Elixir
ihn Sage nennen. Er ist mein neuer Freund!«, flötete Rayna plötzlich, schlang ihren Arm um Sage und drückte ihn an sich. Man musste es Sage hoch anrechnen, dass er nur für den Bruchteil einer Sekunde überrascht aussah.
Wieder so eine Sache, die ich der langen Liste der Dinge, die ich an Rayna so liebe, hinzufügen musste. Sie wusste genau, was ich dachte, und hatte die eine Antwort gefunden, die mich vom Haken ließ.
» Wirklich!«, rief Mom bedeutungsvoll. » Dann sollten wir reden.« Sie wandte sich an ihre Gäste und fragte: » Gentlemen?«
Ohne zu zögern, stimmten all die Senatoren und der israelische Außenminister zu, dass der nächste Punkt auf ihrer Tagesordnung definitiv eine Debatte über Sages Eignung als Partner für Rayna sein sollte. Als Mom Sage und Rayna an der Hand nahm und zum Sofa dirigierte, wo zwei Senatoren für sie Platz machten, warf Sage mir einen dermaßen leidenden Blick zu, dass ich fast laut gelacht hätte.
» Ben und ich sind bald wieder zurück«, sagte ich. » Wir müssen uns um die Angelegenheiten von Alissa Grande kümmern.«
» Aber macht nicht zu lange«, rief Mom mir nach, als wir das Zimmer verließen. » In ein paar Stunden fliegen wir nach Washington zurück und ich will vorher noch ein bisschen was von dir haben. Ich weiß schon kaum mehr, wie du aussiehst.«
Ich versprach ihr, mich zu beeilen, und Ben und ich machten uns schnell davon. Das Letzte, was wir hörten, war, wie Senator Blaine sich räusperte und sagte: » Nun, Sage… was haben Sie persönlich für Ansichten über Frauen– so Sie denn welche haben–, die in Konflikt geraten könnten mit Ihrer Verpflichtung, Rayna stets mit dem gebotenen Respekt zu behandeln?«
» Vielleicht war er schon mit ganzen Horden militanter, durchgeknallter New-Age-Jünger konfrontiert«, flüsterte ich Ben zu, » aber ich wette, das ist seine erste Anhörung vor dem Senat.«
» Es ist eine grausame und ungewöhnliche Strafe, Clea«, sagte Ben lächelnd, » aber sie gefällt mir.«
» Ich denke, dass alles, was irgendwie mit dem Elixir des Lebens zu tun hat, in Dads Studio sein sollte, oder?«, fragte ich,
Ben nickte. » Lass uns dort anfangen.«
Wir gingen hinunter ins Studio, öffneten die Tür und starrten auf Berge von Papier, Büchern und Ordnern.
» Damit kann man sein ganzes Leben zubringen«, murmelte ich.
» Wir müssen eben clever vorgehen. Zuerst nehmen wir uns die Dinge vor, die direkt in Zusammenhang mit dem Elixir stehen. Ich rufe die Computerdateien auf, damit du sie durchgehen kannst, und ich knöpfe mir die handschriftlichen Notizen vor.«
» Dann sehen wir alles nach irgendeinem Hinweis auf eine dunkelhäutige Frau durch?«, fragte ich.
» Eine dunkelhäutig Frau?«
» Na ja, Sage sprach doch von einer › dunklen Dame ‹ , einer Dark Lady. Ich kann mir zwar beim besten Willen nicht vorstellen, dass Dad sich so ausgedrückt haben soll… dass überhaupt jemand das so sagt, aber gut, Sage kommt eben–«
» Sage kommt eben, was?«, fragte Ben.
Ich hatte gerade sagen wollen, dass Sage höchstwahrscheinlich aus dem sechzehnten Jahrhundert stammte. Da konnte man sich schon mal einen Ausrutscher leisten, wenn es um die passende Ausdrucksweise ging. Doch ich hatte Ben noch nicht in diese Theorie eingeweiht und jetzt hatten wir definitiv keine Zeit dafür.
» Sage hat es wohl mit eigenen Worten ausgedrückt«, meinte ich schnell. » So muss es sein.«
» Stimmt. Das ergibt Sinn. Also eine Frau, die nicht hellhäutig ist.«
Alle Dateien über das Elixir des Lebens waren nun aufgerufen und ich ging sie durch, während Ben in den Notizbüchern blätterte.
Nach zwei Stunden hatten wir alle möglichen Informationen über das Elixir gefunden, über seine Geschichte und seine Kräfte. Ich hatte sogar eine Datei über die zwei Gruppierungen entdeckt, von denen Sage uns erzählt hatte: die Verfluchte Vergeltung und die Retter des Ewigen Lebens.
Die Verfluchte Vergeltung hieß so, weil die Mitglieder glaubten, dass durch das Elixir seit Generationen ein Fluch auf ihrer Blutlinie lastete. Wenn sie das Elixir fanden und zerstörten, so dachten sie, könnten sie den Bann brechen und wären gerettet. Die Retter des Ewigen Lebens wollten das Elixir genau aus dem entgegengesetzten Grund: Sie hielten es für ihre Pflicht, es zu bewahren und zu entscheiden, wie man seine Kräfte am besten nutzen sollte.
Dads Datei untermauerte Sages Aussage, dass beide Gruppen ihren Ursprung in der Renaissance hatten und
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