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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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das musste man auch sagen. Gewiss war er nicht der Einzige, der eine Schwäche für Sexspiele mit schönen jungen Frauen hatte. Und nicht der Einzige, der einmal die Kontrolle verloren hatte – ein einziges Mal! Vielleicht war es ein Fehler gewesen, die Sache vertuschen zu wollen. Im Tessin vertuscht man nichts, früher oder später kommt alles ans Licht.
    Bonetti stand vor der Ruine, in der sich Giovanni versteckt hatte und sich für unsichtbar hielt. Es war ihm klar, dass er schon viel zu lange gezögert hatte. Er musste endlich eine Entscheidung treffen – entweder sich durchringen und zu Ende bringen, was er angefangen hatte, um danach mit der Vergangenheit abzuschließen und ein neues Leben zu beginnen. Oder er musste sich für besiegt erklären und die Konsequenzen tragen.
    Wie war er nur auf die Idee gekommen, Sonia Rocchi umzubringen?
    Es war absolut nicht geplant gewesen. Er hatte die Auseinandersetzung zwischen ihr und Savi belauscht, bereit, im Notfall einzugreifen und sich andernfalls wieder aus dem Staub zu machen. Auf der Terrasse war er gestanden, als Savi die Frau niedergeschlagen hatte und dann der flüchtenden Natalia nachgesetzt war. Ins Haus treten, die Frau halb betäubt vorfinden, ihr mit dem Aschenbecher den Schädel einschlagen war eins gewesen … Ohne einen Gedanken. Er hatte einfach gehandelt.
    Und hierher hatte es ihn gebracht. Hier stand er und zählte die Sekunden wie ein Komödiant. »Giovanni«, hörte er sich rufen, »ich zähle bis zehn!«
    Aber Giovanni dachte nicht daran zu gehorchen, und er musste abermals handeln. Bestand noch eine Chance, aus der Sache herauszukommen, ohne Gewalt anwenden zu müssen?
    Bonetti stellte sich vor, wie er sich die Pistole an die Schläfe setzte und abdrückte.
    Es ging nicht.
    Nicht nach drei Morden. Bonetti umklammerte den Griff der Waffe in seiner Jackentasche. Aber stattdessen diese zwei jungen Leute? – nicht einmal in Gedanken brachte er es über sich, sie zu erschießen. Er zwang sich, alle Gedanken auszublenden. Wie am Abend des ersten August. Wie danach, als er erst Mankell und dann Savi das Maul gestopft hatte.
    Jäh fuhr er herum und marschierte auf die Ruine zu, in der er das Mädchen gelassen hatte. Es war anscheinend wieder die Beute einer Psychokrise geworden, es brachte keinen Ton heraus und war von einer seltsamen Betäubung befallen, die es schlaff wie eine Stoffpuppe machte. Er packte es am Arm und zwang es, aufzustehen und mit ihm hinauszugehen. Es versuchte halbherzig, sich ihm zu entwinden, gab aber seinen Widerstand rasch wieder auf. Der Griff um seinen Oberarm war zu stark und das Mädchen viel zu schwach und verwirrt.
    Bonetti schob es den Weg entlang vor sich her bis zu dem Haus, in dem er, nachdem er ihn nicht hatte herauskommen sehen, noch immer Giovanni vermutete. Im Übrigen war es gleichgültig; Bonetti hatte das Mädchen in seiner Gewalt und damit auch Giovanni, der nicht weit sein konnte.
    »So, Knabe, hier sind wir. Hier hast du deine Liebste. Was sagst du?«
    »Ich bin hier«, antwortete Giovanni.
    Die Stimme kam von drinnen. Der Junge hatte sich nicht fortbewegt, er war verzweifelt und ratlos. Panik schwang in seiner Stimme mit, als er rief: »Signor Bonetti, was haben Sie denn gegen uns?«
    »Nichts«, antwortete Bonetti. »Wir sind hier, um zu reden.«
    »Dann lassen Sie Natalia los. Kommen Sie rein zu mir, und wir reden.«
    Der Junge wagte nicht, sich auf der Schwelle zu zeigen. Wahrscheinlich hoffte er, dass Bonetti seine Geißel laufen ließ, um sich ihn vorzunehmen.
    »Jaja, ich komm schon, Giovanni.«
    Bonetti ließ Natalia keineswegs laufen, sondern betrat mit ihr die Ruine.

16
Es ist doch noch Sommer
    Sonnenlicht, das durch belaubte Baumkronen fiel, auf den alten Mauern lag, in Ritzen und Spalten eindrang. Der Boden mit einem Herbstlaubteppich bedeckt, durch leere Fensteröffnungen hereinwachsende Zweige. Natalia nahm alle Details wahr.
    Sie hatte auch Giovanni entdeckt. Und ihn zu warnen versucht.
    Die Willensanstrengung genügte nicht, um den Schock zu überwinden. Natalia war sich bewusst, was mit ihr geschah, war aber zu schwach, um sich zu wehren, und alle Wörter schienen ihr verzerrt, eine Aneinanderreihung sinnloser Laute. Und die Müdigkeit machte jede Bewegung zur Qual.
    Sie hatte die Angst in Giovannis Stimme wahrgenommen und begriffen, dass auch er über Bonetti Bescheid wusste. Aus Bonettis Tonfall hatte sie, auch ohne zu verstehen, was er sagte, den Schluss gezogen, dass er am Ende war.

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