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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fassungslos, aber dann konnte sie einfach nicht mehr anders: Sie steckte das Schwert ein, fiel ihm mit einem einzigen Satz um den Hals und küsste ihn so stürmisch, dass selbst dieser riesige Kerl wankte und gegen die Wand stolperte.
    Zuerst schien Lion so überrascht zu sein, dass er einfach gar nichts tat, dann aber erwiderte er zuerst ihre Umarmung und dann ihren Kuss, und für einen winzigen (und unendlich kostbaren) Moment gab es nur noch sie und ihn, und die Welt war einfach wunderbar und ohne jegliche Sorge oder gar Gefahr.
    Sie hätte nicht einmal sagen können, ob es Lion war oder sie,dem zuerst die Luft ausging, aber es war Lion, der ihre Hände schließlich behutsam von seinem Nacken löste und sie eine halbe Armeslänge weit von sich wegschob. Sein Gesicht glänzte rot im Licht der knisternden Fackel, und sein Atem ging genauso schwer wie ihr eigener.
    »Dann werte ich das mal als ein ... Ja?«, fragte er stockend. War da tatsächlich etwas wie Furcht in seinem Blick?
    »Natürlich müssen wir noch tausend Dinge klären«, antwortete sie, genauso kurzatmig wie er. »Ich habe ja keine Ahnung, wie so was hier gehandhabt wird, oder ob man hier überhaupt heiratet, und wie das alles hier läuft. Aber mach dir keine Sorgen, Schatz, zur Not führen wir eben ein paar neue Sitten ein. Ich meine: Wozu bin ich schließlich so etwas wie ein weiblicher Messias, dem man die Welt zu Füßen legt?«
    Lion blinzelte. Er sah nicht so aus, als würde er wirklich verstehen, wovon sie sprach. Sie ja im Grunde auch nicht. Wenn man es genau nahm, dann plapperte sie einfach nur drauflos, ohne genau zu wissen, was sie redete. »Ein paar Dinge müssen wir natürlich ändern. Der Junggesellenabend zum Beispiel ist ersatzlos gestrichen, und wir müssen noch herausfinden, ob ein einfacher Leibwächter wie du überhaupt um die Hand einer so noblen Prinzessin, wie ich eine bin, anhalten darf und –«
    »Halt die Klappe«, unterbrach sie Lion, zog sie mit einem Ruck wieder an sich heran und küsste sie erneut, und diesmal so lange, bis ihr tatsächlich die Luft ausging. Als er sich das nächste Mal von ihr löste und sie von sich wegschob (nicht sehr weit und ohne sie loszulassen), war es nicht nur das Licht der Fackel, das sein Gesicht rot färbte.
    »Dann hast du jetzt noch einen Grund mehr«, sagte er.
    »Wofür?«
    »Einen Weg hierheraus zu finden«, antwortete Lion. »Wie ich dich kenne, lässt du dir doch die Gelegenheit nicht entgehen, mir dabei zuzusehen, wie ich mich drehe und winde, um meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, oder?«
    »Du meinst die, die du selbst so mühsam geknüpft hast?« Sie schüttelte heftig den Kopf, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn noch einmal flüchtig. Aber dann trat sie rasch zwei Schritte zurück und machte eine Kopfbewegung tiefer in den Gang hinein. »Keine Chance. Also los, Bräutigam. Leuchte deiner zukünftigen Herrin den Weg in die Freiheit.«
    »Freiheit?« Lion kratzte sich demonstrativ am Kopf. »Also, wenn ich es mir genau überlege ... Habe ich dich wirklich gerade gefragt, ob du mich heiraten willst?«
    »Wenn man es genau nimmt«, antwortete Pia, dann hast du eigentlich gefragt, ob du mich heiraten darfst «, verbesserte ihn Pia.
    »Hab ich nicht.«
    »Hast du wohl«, behauptete sie. »Wenigstens sinngemäß. Und selbst wenn nicht, nutzt dir das nichts mehr. Ich bin Prinzessin Gaylen, vergiss das nicht.«
    »Und dein Wort ist Gesetz?«
    »Ich bin das Gesetz«, antwortete sie kopfschüttelnd.
    Lion zog eine Grimasse. »Hättet Ihr mich über diese unwesentliche Kleinigkeit nicht vorher in Kenntnis setzen können, Erhabene?«, fragte er.
    »Hätte ich«, antwortete sie. »Aber dann hättest du nicht gefragt, oder?«
    Lion verzichtete vorsichtshalber auf eine Antwort, sondern zog nur die zweite Fackel aus dem Gürtel und reichte sie ihr, nachdem er sie an seiner eigenen in Brand gesetzt hatte. Die Dunkelheit wich um einige weitere Meter vor ihnen zurück, aber nicht annähernd so weit, wie sie es sollte.
    »Darüber reden wir noch, Prinzesschen«, grollte er, trat mit hoch erhobener Fackel an ihr vorbei, und aus der Dunkelheit hinter ihnen kam ein winziger Pfeil geflogen und bohrte sich in sein linkes Handgelenk.

XXX
    F ür die Dauer eines Gedankens blieb die Zeit stehen. Lion starrte aus hervorquellenden Augen auf die gefiederte Nadel, die aus seinem Handgelenk ragte, und sie konnte ihm regelrecht ansehen, dass er sich schlichtweg zu glauben weigerte, was er sah.

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