Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
gar kein Ziel gab ... oder wenn es zwar existierte, sie aber längst elend zugrunde gegangen waren, ehe sie ihm auch nur nahe kamen? Sie hatte das Gesicht des toten Elben nicht vergessen und die Spuren dessen, was das Silber ihm angetan hatte.
    Und was – und auf eine sonderbare Art war das vielleicht die schrecklichste Vorstellung von allen – wenn sie Ixchel zwar fanden, es ihr aber trotzdem nicht gelang, sie zur Vernunft zu bringen … oder Eirann gar recht hatte und es tatsächlich die Hohepriesterin war, die hinter dieser Verschwörung steckte?
    »Da vorne ist irgendetwas«, sagte Lion plötzlich. »Warte hier!«
    Er stürmte voraus, und Pia folgte ihm nicht nur auf dem Fuß, sondern zog auch das Schwert. Sofort erfüllte wieder das gewohnte düstere Flüstern ihre Seele, aber es war kaum mehr als ein Hintergrundrauschen, wie das Raunen einer düsteren Meeresbrandung, die sich an den schwarzen Klippen einer weit entfernten Küste brach. Vor ihnen lag keine Gefahr. Sie steckte die Klinge trotzdem nicht ein.
    Der Tunnel endete vor einer zweiflügeligen Tür aus massiven Balken, die zusätzlich mit schweren eisernen Bändern und Nägeln verstärkt worden waren. Es hatte einen dazu passenden schweren Riegel gegeben, der jetzt aber in Stücke gebrochen auf dem Boden lag, gleich neben einem erschlagenen Ork und den Leichen dreier in Lumpen gehüllter Barbaren. Den drei Menschen war zumindest auf den ersten Blick nicht anzusehen, was sie getötet hatte, der Leichnam des Orks hingegen war mit Blasrohrgeschossen nur so gespickt. Pia fragte sich, ob die riesigen Krieger das Gift besser verkrafteten als ein Mensch oder ob ihre gepanzerte Schuppenhaut sie einfach vor den winzigen Geschossen schützte. Genutzt hatte es ihm am Ende nichts.
    »Sieht so aus, als hätten sie diese Tür erbittert verteidigt«, sagte Lion.
    »Oder angegriffen«, fügte Pia hinzu.
    Lion maß sie mit einem missbilligenden Blick, schien erst jetzt das Schwert in ihrer Hand zu bemerken und runzelte dannstrafend die Stirn. »Bleib trotzdem hinter mir«, sagte er. »Ich weiß, dass du mit dem Ding da allein die Welt erobern könntest, aber gib mir wenigstens das Gefühl , nicht vollkommen nutzlos zu sein.«
    Pia ließ zwar das Schwert sinken und zwang sich zu einem Lächeln, aber sie fragte sich trotzdem, wie viel von diesen Worten wohl ernst gemeint sein mochte. Noch ein Thema, über das sie miteinander reden mussten. Dringend.
    Sobald sie hier heraus waren.
    Und falls sie dann noch lebten.
    Lion wechselte die Fackel von der Rechten in die Linke, um mit der frei gewordenen Hand das Schwert zu ziehen, drückte die Tür mit dem Fuß auf und trat in angespannter Haltung hindurch. Pia folgte ihm, aber nicht, ohne noch einen raschen Blick über die Schulter zurückzuwerfen. Für einen ganz kurzen Moment hatte sie das Gefühl, eine Bewegung hinter sich zu gewahren, auch wenn sie undeutlich blieb; eines jener enervierenden Huschen eben, das man nur aus den Augenwinkeln wahrzunehmen glaubt und das stets verschwindet, wenn man genau hinsieht.
    Auch der Raum, in den sie Lion folgte, war eine Enttäuschung, einmal davon abgesehen, dass es ein Raum war und keine Fortsetzung des Stollens oder eine Höhle. Die Wände waren geglättet und erweckten auf den ersten Blick den Eindruck, sorgfältig aus metergroßen Steinquadern zusammengefügt worden zu sein. Beim zweiten Hinsehen erkannte sie aber, dass es derselbe von Silberadern durchzogene schwarze Stein war, aus dem der gesamte Berg bestand. Die vermeintlichen Fugen waren nachträglich hineingemeißelt worden, um den Eindruck von uraltem Mauerwerk zu erwecken. Es gab eine niedrige, trapezförmige Tür auf der anderen Seite, die aus denselben zur Härte von Stein gealterten Balken wie die andere bestand, aber unbeschädigt war. Das rote Licht der Fackel glitt unstet über eine Anzahl sonderbar kantiger Reliefarbeiten, die sich ihrem Blick aber beharrlich entzogen, denn sie korrespondierten auf fast unheimliche Weisemit den Silberadern und Einschlüssen im Stein, die der Künstler geschickt zu einem Teil der Bilder selbst gemacht hatte.
    »Das ist ... unheimlich«, murmelte Lion.
    Pia wollte antworten, brachte aber nur ein abgehacktes Nicken zustande. Ihre Kehle war mit einem Mal wie zugeschnürt, und ihr Herz klopfte schmerzhaft schnell. Sie spürte noch keine Übelkeit, aber unter ihrer Zunge begann sich saurer Speichel zu sammeln, und ihre Hand, die das Schwert hielt, zitterte.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte

Weitere Kostenlose Bücher