Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
möchte so schnell wie möglich zu den Ermittlungen zurückkehren.«
Die Journalisten antworteten mit Schweigen. Im Raum gab es nicht eine einzige Person, die auf Fragen nach Details zu dem Mord verzichten wollte, da eine ausweichende Antwort auch eine Antwort war, die man zitieren und interpretieren konnte.
»Okay«, sagte Kärnlund. »Der ehemalige Gemeinderat Wiljam Åkesson wurde heute Mittag um ein Uhr tot aufgefunden. Er ist durch äußerliche Gewaltanwendung ums Leben gekommen. Alle anderen Möglichkeiten mussten wir ausschließen. Ich kann auch verraten, dass er erschossen wurde, möchte aber nicht näher darauf eingehen, wie oder mit welcher Waffe. Der Mord wurde vor ungefähr einer Woche verübt, so viel konnte der Gerichtsmediziner bereits sagen, obwohl es noch zu früh ist, den genauen Zeitpunkt zu bestimmen. Sobald wir ihn kennen, werden wir Sie es wissen lassen, denn wir erhoffen uns dadurch, Zeugenaussagen zu den Geschehnissen zu erhalten. Im Augenblick haben wir noch keinen Verdächtigen, wir befinden uns noch am Anfang der Ermittlungen. Mehr kann ich Ihnen momentan nicht sagen.«
Oskar Kärnlund wurde mit Fragen überschüttet, aber schließlich gelang es Jesper Pärsson, sich Gehör zu verschaffen.
»Wieso können Sie jede andere Todesursache ausschließen?«
»Wegen der Umstände«, antwortete Kärnlund. »Aber Sie kriegen keine Details aus mir heraus, egal, wie viele Fragen Sie stellen.«
»Mit wie vielen Schüssen ist er umgebracht worden?«, fuhr der Reporter vom Aftonbladet fort.
Oskar Kärnlund schaute eine Weile schweigend auf den Tisch.
»Mit einem«, sagte er schließlich.
»Wir bedanken uns für das Detail«, erklärte Jesper Pärsson. Dann hob er die Stimme, um das Wort nicht zu verlieren. »Gibt es etwas, das auf einen politischen Mord hindeutet?«
»Zu früh für eine Antwort«, sagte Kärnlund.
Nachdem er Fangfragen ausgewichen und belanglose, allgemein gültige Antworten auf die zahlreichen Fragen der übrigen Reporter gegeben hatte, machte Oskar Kärnlund Anstalten, die Pressekonferenz zu beenden. Er legte die Handflächen auf den Tisch, sein übliches Signal, dass er sich erheben und gehen wollte.
»Noch eine Frage«, bat Jesper Pärsson. »Ist die IT-Polizei mit im Ermittlungsteam? Elina Wiik, meine ich.«
Kärnlund schaute den Journalisten erstaunt an.
»Ja, das ist sie. Wieso?«
»Wollte ich nur wissen.«
»Herr im Himmel, die Arme. Sie ist ein Medienstar geworden«, murmelte Kärnlund vor sich hin, als er den Raum verließ.
5
John Rosén und Elina beschlossen, noch am selben Abend eine erste Besprechung einzuberufen. Beide wussten, dass sie die goldene Chance, den Mörder zu fassen, verpasst hatten. Die Zeit arbeitete gegen sie. Die ersten vierundzwanzig Stunden nach einem Mord waren die wichtigsten. Die Zeit, in der sich der Mörder auf der Flucht vor seiner Tat befand, physisch und psychisch, die Zeit, in der er häufig nicht klar denken konnte und deswegen am ehesten Fehler machte. Aber wahrscheinlich war seit dem Mord an Wiljam Åkesson bereits eine Woche vergangen; vielleicht war er am selben Tag geschehen, an dem er als Gemeinderat verabschiedet worden war. Sie hofften, einen genaueren Zeitpunkt zu erfahren, wenn sie mit Menschen aus Åkessons Umgebung gesprochen und der Gerichtsmediziner sein Gutachten abgeschlossen hätte.
Henrik Svalberg und Erik Enquist saßen schon in John Roséns Zimmer. Nach der Pressekonferenz hatte Oskar Kärnlund die beiden verständigt und sie waren sofort ins Polizeipräsidium geeilt. Elina Wiik hatte im Sommer vor einem Jahr mit beiden zusammengearbeitet. Svalberg, einige Jahre jünger als Elina mit ihren dreiunddreißig, war ihr Partner bei der Ermittlung im Mordfall Bertil Adolfsson gewesen, während Enquist mit der Brandstiftung im Bürgerhaus beschäftigt gewesen war, einer Ermittlung, an der sie zu Anfang auch mitgearbeitet hatte. Daraus hatte sich ihr erster Mordfall entwickelt, den sie gelöst hatte. In Svalbergs Gesellschaft fühlte sie sich wohl. Da er frei von Geltungssucht war und sich ihrer Führung unterordnete, waren sie hervorragend miteinander ausgekommen.
Enquist kannte sie nicht näher. Normalerweise arbeitete er bei der Kripo in Hallstahammar, aber Kärnlund holte ihn immer dann ins Team, wenn Spezialgruppen gebildet werden mussten, um schwierige Fälle zu lösen. Daraus ließ sich wohl ableiten, dass er ein überdurchschnittlich guter Polizist war. Bei den Ermittlungen im Fall der Brandstiftung war es zu
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