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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dich heute Nacht mit ihm treffen. Sag mir, wo oder wer er ist oder wo ich ihn finde, und du kannst gehen.«
    Pia glaubte ihm sogar, dass er das ernst meinte, zumindest in diesem Augenblick. Doch sie schüttelte trotzdem nur den Kopf. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß«, beharrte sie. »Aber ich kann Ihnen noch einen Rat geben. Sie wissen, wie wertvoll dieser Dolch ist. Sie sollten ihn behalten und sich damit zufriedengeben. Die Leute, die hinter Jesus und mir her waren, sind gefährlich. Viel gefährlicher, als Sie sich vorstellen können.«
    »Dann wäre ich dumm, wenn ich nicht versuchen würde, möglichst viel über sie herauszufinden, meinst du nicht auch?« Peralta sah sie fast erwartungsvoll an, hob dann mit einem enttäuschten Seufzen die Schultern und steckte den Dolch sehr vorsichtigwieder ein. »Schade. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass du vernünftiger wärst.«
    »Fünf Minuten«, bot sich Toni noch einmal an. »Dann sagt sie mir alles, was du wissen willst, Onkel José.«
    »Oh, keine Sorge, Antonio«, antwortete Peralta. »Das wird sie auch so.« Er klopfte mit den Fingerknöcheln gegen die Trennscheibe, und Pia spürte, wie der Wagen schneller wurde, obwohl sich am gleichmäßigen Brummen des schweren Motors nichts änderte.
    »Wohin fahren wir?«, fragte sie.
    Peralta lächelte dünn. »Siehst du, mein Kind, ich bin sehr alt. Alt genug, um die Menschen zu kennen. Mein ungestümer junger Neffe hier glaubt, mit Gewalt alles erreichen zu können, und bei den meisten Menschen wäre das wohl auch so. Aber ich glaube, du gehörst zu den wenigen Ausnahmen. Es würde nichts nutzen, dir mit Gewalt zu drohen, oder dir gar etwas anzutun, habe ich recht? Ganz davon abgesehen, dass es eine Schande wäre, ein so hübsches Gesicht wie deines zu beschädigen.«
    »Dann können Sie mich ja auch gehen lassen.«
    »Ja, möglicherweise tue ich das sogar«, antwortete Peralta. »Aber noch nicht gleich. Zuerst besuchen wir noch einen Freund. Vielleicht kann er dich ja davon überzeugen, mir die Wahrheit zu sagen.«
    »Einen Freund?«, fragte Pia misstrauisch. »Wen?«
    »Nur Geduld. Es ist nicht weit.« Peralta rutschte auf der breiten Bank in eine etwas bequemere Position und maß sie mit einem langen Blick. »Mach es dir bequem. Wenn du irgendwas brauchst, dann sag es ruhig. Ist dir vielleicht kalt? Ich kann Max bitten, die Heizung etwas höherzudrehen.«
    Toni kicherte blöd, und Pia versuchte vergeblich, ihn mit einem eisigen Blick erstarren zu lassen, gab es nach ein paar Sekunden aber wieder auf und ließ sich scheinbar entspannt zurücksinken.
    In Wahrheit versuchte sie herauszufinden, wohin sie fuhren,aber durch die abgedunkelten Scheiben des Bentley waren nur Schemen zu erkennen.
    Immerhin sah sie, dass sie sich wieder den Bereichen der Stadt näherten, die Peralta vermutlich als zivilisiert bezeichnet hätte (also dem Teil der Stadt, in dem er das viele Geld ausgab, das er in den Slums verdiente), und dass der Verkehr trotz der späten Stunde allmählich wieder zunahm. In zahlreichen Gebäuden brannte noch Licht, und sie kamen an erleuchteten Schaufenstern und bunten Lichtreklamen vorbei. Es war nach drei, und die Stadt sollte in tiefstem Schlaf versunken daliegen, aber Pia sah trotzdem zahlreiche Passanten, auch wenn sie hinter den Scheiben eigentlich nur als Schemen zu erkennen waren, die keine wirklich festen Konturen zu haben schienen. New York hatte in einem geradezu genialen PR-Schachzug den Slogan von der Stadt für sich requiriert, die niemals schlief. Wenn das stimmte, dachte sie, dann war Rio de Janeiro eindeutig die Stadt, die niemals müde wurde.
    Einer der Schatten dort draußen schien sogar unter ganz besonderer Schlaflosigkeit zu leiden. Er bewegte sich schneller als die anderen, und eindeutig nervöser, rannte eine Zeit lang neben dem Wagen her und schien eine Weile sogar mit dem Bentley mitzuhalten – obwohl das im Grunde ganz und gar unmöglich war. Max fuhr alles andere als schnell, aber trotzdem viel zu rasant, als dass ein Mensch auch nur annähernd hätte Schritt halten können. Trotzdem hatte sie für einen Moment ganz genau diesen Eindruck. Eine große, sehr bleiche Gestalt, die mit fast schon grotesk anmutenden Sprüngen hinter dem Wagen herjagte, dann aber zurückfiel und an der nächsten Abzweigung absurderweise plötzlich wieder da zu sein schien, bevor sie endgültig verschwand.
    Sie schloss die Augen, zählte in Gedanken langsam bis fünf und hob die Lider erst,

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