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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihm aus Mund und Nase lief, war jetzt hellrot. Sein Griff lockerte sich, und er rutschte ohne Halt vom Rücken des Monsters. Der Riesenvogel schüttelte sich wie ein Hund, der sich von einem lästigen Insekt befreit hatte, reckte den langen Schlangenhals und warf den Kopf in den Nacken, um ein trällerndes Zwitschern auszustoßen. Pia bekam den Elfendolch endlich zu fassen, riss den Arm hoch und enthauptete ihn.

XV
    A llmählich wurde es zu einer schlechten Angewohnheit, dachte Pia, vor einer verschlossenen Tür auf und ab zu tigern und darauf zu warten, dass ihr jemand schlechte Nachrichten über Jesus brachte. Einer äußerst schlechten Angewohnheit, auf die sie liebend gerne verzichtet hätte. Es war jetzt das zweite Mal innerhalb – subjektiv – weniger Tage, dass Jesus lebensgefährlich verletzt worden war, weil er versucht hatte, ihr das Leben zu retten.
    Damit hörten die Ähnlichkeiten aber auch schon auf. Statt im durchdesignten Wartezimmer einer Privatklinik für Reiche befand sie sich in einer winzigen, nicht besonders gut riechenden Kammer, deren nackte Steinwände mit düsteren Bildern und brutalen Reliefs übersät waren. Das Licht kam nicht aus versteckt angebrachten Energiesparbirnen, sondern aus einer winzigen Öllampe, deren Flamme ununterbrochen flackerte, obwohl sie nicht den geringsten Luftzug spürte, und anstelle von dezenter Hintergrundmusik und des Summens und Piepsens und Klickens elektronischer Instrumente, die über das Wohl ihrer Patienten wachten, drang ein von einer zitternden Altmännerstimme vorgetragener misstönender Gesang durch den Perlenvorhang, der sie von dem angrenzenden Raum trennte. Das war allerdings nicht das Einzige. Hinter dem Vorhang und bei dem schlechten Licht nur als Schemen zu erkennen, stand ein hünenhafter Schattenelb. Seit Pia hergekommen war, hatte er kein Wort gesagt, und sie begann allmählich zu bezweifeln, dass er überhaupt reden konnte, aber sie hatte auch ein gutes Dutzend Mal versucht, an ihm vorbeizukommen, und er hatte sie ebenso oft beharrlich daran gehindert, selbst als sie das gesamte Gewicht ihres Namens in die Waagschale geworfen und ihm befohlen hatte, die ehrwürdige Prinzessin Gaylen vorbeizulassen.
    Seither waren Stunden vergangen, wie es ihr vorkam, unddavon abgesehen, dass der Gesang des Alkalden immer atonaler zu werden schien, war anscheinend gar nichts passiert. Warum ließen sie sie nicht zu Jesus? Sie hatte ihm mit ihren geheimnisvollen Kräften schon einmal geholfen, und sie war sich sicher, dass sie es auch jetzt konnte!
    Hinter ihr raschelte etwas, und Alica trat durch den Perlenvorhang, so plötzlich und lautlos, als hätte nun auch sie den Trick gelernt, sich in einen Mantel aus unsichtbar machenden Schatten zu hüllen. Erst dann fiel Pia der erschöpfte Ausdruck in ihrem Gesicht auf.
    »Wie geht es ihm?«, fragte sie besorgt.
    »Nicht besonders gut.« Alica hob abwehrend die Arme, als Pia dazu ansetzte, an ihr vorbeizueilen, und ihr fiel erst jetzt auf, dass ihre Hände voller Blut waren. Das meiste war schon zu dunkelbraunen Flecken eingetrocknet, aber nicht alles.
    »Keine Angst, Isabel meint, dass er es überleben wird«, sagte sie rasch. »Aber dazu muss sie ihn an einen anderen Ort bringen.«
    »An einen anderen Ort?«, wiederholte Pia misstrauisch. Warum beunruhigte sie das so sehr? »Und was genau soll das bedeuten?«
    Alica drehte den Kopf und sagte ein paar Worte zu dem Elben, die Pia nicht verstand. Der Elbenkrieger offensichtlich schon, denn er schlug den Perlenvorhang zur Seite und ging mit schnellen Schritten an ihr vorbei. Alica antwortete erst, als sie wieder allein waren.
    »Sie bringen ihn in den Tempel oben auf der Pyramide. Dort können sie ihm helfen.«
    »Das kann ich auch«, antwortete Pia heftig. »Du kannst es nicht wissen, aber vor ein paar Tagen in der Klinik –«
    »Ich weiß sehr wohl, wozu du imstande bist, Liebes«, unterbrach sie Alica. »Und Kukulkan weiß es auch. Er möchte nicht, dass du deine Kräfte einsetzt, um ihm zu helfen.«
    »Warum nicht?«
    Alica hob zwar unglücklich die Schultern, antwortete aber trotzdem. »Schlechtes Mojo, Liebes.«
    »Aha. Und was heißt das?« Pia fragte sich, wieso sie Alica nicht einfach aus dem Weg schob und zu Jesus ging, um ihm zu helfen, ganz egal, was dieser verrückte Schamane davon hielt.
    »Kukulkan glaubt, dass sich deine Elfenmagie nicht mit dem Zauber seiner Götter verträgt«, antwortete Alica. »Und außerdem könnte es sein, dass du deine

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