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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einfach?«, fragte Ixchel lächelnd.
    Lion funkelte sie noch einem Moment lang zornig an, warf dann mit einer trotzigen Bewegung den Kopf in den Nacken und ging mit schnellen Schritten los. Ixchel rief ihm nach: »Und macht Euch nichts daraus, wenn Euer Schwert zerbrechen sollte. Dort, wo wir hingehen, braucht Ihr es nicht.«
    Pia rechnete fest mit einer weiteren patzigen Antwort Lions, doch er ging einfach nur schneller, und schließlich war es auch wieder Ixchel, die das unangenehme Schweigen brach. »Er ist wirklich nett. Ich hatte ganz vergessen, wie es sich anfühlt.«
    »Was?«, fragte Pia verwirrt.
    »Jemanden wie ihn an seiner Seite zu haben«, antwortete die Hohepriesterin. »Einen Mann, der dich aufrichtig liebt.«
    »Und jetzt fühlst du es wieder?«, erkundigte sich Pia misstrauisch.
    »Nein.« Ixchel lachte leise und nahm die bizarre Halbmaske ab, bevor sie weitersprach. »Aber ich sehe es dir an.«
    Pia beschloss, weder darauf zu antworten noch auch nur darüber nachzudenken. Wahrscheinlich legte sie es sowieso nur darauf an, sie zu verwirren. Aber nun, wo Ixchel die Maske abgenommen hatte und sie ihr Gesicht zur Gänze erkennen konnte, sah sie auch, dass sie sich getäuscht hatte: Der Ausdruck auf ihren uralten Zügen bestand nicht nur aus Erschöpfung und Furcht, sondern noch aus etwas anderem: einer Mischung aus Verzweiflung und stummer Resignation, die sich wie eine Messerklinge in ihr Herz zu bohren schien. Kurz war ihr so, als spürte sie den Schmerz der alten Frau wie ihren eigenen. Dass sie das nicht verstand und der logische Teil ihres Denkens darauf beharrte, was für ein Unsinn das war, machte es eher noch schlimmer.
    »Was hast du?«, fragte sie geradeheraus.
    »Es geht hier nicht um mich, Kind«, antwortete Ixchel. »Oder doch, irgendwie schon. Aber das ist sehr schwierig zu erklären und auch nicht von Belang.«
    Nein, sie würde sich nicht von jemandem besoffenquatschen lassen, der mindestens hundert Jahre Zeit gehabt hatte, sich indieser Disziplin zu üben. »Was ist hinter dieser Tür?«, fragte sie.
    Wie zur Antwort wehte ein dumpfer Schlag vom anderen Ende der Silberkammer zu ihnen herüber, gefolgt von einem Fluch und einem zweiten, noch gewaltigeren Schlag.
    »Etwas, von dem ich gehofft habe, es niemals wiederzusehen«, antwortete Ixchel.
    »Und das dir Angst macht.«
    »Angst?« Ixchel schien eine Weile über dieses Wort nachdenken zu müssen. Zwei weitere, klirrende Schläge wehten an ihr Ohr. Dann seufzte sie. »Das wäre jetzt wohl der Moment, in dem ich den Kopf schütteln und tapfer lächeln und behaupten sollte, dass das nicht stimmt. Aber die Wahrheit ist, ja, ein wenig schon. Ich dachte, es wäre anders. Ich hatte ein langes Leben, und nicht alles daran war schlimm. Aber es muss wohl wirklich so sein, wie man sagt: Ganz egal, wie lange es dauert, am Schluss ist es immer zu kurz.«
    »Dann gehen wir einfach nicht dorthin«, sagte Pia. »Du musst das nicht, Ixchel. Wir gehen zurück. Ich rede mit Eirann oder gleich mit Torman, wenn das nichts nutzt. Wenn es sein muss, dann befehle ich ihm, mit diesem Irrsinn aufzuhören! Vielleicht ist es das ja«, sagte Pia, hin- und hergerissen zwischen Hilflosigkeit und immer größerem Zorn auf diese starrsinnige alte Frau, die auf der einen Seite so klug und auf der anderen Seite so verbohrt war. »Es gibt kein vorherbestimmtes Schicksal, sondern nur das, was wir daraus machen!«
    »Wenn es doch nur so einfach wäre«, sagte Ixchel noch einmal.
    Ein weiterer klirrender Schlag erscholl, diesmal untermalt von einem wütenden Fluch in einer Sprache, von der sie gar nicht gewusst hatte, dass Lion sie beherrschte, und auf Ixchels Gesicht erschien ein flüchtiges Lächeln. Pia wollte unverzüglich losstürmen, doch Ixchel hielt sie mit einer raschen Handbewegung zurück.
    »Gib ihm noch einen Augenblick«, sagte sie.
    Pia fragte schon gar nicht mehr, warum, sondern musterte dieschwarzen Wände vor sich nur mit immer weiterwachsendem Unbehagen. Nach ein paar Sekunden fuhr Ixchel fort:
    »Was immer dort drinnen auch geschieht, du musst dich beeilen, Kind. Jede Minute, die du inmitten all dieses Silbers zubringst, könnte dein Kind umbringen.«
    »Wieso?«, fragte Pia. »Sein Vater war kein Elb.«
    »Nein«, antwortete Ixchel mit einem seltsamen Lächeln, »aber deine Tochter ist ein Kind dieser Welt, und das allein bringt es in Gefahr. Und nun lauf.«
    »Tochter?«, wiederholte Pia. »Woher willst du wissen, dass ich eine Tochter –?«
    »Weil

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