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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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als sie spürte, wie der Wagen wieder langsamer wurde, vermutlich um an der nächsten Ecke abzubiegen. Schatten und verschwommene Lichter huschten vorbei, aberkeine große, bleiche Gestalt, die hinter ihnen herhüpfte. Das Gespenst war nicht da – und es war auch nie da gewesen. Ihre Nerven spielten ihr – wieder einmal – einen Streich – und konnte sie ihnen das etwa verdenken, nach der Nacht, die hinter ihr lag?
    Außerdem hatte sie das Gefühl, gleich einen Hitzschlag zu bekommen. Der Verkäufer hatte nicht zu viel versprochen, als er von den hervorragenden Eigenschaften des Skianzugs geschwärmt hatte. Sie hatte das bereits im Laden gespürt, in dem ihr praktisch sofort der Schweiß ausgebrochen war, obwohl die emsig summende Klimaanlage für fast schon unangenehm niedrige Temperaturen gesorgt hatte. Aber sie war trotzdem der Meinung gewesen, dass es eine gute Idee wäre, das Ding gleich anzubehalten. Bisher war der Wechsel in die Elfenwelt stets ziemlich abrupt erfolgt, und sie bezweifelte, dass ihr die Zeit blieb, sich in aller Ruhe umzuziehen, sollte sie sich unversehens mitten in einer Schlacht oder einem Schneesturm wiederfinden.
    Nun ja, wenigstens darum musste sie sich gerade keine Sorgen machen.
    Ein Geräusch wie das Kratzen von Fingernägeln auf Glas drang in ihre Gedanken. Pia setzte sich erschrocken stocksteif auf, und ihr Herz begann wie verrückt zu schlagen. Dann sah sie, dass das Geräusch von Fingernägeln auf Glas tatsächlich das Geräusch von Fingernägeln auf Glas war. Toni hatte sich halb zur Seite gedreht und knibbelte irgendetwas von der Scheibe ab, hielt aber jetzt mitten in der Bewegung inne und sah sie stirnrunzelnd an, und auch seinem Onkel war ihre Reaktion natürlich nicht verborgen geblieben.
    »Ist alles in Ordnung, mein Kind?«, fragte er.
    Wenn er sie noch ein einziges Mal mein Kind nannte, dachte Pia, dann würde sie ihm zeigen, wozu dieses Kind fähig war, wenn man es nur genug reizte.
    »Ja«, antwortete sie hastig. »Ich war nur …« Und dann begriff sie, wohin sie unterwegs waren, und brach mit einem erschrockenen Keuchen mitten im Satz ab.
    »Wohin bringen Sie mich?«
    »Aber das habe ich dir doch schon gesagt«, antwortete Peralta ruhig. »Wir besuchen einen alten Freund. Ich bin sicher, dass du dich freust, ihn wiederzusehen.«
    Pia starrte ihn eine Sekunde lang aus immer größer werdenden Augen an, fuhr dann auf dem Sitz herum und starrte die vorüberziehenden Lichter und Schatten an. Sie kannte diesen Teil der Stadt nicht wirklich, und die getönten Scheiben machten es zusätzlich schwer, sich zu orientieren, aber spätestens als sie an der Fußgängerampel vorbeikamen, an der sie selbst die Straße vorhin überquert hatte, gab es keine Möglichkeit mehr, sich einzureden, dass sie sich getäuscht hatte.
    Sie schwieg, bis der Bentley vor der verglasten Fassade des Krankenhauses anhielt und der Beifahrer ausstieg, um José Peralta die Tür zu öffnen.
    »Was tun wir hier?«, fragte sie mit belegter Stimme.
    Toni ergriff sie grob am Oberarm und zerrte sie aus dem Wagen, noch bevor sie Gelegenheit fand, aus eigener Kraft auszusteigen. Sein Griff tat selbst durch den dicken Stoff des gefütterten Thermoanzugs hindurch weh. Peralta bedeutete ihm mit einer missbilligenden Geste, mit dem Unsinn aufzuhören, und wies aus derselben Bewegung heraus auf die Drehtür.
    »Wie ich schon sagte: Wir besuchen einen Freund. Ich dachte, du freust dich vielleicht, ihn zu sehen. Man hat mir gesagt, dass dir dieser Jesus eine Menge bedeutet.«
    Sie gingen los. Die riesige Drehtür war groß genug, sie alle zusammen aufzunehmen, setzte sich aber erst in Bewegung, nachdem Toni so fest mit der flachen Hand gegen die Scheibe geschlagen hatte, dass das Glas protestierend knackte, und Pia antwortete erst, nachdem sie alle zusammen auf der anderen Seite in die große Empfangshalle hinausgetreten waren.
    »Wenn Sie so gut informiert sind, dann sollten Sie eigentlich wissen, dass er im Sterben liegt.«
    »Wir werden sehen«, sagte Peralta gelassen. »Und jetzt seibitte ein bisschen leise, mein Kind. Das hier ist ein Krankenhaus, und die Leute brauchen ihre Ruhe.«
    Sie durchquerten die große Halle, die ihr noch abweisender und düsterer vorkam als am vergangenen Abend, obwohl sie nach wie vor taghell erleuchtet war. Aber überall lauerten Schatten, düstere Bereiche und finstere … Dinge, die ihr so feindselig vorkamen, dass sie es nicht gewagt hätte, sie um ihren Schutz zu bitten.
    Der

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