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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zutiefst verwirrten Toni und dem Aushilfs-Ork folgte sie Peralta und dem Arzt in das kleine Zimmer am Ende des Flurs, das dunkel und beinahe noch stiller war als der Rest der Klinik. Selbst das regelmäßige Piepsen des Computers klang so unwirklich, als gehörte es gar nicht hierher, sondern drängte aus einer anderen Ebene der Existenz herüber und versuchte wahr zu werden, ohne dass es ihm gänzlich gelang. Über dem schwarzen Schatten, der Jesus’ Bett war, glühte eine Ansammlung winziger grüner Punkte, wie die Augen einer monströsen Riesenspinne, die aus der Welt der Schatten und Albträume herübergekrochen kam und sich an ihre Beute heranschlich, und da war noch etwas im Zimmer, etwas durch und durch Boshaftes und Gefährliches, das nicht hierhergehörte.
    Gonzales schaltete das Licht ein, und die Schatten flohen wie kleine, scheue Tiere vor ihnen und verkrochen sich in den Winkeln einer anderen Wirklichkeit, von wo aus sie sie aus gierigen Augen belauerten. Das elektronische Piepsen wurde realer, und aus den Spinnenaugen wurden die Lichter des Computers in derWand. Aber das Gefühl des Unwirklichen blieb. Etwas war hier. War schon hier oder kam näher, schnell, unaufhaltsam und tödlich.
    »Also, wie geht es Ihrem Patienten, Professor Gonzales?«, fragte Peralta.
    »Unverändert«, antwortete Gonzales, während er mit schnellen Schritten neben das Bett trat und einen langen Blick auf den Computermonitor warf, bei dem sich Pia sicher war, dass er vollkommen überflüssig war. »Gottlob«, fügte er hinzu, während er sich herumdrehte und sie mit einem fast hasserfüllten Blick streifte, »hat diese junge Dame keinen allzu großen Schaden angerichtet.«
    »Das kann man ja noch nachholen«, kicherte Toni. Gonzales sah ein bisschen erschrocken aus, und José brachte seinen Neffen mit einem ärgerlichen Blick zum Verstummen und wandte sich dann in bewusst sachlichem Ton an den Professor. »Können Sie ihn aufwecken? So, dass er nicht nur vor sich hindämmert, sondern mitbekommt, was mit ihm geschieht, und vielleicht ein paar Fragen beantworten kann?«
    Gonzales schien einen Moment lang über diese Formulierung nachdenken zu müssen, die ihm so sonderbar vorkommen mochte, wie sie Pia erschreckte. Aber dann nickte er, wenn auch zögernd. »Das … wäre wahrscheinlich möglich«, sagte er gedehnt. »Aber es würde ihn mit ziemlicher Sicherheit töten.«
    »Wann?«, fragte Peralta ruhig.
    »Wie?«, murmelte Gonzales. Vielleicht begann er allmählich zu begreifen, mit wem er sich da eingelassen hatte.
    »Wie lange würde er wach bleiben, bevor er stirbt?«, fragte Peralta ruhig.
    »Eine … Stunde«, antwortete Gonzales stockend. »Vielleicht zwei, aber wie gesagt …«
    »Das sollte reichen«, unterbrach ihn Peralta. »Wenn Sie ihn bitte aufwecken würden, Professor.«
    Gonzales sah jetzt regelrecht entsetzt aus. »Das wäre seinTodesurteil, Senhor Peralta«, sagte er, wobei er sich vergeblich um einen festen Tonfall bemühte.
    »Aber er stirbt doch sowieso«, sagte Toni feixend. »Ich meine: Irgendwie ist er doch schon tot, oder? Da tun wir ihm doch nur einen Gefallen, wenn er noch mal mit seiner kleinen Freundin reden kann.«
    Gonzales sah ihn empört an, doch Peralta kam seiner Antwort zuvor.
    »Mein Neffe hat es vielleicht etwas pietätlos ausgedrückt, Professor. Bitte verzeihen Sie ihm. Er ist noch sehr jung und weiß nicht, was sich gehört. Aber in der Sache muss ich ihm zustimmen. Ich bin sicher, Ihr Patient würde es Ihnen danken, wenn er die Gelegenheit bekäme, noch einmal mit seiner Freundin zu sprechen. Und es gibt da auch noch … eine oder zwei wichtige Fragen, die ich ihm stellen muss.«
    Gonzales zögerte noch einmal, lange, aber schließlich nickte er doch. Welche andere Wahl blieb ihm auch schon? Toni war neben seinen Onkel getreten, und seine Jacke stand wie zufällig weit genug offen, dass man den Griff der Magnum sehen konnte, die er in einem Schulterhalfter darunter trug.
    »Also gut«, sagte er widerwillig. »Ich kann es versuchen. Aber ich kann Ihnen nichts versprechen. Sein Zustand ist kritisch.«
    »Oh, ich bin sicher, dass Sie das hinkriegen, Professor«, sagte Peralta lächelnd. »Ich vertraue voll und ganz auf den guten Ruf, der Ihnen vorauseilt.«
    Gonzales’ Blick war plötzlich der einer Maus, die sich von gleich drei ausgehungerten Katzen in die Ecke gedrängt sah und verzweifelt nach einem Fluchtweg suchte. Es gab keinen. Schließlich drehte er sich noch einmal zu dem Computer

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