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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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deiner Männer?«
    »Es geht nicht um Edelsteine oder Gold, mein Freund«, sagte Ixchel sanft. Lions Antwort schien sie zu amüsieren.
    »Worum dann?«, schnaubte er.
    »Ich zeige es euch«, sagte Ixchel. Und natürlich konnte sie es sich nicht verkneifen, mit einem schmalen Lächeln hinzuzufügen: »So wie es geschehen muss.«
    Pia seufzte. Lion verdrehte lautlos die Augen, und Ixchel gab dem Indio, der Lions Schwert hielt, einen befehlenden Wink, woraufhin dieser sie zwar ungläubig ansah, ihr dann aber gehorsam die Waffe aushändigte. In ihren schmalen Händen wirkte sie noch ungleich größer als in denen des Kriegers, aber sie schien das Gewicht nicht einmal zu spüren.
    Dann tat sie etwas wirklich Sonderbares: Sie wechselte ein paar Worte in ihrer Muttersprache mit ihren Begleitern. Diesmal gehorchten sie nicht sofort, und Pia musste ihre Worte auch gar nicht verstehen, um zu begreifen, dass sie mit der Entscheidung ihrer Herrin nicht einverstanden waren, aber schließlich gehorchten sie und zogen sich murrend zurück.
    »Du bleibst ... du bleibst allein mit uns?«, murmelte Lion verdutzt.
    »Und ich gebe dir deine Waffe zurück.« Ixchel reichte ihm das Schwert und reagierte mit einem sonderbar warmen Lächeln auf den fassungslosen Ausdruck, der nicht nur auf seinem Gesicht erschien, sondern auch auf dem Pias. »Und gib acht, dass du dich nicht –«
    Lion sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein undsteckte den Daumen in den Mund, der plötzlich blutete, und Ixchel schloss:
    »– schneidest.«
    Lion starrte sie finster an, und Pia fragte verwirrt: »Warum?«
    »Weil ich weiß, dass ihr mir nichts tun werdet«, antwortete Ixchel. »Kommst du? Wir haben noch einen langen Weg vor uns und nicht mehr sehr viel Zeit.«
    »Aber du kannst doch nicht –«, nuschelte Lion, nahm den Daumen aus dem Mund und setzte dazu an, seine Worte noch einmal verständlicher zu wiederholen, doch da hatte Ixchel sich bereits herumgedreht und war mit schnellen Schritten losgegangen, und sie mussten sich sputen, um sie einzuholen, bevor sie in der Dunkelheit verschwand.

    Der Weg war nicht ganz so weit, wie sie nach Ixchels Worten befürchtet hatte, und nicht einmal annähernd so einfach, wie sie gehofft hatte.
    In dem Labyrinth aus Stollen, Schächten und roh aus dem Fels gehauenen Treppen war es nahezu unmöglich, die Zeit abzuschätzen, aber sie waren lange unterwegs, weit über eine Stunde, wenn nicht zwei. Die beiden Fackeln waren weit genug heruntergebrannt, dass sie die Hitze der Flammen schon auf den Händen spüren konnte, und allmählich begann sie jeder Schritt spürbar Kraft zu kosten. Das Gehen auf dem unebenen Grund war anstrengend, und wenn die sonderbaren Treppenstufen speziell für irgendein anderes Volk angelegt worden waren, dann musste es sich wohl um eines mit unterschiedlich langen Beinen gehandelt haben. Selbst Lion begann irgendwann vor Anstrengung neben ihr zu schnaufen, und wie Ixchel es schaffte, in zwar nicht einmal allzu hohem, aber stetigem Tempo vorauszugehen, war ihr schlichtweg ein Rätsel.
    Ein noch größeres Rätsel war es ihr, wie sie den Weg fand, denn das finstere Labyrinth, durch das sie sie führte, war genau das: ein Labyrinth, in dem kein Schritt dem anderen ähnelte und dochalles gleich auszusehen schien. Ein- oder zweimal hatte sie sogar versucht, ihr diese Frage zu stellen, darauf aber ebenso wenig eine Antwort bekommen wie auf alles andere. Schließlich tröstete sie sich damit, dass die alte Frau vermutlich alle ihre Energie brauchte, um sich überhaupt noch auf den Beinen zu halten. Das war zwar ungefähr so weit von der Wahrheit entfernt wie sie selbst vom Sonnenlicht, aber immer noch besser als jede andere Erklärung, die ihr für Ixchels plötzliche Schweigsamkeit einfiel.
    Sie hatten zwei weitere der unheimlichen Silberkammern durchquert, und aus dem sauren Geschmack unter ihrer Zunge war mittlerweile wieder eine ausgewachsene Übelkeit geworden, noch nicht wirklich quälend, aber von einer Art, die sie ahnen ließ, dass sie so bald nicht wieder weggehen würde, sondern ganz im Gegenteil das Potenzial hatte, noch deutlich schlimmer zu werden. Zu ihrer großen Überraschung hatte Ixchel diesmal darauf verzichtet, ihr Vorhaltungen zu machen, was sie sich selbst und ihrem ungeborenen Kind damit antat, aber das war auch nicht nötig. Das erledigte sie schon ganz gut selbst.
    Nach tausend Ewigkeiten, einer Million Treppenstufen – von denen keine zwei gleich gewesen waren – und

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