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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erschrocken zurück, als Lion ein Geräusch wie das Knurren einer wütenden Bulldogge von sich gab.
    »Wenn du mich anrührst, lege ich dich übers Knie, Knirps«, warnte er.
    »Gib ihm das Schwert«, sagte Pia. »Bitte.«
    Lion bedachte zwar nun auch sie mit einem kaum weniger zornigen Blick, zog aber dann mit spitzen Fingern das Schwert aus der Scheide und reichte es dem Indio; nicht mit dem Griff, sondern der Spitze voran. Der Krieger nahm es behutsam entgegen – in seinen Händen wirkte es schon fast grotesk riesig – und trat zurück. Pia legte die Hand auf Eiranns Zorn, rechnete sie doch damit, als Nächste entwaffnet zu werden, doch das Einzige, was geschah, war, dass auch die anderen Maya einer nach dem anderen ihre Blasrohre senkten. Sie blieben aufmerksam, aber Pia hatte nicht das Gefühl, dass eine unmittelbare Bedrohung von ihnen ausging.
    Jedenfalls nicht, solange Lion nichts Unbedachtes tat.
    »Wir sind nicht eure Feinde«, fuhr sie fort, langsam und nicht einmal sicher, ob ihre Gegenüber überhaupt verstanden, was sie sagte. »Aber wir müssen mit der Hohepriesterin reden. Es ist wichtig. Auch für euch.«
    Wieder schien eine kleine Ewigkeit zu vergehen, bis etwas geschah: Die Maya wichen einige weitere Schritte vor ihnen zurück und bildeten eine Gasse, soweit das in der Enge des Tunnels überhaupt möglich war. Der Platz reichte nicht einmal für sie, von Lion gar nicht zu reden, aber sie verstand den Sinn.
    »Betrachten wir das mal als Einladung«, sagte sie.
    Lion maß sie mit einem finsteren Blick. »Du willst die Knirpse aber nicht als Blumenmädchen für unsere Hochzeit rekrutieren, oder?«, knurrte er.
    »Diese Sitte ist bei uns nicht bekannt, mein Freund.« Ixchel trat – von einem weiteren halben Dutzend Krieger flankiert, die zusätzlich zu ihrem bunten Kopfschmuck noch knöchellange Federmäntel trugen, aus der Dunkelheit heraus und maß zuerst sie, dann Lion mit einem langen und gleichermaßen zornigen wie bedauernden Blick. »Und selbst wenn es sie gäbe, würde sie dir nichts nutzen, fürchte ich.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Lion. Pia ließ Ixchel zwar nicht aus den Augen, registrierte aber trotzdem, dass er sich anspannte, und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass er nicht ausgerechnet in diesem Moment einen Rückfall in sein früheres Ich erleben und etwas wirklich Dummes tun würde.
    »Was tust du hier, du dummes Kind?«, fragte Ixchel, direkt an sie gewandt und in einem sonderbaren Tonfall, der ihr nicht das Gefühl gab, dass sie wirklich eine Antwort auf diese Frage erwartete. Sie klang verärgert, erschrocken und beinahe auch ein bisschen verzweifelt, vor allem aber so durch und durch niedergeschlagen, dass es ihr schier die Kehle zuschnürte. »Habe ich nicht alles getan, was ich konnte, um dich wegzuschicken? Was hätte ich denn noch tun sollen, um dich von diesem Ort fernzuhalten?«
    »Wir müssen mit dir reden, Ixchel«, sagte sie rasch. »Es ist wichtig!«
    »Du hättest niemals zurückkommen dürfen«, fuhr die Hohepriesterin fort, als hätte sie gar nichts gesagt. »Du weißt ja nicht, was du getan hast.«
    »Es geht hier nicht um mich, Ixchel«, antwortete Pia. »Wir müssen miteinander reden. Du musst mit diesem Irrsinn aufhören, ich beschwöre dich!«
    »Und du glaubst im Ernst, es stünde in meiner Macht, so etwas zu tun ... was immer du damit meinst?«, fragte Ixchel.
    »Du musst mit Eirann reden, Ixchel!«, sagte Pia in fast beschwörendem Ton. »Das … das darf nicht geschehen! Dieser Krieg muss aufhören!«
    »Und wenn ich dir sage, dass er in diesem Augenblick erst beginnt und schon tausend Jahre währt?«, erwiderte Ixchel.
    Dann würde sie antworten, dass sie kein Wort verstand – und es auch keine Rolle spielte. »Ein Grund mehr, mit Eirann zu sprechen!«, erwiderte Pia und begann vor Verzweiflung nicht nur mit beiden Händen zu gestikulieren, sondern machte auch einen Schritt in Ixchels Richtung. Sofort vertraten ihr zwei ihrer Wachen den Weg und hoben drohend die Waffen. Ixchel scheuchte sie mit einer ärgerlichen Geste beiseite.
    »Alles wird so kommen, wie es geschrieben steht, mein Kind«, sagte sie. »Und weder Schild Eirann noch ich können auch nur das Geringste daran ändern. So wenig wie du.«
    »Weil es irgendwo prophezeit worden ist, nehme ich an?«
    Ixchel lächelte traurig. »Ich fürchte, ganz so einfach ist es nicht, mein Kind«, antwortete sie. »Alles wird so kommen, wie es kommen muss. Und das hat nichts mit dem zu tun, was

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