Elixir
durchdringender Blick wurde immer strenger, bis er darunter einknickte… und dreimal ausspuckte. Piri lächelte zufrieden, öffnete die Tür und bat Sage mit einer einladenden Geste herein. Dann folgte Ben, der sich zu Piris Ohr hinunterbeugte und ihr zumurmelte: » Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre natürlich ich als Erster eingetreten.«
» Du bist eben ein kluger Junge«, sagte Piri und tätschelte ihm die Wange. Im Haus begrüßte sie uns endlich richtig mit Umarmungen, die einen fast erdrückten, und Küsschen auf beide Wangen.
Als sie uns zum Lunch führte, das in einem anderen Zimmer stattfand, trumpfte Ben vor Sage auf: » Weißt du, ein echter Europa-Gelehrter würde sich auch mit althergebrachtem Aberglauben auskennen.«
Sage zog eine Grimasse.
Moms Party war nicht sonderlich groß, doch allein aufgrund der geballten Macht der anwesenden Persönlichkeiten fühlte es sich an, als wäre das ganze Zimmer voll. Wie so oft war Mom die einzige Frau. Ihre Gäste bestanden aus sieben Spitzenvertretern des Amtes für auswärtige Beziehungen des Senats und einem Mann, den ich bestimmt hätte erkennen müssen, aber nicht zuordnen konnte– vermutlich der israelischer Diplomat. Sie machten sich über Tabletts her, die unter dem Gewicht traditioneller ungarischer Vorspeisen wie lángos (Brotfladen mit Knoblauch, Sauerrahm und Käse), diversen Variationen von pogacsa (deftigem Hefegebäck), körözött (Käsedip mit ungarischer Paprika) und fasirt (Fleischbällchen) ächzten. Alle saßen– bis auf meine Mutter, die im Mittelpunkt stand und eine schillernde Geschichte über einen Ausritt mit einem anderen ausländischen Diplomaten zum Besten gab.
» Ich drehe mich also um und sein Hemd ist weg!«, rief sie. » Sogar das Pferd war verblüfft, aber die Presseleute haben sich natürlich wie die Aasgeier darauf gestürzt und ein Bild nach dem anderen geschossen. Dann schlägt er sich auf die Brust, schreit: › Kräftiger Oberkörper, man nennt mich auch Kräftiger Oberkörper! ‹ , und fordert mich zum Ringkampf heraus!«
Alle lachten und sie verdrehte theatralisch die Augen. Senator Blaine aus Delaware, der beste Freund meiner Mutter im Komitee, gab ihr das Stichwort, auf das sie gewartet hatte.
» Und? Haben Sie es gemacht?«
» Zur Hölle, ja! Ich habe ihn innerhalb von zehn Sekunden niedergerungen.«
Alle lachten noch lauter. Mom hob ihr Schnapsglas, um ihnen zuzuprosten, und schüttete ihren pálinka, den ungarischen Brandy, den Piri zur Feier des Tages herausgeholt hatte, in einem Zug hinunter. Sie verbeugte sich, als alle applaudierten, und ließ sich dramatisch auf ihren Platz fallen.
Dann entdeckte sie mich.
» Clea!«, rief sie. » Komm her!«
Ich grinste, lief zu ihr und sie schloss mich fest in die Arme. » Ich habe dich vermisst, meine Kleine!« Sie drehte mich, die Hände auf meinen Schultern, zu den anderen um. » Ich bin sicher, Sie erinnern sich an meine wunderbare Tochter Clea, für die wir alle eines Tages arbeiten werden. Clea, die Senatoren kennst du und das ist Imi Sanders, der israelische Außenminister.«
» Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen«, sagte ich und schüttelte ihm die Hand.
» Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite«, erwiderte er.
» Natürlich kennen Sie auch Rayna«– Mom wies auf sie– » und Cleas Freund Ben und…« Sie warf einen misstrauischen Blick auf Sage. » Wer ist denn dieser junge Mann?«
Schnell wie der Blitz spielte ich alle Erklärungsmöglichkeiten für Sages Anwesenheit durch, doch Moms Blick nach zu urteilen, hatte sie sich schon ihre Meinung gebildet und war davon auch nicht mehr abzubringen– selbst wenn ich behauptete, er wäre nur ein Bekannter. Und wenn sie ahnte, dass er mir gefiel, würde nicht mal ein Geschäftsessen mit hochrangigen Politikern sie davon abhalten, uns hier und jetzt an den Tisch zu bitten und Sage vor aller Augen auf den Zahn zu fühlen, um seine Abgründe sofort aufzudecken. Vermutlich würde sie sogar ihre Gäste dazu ermutigen, mitzumachen und ich wusste, sie würden sich nicht lange bitten lassen– ich hatte es bei Raynas Freunden miterlebt.
Das Problem war, ich wollte nicht den ganzen Tag hier bei Moms Lunch festsitzen. Ich musste Dads Sachen durchgehen und wollte fertig sein, ehe der israelische Außenminister und seine Bewacher vom Secret Service das Haus verließen und damit wieder Tür und Tor für die Rückkehr weniger willkommener Besucher offen standen.
» Das ist Larry Steczynski. Du kannst
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