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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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hörbar.
    Sie erstarrte.
    Nach sekundenlanger Stille kam Bonettis Stimme: »Na los, Natalia, sei ein braves Mädchen und komm raus!«
    Er weiß, wo ich bin. Natalia wich in den hintersten Winkel des Hauses zurück. Er hat mich gehört, er weiß, dass ich hier drin bin. Jetzt wird er mich finden, und wenn er mich gefunden hat … wenn er mich gefunden hat …
    In ihrem Kopf war wieder alles leer.
    Contini sah den Polizisten erst, als es zu spät war.
    Von Monte Carasso war er nach Bellinzona Süd zurückgefahren, und als er sich einer Ampel näherte, hatte er es noch einmal bei Natalia und bei Bonetti probiert. Beide waren unerreichbar: In Valnedo war kein Funkempfang. Contini war beunruhigt. Wenn er richtig vermutete, und davon war er inzwischen überzeugt, dann war Natalia jetzt allein mit dem Mörder. Allein mit einem Mann, der, nur um seine Fassade zu wahren, drei Menschen umgebracht hatte.
    Es war keine Minute zu verlieren. Contini tippte De Marchis Nummer ein, und genau in dem Moment sah er das Polizeiauto.
    »Hallo?«, fragte De Marchi. »Hallo!«
    Contini ließ wortlos das Handy sinken.
    »He, Contini, sind Sie das?«, tönte es aus dem Telefon.
    Contini beendete das Gespräch, doch der Polizist hatte alles gesehen, trat vor und schwenkte seine Kelle. Contini bremste ab. Mit einer Geste forderte der Polizist ihn auf, das Fenster zu öffnen.
    »Fahren Sie bitte mal rechts ran?«
    »Klar«, sagte Contini, »aber …«
    »Hier bitte.«
    Contini fuhr an den Straßenrand, während die Autos an ihm vorbeizogen. Unglaublich, dass ihm das hatte passieren müssen – jetzt steckte er tatsächlich in einer Straßenkontrolle fest! Der Polizist wies ihn an, noch ein Stück weiter zu fahren und anzuhalten.
    »Ich hätte es ein bisschen eilig. Ich habe gerade mit einem Ihrer Kollegen telefoniert …«
    »Seien Sie so freundlich und machen den Motor aus.«
    Contini gehorchte.
    »Führerschein und Fahrzeugausweis, bitte.«
    Er hatte noch den Papierführerschein, einen bläulichen, abgegriffenen Lappen, den der an Scheckkartenformate gewohnte Polizist mit unverhohlener Verachtung musterte. Auch der Fahrzeugausweis war ein Problem: Contini wusste nicht mal mehr, wie der aussah. Aber er musste ja irgendwo sein, versteckt zwischen Kassetten, Altpapier, Landkarten …
    »Finde ich jetzt gerade nicht …«
    Der Polizist runzelte die Stirn.
    »Sie wissen, warum wir Sie angehalten haben, Signor Contini.«
    Der Tonfall war ein Mittelweg zwischen Frage und Feststellung.
    »Wegen des Telefons?«
    Der Polizist nickte.
    »Aber ich muss unbedingt mit einem Kollegen von Ihnen reden, dem Kommissär De Marchi.«
    »Ist mir gleich, wer Ihr Gesprächspartner ist.«
    »Ich dachte, jetzt fängt sowieso ein Stau an, und dann hätte ich …«
    »Der Verkehr war fließend, Signor Contini, und Sie haben eine Ordnungswidrigkeit begangen.«
    »Ja, aber schauen Sie, ich wollte nur anrufen, um zu sagen, dass ich unterwegs …«
    »Tut mir leid, Signor Contini, genau deshalb kontrollieren wir hier, damit niemand beim Fahren telefoniert.«
    Lass es, dachte Contini. Diskussionen mit Polizisten sind kontraproduktiv.
    »Na gut, tun Sie, was Sie tun müssen. Ich hab’s ein bisschen eilig.«
    »Warten Sie bitte im Fahrzeug.«
    Der Polizist entfernte sich, und Contini saß auf glühenden Kohlen. Er dachte daran, De Marchi sofort wieder anzurufen, aber das wäre ihm womöglich als Provokation ausgelegt worden. Er zückte seine Brieftasche und wartete auf die Rückkehr des Gesetzes.
    »Das macht dann hundert Franken, bitte. Zahlen Sie gleich, oder sollen wir Ihnen den Bußgeldbescheid nach Hause schicken?«
    »Ich zahle sofort. Bitte sehr.«
    »Danke.«
    »Kann ich jetzt weiterfahren?«
    »Warten Sie bitte noch auf die Quittung.«
    Eine Quittung! Das hatte ihm gerade noch gefehlt! Er öffnete die Tür, um diesem Idioten mit größerem Nachdruck klarzumachen, dass er es eilig hatte, doch der Polizist wies ihn mit einer Handbewegung ins Auto zurück.
    »Bleiben Sie bitte im Fahrzeug.«
    Später würde sie sich an die Wand lehnen, später würde sie diesen Stimmfetzen lauschen, der Geschichte eines Hauses voller Leben und Gerüche und Geräusche – jetzt musste sie sich verteidigen. Aber vielleicht gab es gar kein Später! – warum war ihr der Ernst der Lage nicht bewusst? Warum dachte sie ständig an eine vollkommen fremde Vergangenheit, warum hatte sie den Kopf voller Stimmen von Menschen, die es gar nicht gab?
    Natalia war müde. Bonetti war ganz in der Nähe;

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