Elixir
urteilen, wurde sie nicht enttäuscht.
» Die beiden wären ein schönes Paar«, sagte Ben und nickte mit dem Kopf zu Sage und Rayna. » Findest du nicht?«
Ich begnügte mich mit einem unverbindlichen » Hmm«.
Im Auto setzte ich mich neben Rayna auf den Vordersitz. Nur mit den Augen fragte sie mich, ob Sage mir gehörte. Ich bedeutete ihr mit einem leichten Naserümpfen und einem Schulterzucken, dass die Sache kompliziert war. Sie nickte– sie hatte verstanden– und verdrehte dann die Augen, was heißen sollte, dass ich verrückt war, wenn ich ihn mir entgehen ließ. Die ganze Verständigung dauerte ungefähr eine Sekunde.
Auf der zweieinhalbstündigen Fahrt nach Niantic brachte ich Rayna auf den neuesten Stand– bis auf meine Träume und das, was ich in Sages Haus entdeckt hatte. Ich redete jede Menge wirres Zeug, aber Rayna steckte es ohne Mühe weg. Jetzt verstand sie wenigstens, warum wir bei unserer Ankunft zu Hause so vorsichtig sein mussten.
» Das ist perfekt!«, sagte sie. » Ihr hättet euch keinen besseren Tag aussuchen können.«
» Wie meinst du das?«, fragte ich.
» Deine Mom hat heute früh angerufen. Irgendein hohes Tier der israelischen Regierung ist gerade auf Staatsbesuch und sie haben beschlossen, dass sie bei einem spontanen, von Piri zubereiteten Lunch bei euch daheim am meisten erreichen.«
Verblüffend. So etwas konnte nur meiner Mutter einfallen– ein Last-Minute-Essen für eine Gruppe von Würdenträgern, deren Terminpläne vermutlich seit Monaten in Stein gemeißelt waren. Genau mit solchen einmaligen und unerhörten Aktionen hatte sie sich während ihrer Zeit in Washington einen Namen gemacht.
» Dann meinst du also…«, setzte ich an.
Aber Rayna beendete den Satz für mich, indem sie mit einem Lachen sagte: » Der Secret Service stand heute früh um sechs auf der Matte und hat das ganze Anwesen mit dem Mikroskop abgesucht. Und sie gehen erst wieder, wenn die Party vorbei ist. Falls sich irgendwo in der Nähe des Hauses gefährliche Leute herumgetrieben haben sollten, haben sie entweder längst die Fliege gemacht oder sie sitzen in Untersuchungshaft.«
» Wunderbar– ich hätte es nicht besser planen können.« Ich drehte mich auf dem Sitz um.
» Zieh dich warm an, Sage«, trällerte ich. » Ich garantiere dir, so etwas wie Piri und meine Mom in voller Aktion hast du noch nie erlebt.«
» Klingt beeindruckend«, meinte Sage.
Offenbar hatte er nicht die leiseste Ahnung. Der würde sich umschauen.
Rayna behielt recht. Der Secret Service hatte das Haus fest im Griff. Sie kannten Ben und Rayna, aber » Larry Steczynski« musste auf Herz und Nieren überprüft werden. Wenn es auch nur den geringsten Zweifel an der Echtheit seiner falschen Identität gäbe, würde der Ausweis jetzt einer gründlichen Prüfung unterzogen. Als Sage darauf wartete, dass der Secret Service seinen Pflichten nachkam, fragte ich mich, wie viel Aufschub ein kleiner Umweg von Sage über das Bundesgefängnis für unsere Mission, meinen Dad zu finden, wohl bedeuten würde.
» Er ist sauber«, sagte der leitende Agent schließlich.
Wunderbar, dann konnten wir ja reingehen. Sage wollte Rayna und mir höflich den Vortritt lassen.
» Bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist«, meinte ich, aber davon wollte er nichts hören. Rayna, Ben und ich tauschten ein wissendes Lächeln aus, dann zuckte ich mit den Schultern und trat über die Schwelle, was augenblicklich den Piri-Alarm auslöste. Keine Ahnung, woher sie es immer wusste– sie war schließlich ein gutes Stück entfernt in der Küche gewesen. Doch sobald ich die Eingangshalle betrat, preschte sie heran, fuchtelte mit den Armen durch die Luft und stieß einen hohen Schrei aus.
» AIIIIIIEEEEEEEE !!«
» Er hat mich dazu gewungen, Piri«, sagte ich und schubste Sage mit Freuden unter den Bus. » Ich habe versucht, ihm zu erklären–«
Obwohl sie ihm kaum bis zur Brust reichte, baute Piri sich vor Sage auf und pikste ihm den Finger in die Brust, um jedem ihrer Worte Nachdruck zu verleihen. » Niemals lässt man eine Frau vor dem Mann ein Haus betreten! Bringt viel Pech! Und dann auch noch, wenn die Senatorin hohen Besuch hat. Eijeijei!«
Sie schob uns wieder rückwärts hinaus und spuckte dreimal auf die Veranda (wobei sie den Schuh eines der Geheimagenten nur knapp verfehlte), dann wandte sie sich an Sage und verlangte, dass er es ihr nachtat.
» Ich möchte nicht auf Cleas Veranda spucken«, wagte Sage einzuwenden, doch Piris
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