Stück saugte die Dunkle Frau ihm die Seele aus dem Leib. Sie trank sie, und ihr Kehlkopf bewegte sich, als würde sie schlucken.
Es nahm kein Ende. Die Stimme des Mannes war längst zu einem heiseren Wimmern herabgesunken, obwohl die Pein nicht geringer geworden war.
Erst als der letzte leuchtende Seelenfunken, der an einem dünnen Faden hing, ihn verließ, war es endlich vorbei, und er starb.
Doch er wachte wieder auf und fand sich allein. Die Königin war fort, und zwar
so
fort, dass er ihre Abwesenheit fast schmerzhaft spürte.
Der seelenlose Untote versuchte, sich zurechtzufinden. Seinen neuen Zustand zu verstehen. Der Schmerz der Erinnerung brannte in ihm. Seine Haut war kühl. Er fühlte keinen Puls mehr. Das Fließen des Blutes in seinen Adern schien versiegt zu sein. Seine Eingeweide schrumpften zusammen, das konnte er spüren. Was einst sein Herz gewesen war, war nun schwarz und vertrocknet. Ab und zu schlug es noch, in Erinnerung an
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