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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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den Yasemiten.
    Vor einer Garküche hielt Ibram plötzlich an und murmelte: »Ich bin sofort wieder da.« Luca sah ihm nach, wie er in der Garküche verschwand und lehnte sich mit belustigter Miene gegen die Hauswand.
    Etliche Minuten später tauchte Ibram wieder auf, in Küchendünste gehüllt wie in einen schweren Mantel.
    »Was war das, etwa ein Nachschlag?«, fragte Luca ungläubig.
    »Hm«, erwiderte Ibram und schlug ein so schnelles Tempo an, dass der lahme Söldner kaum folgen konnte.

    Zorn saß am Fenster und hielt ein Buch in den Händen. Das schwache Licht des aufgehenden Mondes schimmerte auf den Seiten wie flüssiges Silber. Als Ibram eintrat, legte Zorn die Hände schützend auf das Buch. »Ibramarbi al Fasil, was bringst du mir?«
    »Möglicherweise habe ich ein geeignetes Haus für Euch gefunden habe, Magister. Es ist nicht allzu groß, hat aber einen schönen Garten und liegt etwas abgelegen in einer ruhigen Gasse.«
    Der Magister hatte ihm offensichtlich nicht zugehört. »Gut, gut«, sagte er und drehte unruhig an seinem Ring. »Danke, Ibram, du kannst gehen.«
    »Herr, da gibt es noch etwas, das ich Euch berichten muss.« »Hat das nicht Zeit bis morgen?«
    Der kleine Mann blieb hartnäckig, trotz des offenkundigen Unmuts seines Herrn. »Ich glaube, dass es wichtig ist. Ich bin erneut verfolgt worden.«
    Zorn sah auf. »Wann?«
    »Heute Nachmittag, als wir das Haus aufgesucht haben, von dem ich Euch erzählte.«
    »Wer hat euch verfolgt?«
    »Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, beobachtet zu werden, aber erst im Basar war ich mir sicher. Das Gesicht des Burschen kam mir bekannt vor, er lungerte schon den ganzen Tag in unserer Nähe herum. Ich habe Luca nichts davon gesagt, aber als ich den Kerl in eine Garküche verschwinden sah, habe ich den Spieß umgedreht.« Er grinste. »Ich habe ihn ein bisschen gestochen.«
    »Ist er tot?«, fragte Zorn nüchtern.
    »Was denkt Ihr von mir, Magister? Das hätte zu viel Aufsehen erregt. Es herrschte ein großes Gedränge, und ich habe ihn mit meinem Messer leicht geritzt. Er hat sicher gedacht, dass ihn eine Skill in den Nacken gestochen hat.« Ibram zwinkerte und zog ein Stilett aus seinem Stiefel.
    »Gut gemacht.« Der Magister nahm das Messer in Empfang und legte es auf den Tisch. »Danke, du kannst gehen.«

    Zorn schlug das kleine Buch in ein samtenes Tuch ein. Dann stand er auf und öffnete den Deckel einer kleinen, eisenbeschlagenen Truhe, der er eine Kristallschale entnahm, kaum größer als seine Hand, die in ein schweres Brokattuch eingeschlagen war. Er breitete das dunkle, mit silbernen und goldenen Zeichen bedeckte Tuch auf dem Tisch aus, stellte die Schale darauf und schüttete etwas Wasser hinein. Er schob den Kerzenleuchter dichter an sie heran und nahm dann Ibrams Stilett zur Hand, flüsterte tonlos einige Worte der Macht, zog die Klinge des Stiletts durch die Kerzenflamme und tauchte sie ins Wasser. Das wiederholte er zweimal, hob dann das Messer mit der Linken empor, immer noch flüsternd, und senkte es langsam wieder. Seine Augenlider flatterten kurz, als die dünne Klinge die helle Haut seiner Handfläche teilte und dunkles Blut in Perlen hervortrat.
    Zorn ließ sein Blut sorgsam über den ausgestreckten Zeigefinger in die Schale tröpfeln. Es rann über den Siegelring und färbte die Spinne purpurrot. Dünne rote Wolken sanken langsam auf den kristallenen Grund des Gefäßes.
    Zorn verbrannte den Rest seines Blutes auf der Klinge zu Asche, wischte das Stilett sorgsam ab und legte es beiseite. Während er den Schnitt in seiner Hand mit einem Tuch betupfte, beugte er sich über die Kristallschale und blickte hinein. Das blutige Wasser bewegte sich träge wie unter einem Windhauch. Zorn blies sacht hinein und murmelte vor sich hin.
    Nach einigen Minuten richtete er sich auf und tauchte seine Finger in die Schale. Er versprühte etwas von dem Wasser in Richtung des Sonnenuntergangs, murmelte eine Beschwörung und schüttete das restliche Wasser auf den Boden. Dann wischte er die Schale sorgfältig aus, polierte mit dem gleichen Tuch seinen Siegelring und warf das blutbefleckte, feuchte Tuch ins Feuer. Mit wenigen Handgriffen war die Schale wieder in ihre Hülle eingeschlagen und in der Truhe verstaut.
    Zorn wandte sich zum Fenster und blickte in den Himmel. Der Langbogen hing funkelnd über dem Giebel des Nachbarhauses, und Zorn suchte automatisch nach seinem Begleiter, dem Kleinen Schild, der etwas oberhalb des Sternbildes am Himmel stand,

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