Elfriede im Salon (German Edition)
gab. Der Schwanz kümmerte sich nicht sonderlich um die Gedanken und Distanziertheit seines Meisters, eine kleine Entladung war absehbar, aber vielleicht würde der Astronom sie wahrnehmen wie eine weit entfernte Nova, eine weniger spektakuläre Explosion eines Sterns, der der Astronom gegenüberstand wie ein Astrologe, der sich für solche Vorfälle gewöhnlich weniger interessiert. Des Professors Distanziertheit reichte noch nicht an Impotenz; ein Problem, das bisher im Salon noch nicht aufgetreten war. Naiv und vernunftgesteuert - denn Elfriede reizte mehr - hatte er sich mit der Nutte eingelassen, um zu erfahren, dass das Erleben von Sex eine doch sehr subjektive Erfahrungsangelegenheit war. Die leisen Aufstöhner von Lulu - Kundenmotivation - nahm der Professor nicht wahr. Inzwischen hatte er auch aufgeben mit den riesigen Brüsten zu spielen und formulierte lautlos eine Theorie der Relativität von Sexualität. Sexualität war so subjektiv, dass selbst das Subjekt nicht sicher sein konnte, immer gleich zu empfinden. An sich eine triviale Erkenntnis, die aber formuliert werden musste. Die Zuschauer konnten von dem wenig ahnen. Während der Professor mit trivialen Erkenntnissen seine Theorie begann, verpuffte im Salon eine kleine Entladung.
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Es wurden die üblichen Hygienemaßnahmen getroffen. Die Nutte ahnte vielleicht, dass sie keinen besonderen Eindruck hinterlassen hatte. Während sie ins Bad verschwand, entledigte sich Professor Hügel des Kondoms und ging mit dem peinlichen Relikt in die Küche. Dort fand er eine Brötchentüte, die er für geeignet fand, um damit das Kondom zu tarnen. Die Tüte samt Inhalt verschwand in den nichtrecycelfähigen Abfällen, wo sie eigentlich hätte auffallen sollen. Weitere Kondome fielen dem Professor nicht auf, sodass bisher einigermaßen sichergestellt war, dass Elfriede bei der späteren Entsorgung der Abfälle nicht auf die Spuren des heutigen Tuns stoßen würde. Mithin war es leichter, diesen Abend zu verdrängen.
Sollte man diesen Abend verdrängen oder aufarbeiten? Der Professor hatte nur wenig Aufregendes vom Land des Sexes zu berichten und seine Relativitätstheorie des Sexes war noch nicht formuliert. Mit Gleichgültigkeit hatte er den Akt und seinen Orgasmus erlebt. Nur die Nutte hätte gleichgültiger empfinden müssen. Die trank wieder Sekt und bangte um weitere Einkünfte. Im Laufe ihrer Karriere schien sie ein Gespür dafür entwickelt zu haben, wann ihre Dienstleitung antörnend gewirkt hatte und wann nicht. Der bärige, nackte Astronom betrat wieder den Salon, fand zu seinem Platz und zu seinem Glas und zur Überraschung aller Worte. “Alles in allem war es belanglos!” Seine Kollegen konnten die ernüchternde Erkenntnis des Astronomen nicht nachvollziehen, waren sie doch während des Aktes erregter gewesen als der Professor selbst.
Die Äußerung des Professors schien zu belegen, dass es leichter ist, über Belangloses zu reden als über Dinge von Bedeutung, besonders dann, wenn die Dinge von Bedeutung einen emotionalen Orkan auslösen. Die Botschaft des Professors war für jedermann frustrierend; die Nutte konnte fortan ausschließen, in dem Professor einen Stammkunden zu gewinnen, Elfriede fürchtete, Sex mit ihr könne ebenfalls belanglos werden und noch schlimmer, dass eine Art Ernüchterung sie beim Geschlechtsakt überfalle, die sie zu der Frage bringen würde, was sie da eigentlich mache. “C’ela vi”, sagte Robert Unmuth. “Beim ersten Mal war es wohl anders!” - “Das erste Mal war schockierend” - “Somit liefert Sex schockierende bzw. belanglose Erlebnisse”, kommentierte Dr. Schwarz. “Sie sind ein Trotzkopf, Professor Hügel”, provozierte Elfriede. “Wollen sie sich als meine Sextherapeutin aufspielen?”
Wollte Elfriede natürlich nicht, aber was sie dann formulierte war wie eine Anklage. “Sie wollen schon die ganze Zeit Sand in das Getriebe des philosophischen Salons streuen. Wenn es nichts brachte, warum haben sie den Akt nicht abgebrochen?” Ohne auf den Vorwurf einzugehen, antwortete der Professor: “Ich konnte mir meine Gedanken machen. Zugegeben, ich war geil und stand in der Pflicht” - “Das hört sich ja wie ein Schuldeingeständnis an. - Zugegeben, ich war geil -, das muss man sich anhören. “Für ein Dienstmädchen nehmen sie sich viel raus” - “Das ist ihr Recht”, verteidigte Robert
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