Elfmeter fuer die Liebe
Wieso weiterfahren? Ich dachte, wir würden am nächsten Tag zurück nach Deutschland reisen.
„Wohin fahren wir denn?“, fragte ich.
„Na, nach Toulon. Der Mannschaft hinterher. Wir müssen unsere Jungs doch moralisch unterstützen. Außerdem haben wir Karten für das Finale ergattern können – wenn Deutschland das schafft, sind wir live und in Farbe dabei!“
Nikola legte immer supergroßen Wert auf Geheimhaltung. Nichtmal wir kannten lange vorher die Namen von den Hotels, in denen wir übernachteten, damit nichts an die Presse kam und so.
„Woher wisst ihr denn, wo die wohnen?“, wollte ich also wissen.
Titus zuckte nur mit den Schultern. „Internet“, meinte er, als wäre das eine Erklärung.
Kapitel 15 – Halbzeit
Nachdem unser Busfahrer (Augustus Kieselstein) bereits zu Beginn der Abfahrt klarstellte, dass jeder Vorstoß in musikalische Gefilde Seitens unserer Mannschaft mit einem sofortigen Platzverweis geahndet würde, verlief die Reise nach Toulon ohne spontane Gesangesausbrüche. Max hatte nämlich, noch ehe die erste Tasche ins Gepäckfach geschleudert wurde, zum dritten Mal den Refrain von „Es gibt nur ein Rudi Leerlauf“ angestimmt, zum Leidwesen des beleibten Fahrers.
Ich verbrachte nahezu die gesamten zehn Stunden Fahrt in seligem Halbschlaf, nachdem ich feststellte, dass auf Tobias’ iPhone sämtliche Billy Joel Alben gespeichert waren. Zwischendurch pokerte ich mit Robbie Zwei, Tayfun und Tim um Erdnussflips (ich wurde immer besser, meine Bluffs durchschauten die anderen nicht mehr so schnell wie noch zu Anfang).
„Wie schreibt man Toys R Us?“, wollte Jean-Pascal kurz vor Toulon wissen; ich hatte zwei Siebenen, zwei Damen und noch gut und gerne dreizehn Erdnussflips. Er wedelte ungeduldig mit seinem iPad vor meiner Nase herum. Als ich zurückfragte, warum, erklärte er stolz, er wolle googlen, ob es in der Stadt eine Filiale gäbe, um Gordion Keanu ein Mitbringsel zu besorgen. „Santiago muss auch einkaufen“, plapperte er weiter. „Der hat seinen Nintendo DS im Hotel vergessen. Wir können ja alle zusammen gehen.“
„Nee, du“, fiel ihm Tim ins Wort, „Einkaufen kannste alleine. Chillen am Strand ist angesagt, aber so richtig.“
„Der Strand wird mit Presse und Touristen bevölkert sein“, konnte ich es nicht lassen, sie hinzuweisen. Aber unser dritter Torwart, Vincent Erdbeer, schüttelte im Vorbeigehen den Kopf: „Zu unserem Hotel gehört ein eigener Strand, hat Peter erzählt. Und wo wir doch die Anlage ganz für uns haben…“ Er klatschte Tayfun ab und sie grölten: „Sandburgenbauwettbewerb!“
Ich für meinen Teil hatte andere Pläne. Aufgrund der letzten Ereignisse, hatte ich mir vorgenommen, Nikola Teflon in den nächsten Tagen nicht aus den Augen zu lassen. Schon den ganzen Morgen hackte er hektisch in sein iPhone und versendete eine Nachricht nach der anderen. Der Judas plante irgendwas; mit jedem zurückgelegten Kilometer schien er nervöser zu werden. Er hatte Dreck am Stecken und ich wollte wissen was. Etwas begann übel zu riechen in unserem Bus, und die Duftmarken kamen eindeutig aus Teflons Ecke.
Kaum waren wir also angekommen, in einem Hotel, das selbst Oscar Wilde imponiert hätte, löste sich unsere Mannschaft auch schon in Kleingruppen auf. Die meisten warfen lediglich ihr Gepäck ins Zimmer und eilten dann, schon in Badehose, ein Handtuch schwenkend, in Richtung Strand. Ein weiteres Grüppchen um Cem wollte erstmal schick Essen gehen und Peter Morgenrot, der sich wieder mit Teflon vertragen hatte, nahm seinen Co-Trainer mit zum Pool. Oliver Brauhaus war schon vorgefahren, ich hatte ihn an dem Tag noch überhaupt nicht zu Gesicht bekommen; was vielleicht auch besser war – ich wusste nicht, wie ich ihm nach meiner schändlichen Flucht in der vorigen Nacht je wieder unter die Augen treten konnte.
Nachdem ich mich beim Kofferauspacken beinahe in meiner Suite verlaufen hatte, klemmte ich mich so unauffällig wie möglich an Teflon und Morgenrot. Ich wollte einen günstigen Moment abwarten, das besagte iPhone an mich zu nehmen. Nikola Teflon war weniger beschränkt, als ich ihn zuerst eingeschätzt hatte, aber vielleicht gab es die ein oder andere noch nicht gelöschte Nachricht, die Aufschluss über sein Handeln geben konnte. Vielleicht, räumte ich innerlich ein, auf Zehenspitzen durch die verlassene Männerdusche schleichend, hatte das alles auch Null Komma Josef kriminelle Energie und Teflon war einfach nur ein
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