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Elixir

Elixir

Titel: Elixir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Duff
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noch mehr Fotos durch: Bilder von mir als Kleinkind, als Kind, als Elf- oder Zwölfjährige… immer erst ein normales Bild, dann eine Vergrößerung, die denselben alterslosen Mann zeigte. » Dein Dad meinte, am Anfang hätte er schrecklich Angst um dich gehabt«, fuhr Ben fort, während er weiterblätterte, » vor allem, weil er mit niemandem darüber reden konnte. Er wusste, dass deine Mom ihn für verrückt erklären würde. Als du ein paar Jahre alt warst und nichts Schlimmes geschah, war er noch immer ziemlich verunsichert, aber er machte sich nicht mehr ganz so große Sorgen.«
    » Warte«, sagte ich und legte meine Hand auf den Bilderstapel. » Das hier habe ich gemacht.«
    Es war mein erstes richtig gutes Foto und ich hatte es an meinem achten Geburtstag aufgenommen. Wir waren auf Hawai und ich hatte mir einen Ausritt am Strand bei Sonnenuntergang gewünscht. Mom hatte begeistert zugestimmt. Bei dem Ausritt hatte ich ein wunderschönes Bild von ihr, Dad und Rayna hoch zu Ross vor der untergehenden pinkfarbenen Sonne gemacht.
    » Ich weiß«, sagte Ben. » Dein Dad erzählte mir, dass er sich gefragt hat, ob der Typ auch auf Bildern auftauchen würde, die du geknipst hast. Also hat er immer mal wieder deine Aufnahmen unter die Lupe genommen. Und tatsächlich…«
    Er blätterte zum nächsten Foto weiter: einer Vergrößerung desjenigen, das ich so gut kannte, doch nun lag der Fokus auf dem Horizont weit hinter meiner Mutter, meinem Vater und Rayna. Dort ragten mehrere spitze Felsen aus dem Wasser, auf denen niemand anders saß als der Mann.
    Es dauerte eine Weile, bis ich meine Stimme wiederfand. » Dann ist dieser Typ also… dieses…« Fast hätte ich Bens Begriff » Phantom« benutzt, doch das Wort blieb mir im Halse stecken. » …dann ist er schon immer auf meinen Bilder gewesen?«
    Ben nickte. » Auf Fotos, auf denen du bist, und auf denen, die du gemacht hast. Nicht auf allen, aber wahrscheinlich noch auf viel mehr als diesen hier. Dein Dad hat nur die untersucht, die irgendwie seine Aufmerksamkeit erregt haben, genau wie die von deiner Reise auch dich besonders fasziniert haben.«
    » Aber… wie kommt es, dass ich ihn all die Jahre nicht bemerkt habe?«
    » Keine Ahnung. Vielleicht solltest du es noch nicht bemerken.«
    » Es?«
    Ben kramte in Dads proppenvollem Bücherregal herum, dann zog er einen dicken Wälzer mit rissigem rotem Ledereinband und vergilbten Seiten heraus.
    » Was ist das?«, fragte ich, als er das Buch auf den Tisch wuchtete. Auf dem Einband war kein Titel, nur ein großer, geprägter Kreis.
    » Das wird dir nicht gefallen«, warnte mich Ben. » Der Kreis ist das Symbol des ewigen Lebens. Das Buch ist eine Einführung in die Geisterwelt. Dein Vater meinte, dort die Antwort auf seine Fragen zu finden.«
    Ich sah Ben von der Seite an, aber er nickte zu dem Buch. Also öffnete ich es behutsam. Es war von Hand gebunden und hatte leicht unterschiedlich große Seiten, auf denen die Schrift nicht ganz gerade stand. Die altertümlichen, verschnörkelten Buchstaben waren dick und schwer zu lesen, viel auffälliger jedoch waren die von Hand gezeichneten Bordüren und Illustrationen. Ich schlug eine Seite auf, in der ein Lesezeichen lag. Sie zeigte das Bild eines unfassbar schönen geflügelten Mannes mit weit ausgebreiteten Schwingen, der beschützend auf ein Baby in einer Korbwiege herablächelte. Neben dem Baby klebte ein kleines Post-it, auf das Dad gekritzelt hatte: » Clea???«
    Ich sah Ben an.
    » Kannst du die Überschrift entziffern?«, fragte er.
    Ich studierte die verschnörkelten Buchstaben.
    » Schutzengel?«
    Ben nickte. » Das war Grants Hoffnung– dass der Mann dein Schutzengel ist und dich vor Unheil bewahrt.«
    Ich lächelte, als ich daran denken musste, dass er mich in meinen Träumen auch immer beschützen wollte. » Das ergibt Sinn«, sagte ich nachdenklich, um dann schnell hinzuzufügen: » auf eine völlig unmögliche und verrückte Art und Weise.«
    Ben wiegte den Kopf, als könne er nur schwer entscheiden, was er denken sollte. » Dein Vater war nicht ganz sicher.«
    Er wies wieder auf das Buch und ich bemerkte ein weiteres Lesezeichen. Ich schlug die Seite auf und sog die Luft ein. Auch hier war ein geflügelter Mann abgebildet, doch diesmal in verschiedenen Rottönen. Er hatte den Körper eines Gottes, doch sein Gesicht war monströs und er grinste heimtückisch und lüstern auf eine unschuldig schlafende Frau herab. Seine Arme waren weit ausgebreitet und jeder

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