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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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um und berührte rasch hintereinander ein halbes Dutzend Punkte auf dem Monitor. Ein paar Lichter begannen zu flackern.
    »Das war alles?«, fragte Peralta.
    »Nicht ganz«, antwortete Gonzales nervös. »Ich muss noch einMedikament holen. Aber ich weise sie noch einmal darauf hin, dass –«
    »Dann tun Sie das«, unterbrach ihn Peralta lächelnd.« Claudio wird Sie begleiten, falls Sie Hilfe benötigen.« Sein persönlicher Ork-Leibwächter ging zur Tür, öffnete sie und machte eine übertrieben einladende Geste, und Gonzales wurde noch ein bisschen blasser, beeilte sich aber trotzdem, der Einladung Folge zu leisten.
    Peralta wartete, bis Claudio die Tür von außen geschlossen hatte, bevor er sich wieder an Pia wandte. »Du hast ihn gehört, mein Kind. Eine Stunde kann eine sehr lange Zeit sein. Vielleicht sind es sogar zwei.« Er griff unter seinen Mantel, zog sehr vorsichtig den Kristalldolch hervor und reichte ihn Toni, der ihn genauso behutsam entgegennahm. »Das wäre jetzt deine letzte Chance, vielleicht doch noch Vernunft anzunehmen und meine Fragen zu beantworten.«
    Pias Gedanken rasten. Sie schätzte ihre Chancen ab, Peralta und Toni zu überwältigen, bevor der Mafioso seine Waffe zog und sie einfach über den Haufen schoss. Sie standen nicht schlecht. Peralta war kein Gegner, und Toni rechnete möglicherweise damit, dass sie irgendetwas versuchte, musste sie aber hoffnungslos unterschätzen. Sie traute sich sogar zu, mit dem Gorilla draußen fertigzuwerden … aber was würde es ihr nützen? Sie hatte weder die Kraft, Jesus lebend hier heraus zu schaffen, noch war er selbst in der Verfassung zu entkommen; ganz davon abgesehen, dass sie nicht einmal gewusst hätte, wohin.
    »Was … haben Sie vor?«, fragte sie stockend.
    Statt zu antworten, gab Peralta seinem Neffen einen kaum sichtbaren Wink, und Toni wandte sich zu dem Krankenbett um und zog die Klinge des Kristalldolches über Jesus’ Unterarm. Die Schneide berührte ihn kaum, hinterließ aber trotzdem eine tiefe, heftig blutende Wunde in seinem Fleisch. Der Computer in der Wand über ihm begann protestierend zu blöken, aber Jesus rührte sich nicht.
    »Hören Sie auf !«, keuchte Pia entsetzt. »Bitte!«
    Toni griente nur schmutzig und hob den Dolch, um Jesus noch einmal zu schneiden, aber sein Onkel hielt ihn mit einer raschen Bewegung zurück.
    »Schon gut, Antonio. Sie hat recht. Wir wollen nichts überstürzen, nicht wahr? Damit warten wir doch lieber, bis er wach ist. Im Moment spürt er es ohnehin nicht.«
    »Stimmt auch wieder«, feixte Toni.
    Aber genau das stimmte nicht. Pia konnte es nicht begründen, aber sie wusste, dass Jesus den Schmerz spürte; auch wenn er weiter vollkommen reglos und wie tot dalag. Medikamente und sein eigener Todeskampf schützten ihn vielleicht vor allem, was Menschen ihm anzutun vermochten, aber diese Klinge war nicht von Menschenhand gemacht, und ihr Biss schnitt tiefer und verwundete nicht nur sein Fleisch. Er litt.
    Sie ging um das Bett herum, zwang sich mit einer gewaltigen Willensanstrengung und zum ersten Mal, seit sie das Zimmer betreten hatte, dem Anblick seines totenbleichen Gesichts standzuhalten, und spürte erneut seinen Schmerz und etwas wie einen verzweifelten, lautlosen Hilfeschrei, der aus den tiefsten Tiefen seiner Seele emporstieg und seine Lippen niemals erreichen würde.
    Beinahe ohne ihr eigenes Zutun hob sie die Hand und berührte seine Stirn, und der Schmerz sprang ohne die geringste Vorwarnung in sie hinein und begann mit unsichtbaren glühenden Klauen und Reißzähnen in ihr zu wühlen. Pia wimmerte vor Schmerz und presste die Kiefer so fest aufeinander, dass ihre Zähne hörbar knirschten, aber sie griff auch ganz instinktiv nach der schwarzen Flamme der Pein und löschte sie: Nicht vollständig und auch nicht für lange, aber aus der unerträglichen Qual wurde normaler Schmerz, den sie ertragen konnte. Und es war nicht nur ihr Schmerz, den sie spürte, sondern auch der Jesus’. Das immer lauter und protestierendere Randalieren des Computers verstummte nicht, beruhigte sich aber hörbar, und ein dumpfes und zugleich gequält wie beinahe erleichtert klingendes Stöhnen kam über seine Lippen.
    »He! Was zum Teufel treibst du da?«, fragte Toni. Seine Augen wurden zu schmalen, misstrauisch zusammengepressten Schlitzen, und er hob schon wieder den Dolch.
    Sein Onkel drückte rasch seinen Arm herunter. »Ja, das ist wirklich … beeindruckend«, sagte er. »Und überaus interessant. Ich

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