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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dann ächzte er, taumelte zurück und gegen die Wand und begann schwerfällig wie eine Gliederpuppe mit rostigen Gelenken zu Boden zu sinken. Pia wirbelte auf dem Absatz herum, die Fackel hoch erhoben in der einen und Eiranns Zorn in der anderen Hand. Sie erinnerte sich nicht einmal daran, es gezogen zu haben.
    Hinter ihr traten ein halbes Dutzend kindergroßer Mayakrieger aus der Dunkelheit, nackt bis auf schmale lederne Lendenschurze und große Federbüsche über ihren schreiend bunt geschmückten Gesichtern – und bis an die Zähne bewaffnet. Ein halbes Dutzend Blasrohre zielte auf sie, und obwohl alles so unvorstellbar schnell ging, dass Zeit keine Bedeutung mehr zu haben schien, sah sie die tödliche Entschlossenheit in den Augen der kleinen Krieger, ihre Waffen auch zu benutzen, wenn es sein musste.
    Etwas klapperte, und Pia musste sich nicht herumdrehen, um zu wissen, dass auch in der Kammer hinter ihr kleine Krieger mit geschminkten Gesichtern und langen Blasrohren aufgetaucht waren. Sie hätte auf ihre innere Stimme hören sollen, dachte sie bitter. Das Gefühl, verfolgt und beobachtet zu werden, war mehr als nur ein Gefühl gewesen.
    Mit klopfendem Herzen und einem bitteren Kloß in der Kehle, der ihr schier den Atem abschnürte, drehte sie sich zu Lion herum, auf den entsetzlichsten Anblick ihres Lebens vorbereitet.
    Stattdessen blickte sie in Lions ungläubig aufgerissene Augen, und was sie darin las, das waren nicht Schmerz und der herannahende Tod, die sie fest erwartet hatte, sondern nur einabgrundtiefer Schrecken und ein noch unendlich größeres Staunen. Er hatte die Fackel fallen gelassen und die freie Hand nach dem winzigen Pfeil in seinem Handgelenk ausgestreckt, es aber nicht gewagt, die Bewegung zu Ende zu führen oder den tödlichen Dorn gar herauszuziehen.
    Pia starrte ihn noch eine geschlagene Sekunde lang an, entschied dann, dass es vielleicht klüger war, sich später zu wundern, und drehte sich wieder zu den Maya um.
    Vielleicht war die Bewegung zu schnell, oder einem der kleinen Krieger gingen einfach die Nerven durch: Ein Schemen jagte auf sie zu, und Eiranns Zorn fegte ihn nicht nur mit einer Bewegung aus der Luft, die schneller war, als das Auge ihr folgen konnte, sondern die auch völlig ohne ihr Zutun geschah. Der Pfeil prallte gegen die Wand, und noch bevor das Geräusch verklang, zerbrachen drei weitere Blasrohrgeschosse unmittelbar vor ihren Stiefelspitzen auf dem Boden und schlitterten davon. Pia ließ das Schwert sinken, während die Indios hastig ihre Blasrohre nachluden und sie diesmal auf ihr Gesicht richteten.
    »Verdammte kleine Kröten«, maulte Lion. Sie konnte hören, wie er sich hinter ihr umständlich hochzustemmen begann. »Pass bloß auf, Gaylen ... und wieso lebe ich eigentlich noch?«
    »Weil der Pfeil nicht vergiftet war«, antwortete sie.
    »Dafür tut es aber verdammt weh«, maulte Lion.
    »Wenigstens nicht allzu sehr«, fügte sie hinzu, wandte sich vorsichtig wieder zu den Kriegern um und schob noch behutsamer das Schwert in die Scheide zurück. Das halbe Dutzend Blasrohre folgte jeder ihrer Bewegungen misstrauisch, und Pia war ganz und gar nicht so sicher, wie sie Lion gegenüber getan hatte, dass sie alle nur mit Schreckschusspfeilen geladen waren. Mal ganz davon abgesehen, dass sie sich etwas Angenehmeres vorstellen konnte, als mit einem halben Dutzend fingerlanger Dornen gespickt zu werden.
    »Steck das Schwert ein«, sagte sie. »Langsam.«
    »Kein Problem«, knurrte Lion. Metall scharrte über Leder, alser gehorchte. »Um mir die Bürschchen vorzunehmen, brauche ich kein Schwert.«
    Pia sagte nichts dazu. Abgesehen von ihren Blasrohren waren die Bürschchen auch noch mit Messern, Keulen und kurzen Schwertern aus rasiermesserscharf geschliffenem Obsidian bewaffnet, und Lion hatte schließlich genau wie sie gesehen, wie schnell und zäh diese Krieger waren. Aber Lion war es wohl allein seinem Stolz schuldig, nicht einfach vor einem Gegner zu kapitulieren, der ihm gerade mal bis zum Bauchnabel reichte.
    »Wir sind auf der Suche nach der Hohepriesterin«, sagte sie, an einen der Krieger gewandt, der bisher noch nicht auf sie geschossen hatte. Vielleicht hatte er ja noch keine Zeit gefunden, mit scharfer Munition nachzuladen.
    Sie bekam keine Antwort, aber zwei andere Maya traten rasch auf Lion zu. Einer hielt ihn drohend mit seinem Blasrohr in Schach, der andere streckte die Hand aus, um das Schwert aus seinem Gürtel zu ziehen, prallte aber dann

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