Elixir
wiedererstarkt waren, als Dad die Phiolen gefunden hatte. Die Mitglieder beider Gruppierungen waren über die ganze Welt verstreut, hielten jedoch über mehrere verschlüsselte Websites engen Kontakt. Mein Vater besaß eine Liste mit den Seiten und von einer hatte er sogar den Zugangscode herausbekommen. Ich loggte mich ein. Es war im Grunde ein Chat-Forum, in dem die Mitglieder Informationen austauschen konnten. Die Beiträge waren ziemlich sporadisch– es hatte den Anschein, als wäre diese Seite nicht gerade der Hauptdreh- und Angelpunkt der Gruppe. Trotzdem druckte ich die Adresse und den Code aus. Es konnte nicht schaden, so viel Information wie möglich über unsere Feinde zu haben.
Leider war weder Ben noch mir irgendein Hinweis über eine dunkelhäutige Frau untergekommen und langsam wurde die Zeit knapp. Moms Party und der Schutz, den sie uns bot, konnte sich jederzeit dem Ende zuneigen.
» Das ist verrückt. Wir kommen einfach nicht weiter«, sagte ich.
» Ich weiß.« Ben sah erschöpft und zerzaust aus und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. » Wir müssen anders an die Sache rangehen.«
Wir dachten nach… aber ohne Ergebnis.
» Okay«, überlegte ich schließlich laut. » Vielleicht ist diese Dark Lady eigentlich gar keine Person, sondern ein Codewort.«
» Ein Codewort?«
» Wäre doch möglich. Die Buchstaben könnten für andere Buchstaben stehen. Oder sie sind Teil eines Akrostichons, sodass jeder Buchstabe für den Anfangsbuchstaben eines anderen Wortes steht. Keine Ahnung… ich denke nur laut… ich werde langsam müde… vielleicht sollte ich doch mit dem Kaffeetrinken anfangen.«
» Nein, nein, das ist gut. Ein Code ist gut. Es könnte sogar ein Hinweis auf etwas aus der Literatur sein. Die Literatur ist voller Codes. Wie Shakespeares Sonette.« Plötzlich starrte Ben mich an, als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen. » Oh mein Gott!«
» Was?«
» Shakespeares Sonette! Die dunkle Dame! Er hat siebenundzwanzig Sonette über eine Frau geschrieben, die er Dark Lady nannte! Warum ist mir das nicht früher eingefallen?!«
» Ja!«, rief ich begeistert. » Dad war vor seinem Verschwinden geradezu besessen von Shakespeare!«
Ben und ich sahen uns einen Moment lang an, dann gruben wir uns beide in Dads Stapel und durchwühlten sie auf der Suche nach seinen Büchern über Shakespeare. Er hatte sich darin Notizen gemacht und Stellen markiert, von denen sich die meisten auf die Dark Lady bezogen, doch es fand sich nichts, was wir verwenden konnten. Nur jede Menge Sternchen, Pfeile und Unterstreichungen.
» Da steht immer wieder › vergleiche Ordner ‹ «, sagte ich zu Ben.
» Stimmt.« Er hob den Kopf und sah mich an. » Ordner im Computer?«
Ich rannte zurück zum Monitor und wir überflogen die Ordner, bis wir einen fanden, der » Shakespeare« hieß. Darin befand sich wiederum ein Ordner » Dark Lady« und darin ein Word-Dokument namens » DLLXR .doc«.
» D ark L ady L-X-R … Dark Lady Elixir!«, schrie ich.
» JA !«, jubelte Ben und wir nahmen uns die Sekunde und klatschten uns albern ab, bevor wir die Datei öffneten.
»› Diese Datei ist mit einem Passwort geschützt ‹ «, las ich.
» Nein!«, stöhnte Ben.
» Passwörter…«, murmelte ich. » Was sind Dads Passwörter? Er hat sich all seine Passwörter notiert, er konnte sich so was nie merken. Suchst du und ich probiere ein bisschen rum?«
Ben wusste, wie mein Vater seine Passwörter aufbewahrt hatte: auf kleine Aufkleber gedruckt, die er auf die Innenseiten von Schubladen und Schränken klebte. Ben zog alle auf und notierte sie, während ich alle möglichen Passwörter testete, die mir in den Sinn kamen. Ich versuchte verschiedene Kombinationen meines Namens, den meiner Mutter und meines Vaters, von Rayna und Ben, das Gründungsdatum von GloboReach, Moms und Dads Hochzeitstag…
» Nichts. Ich komme nicht weiter«, maulte ich frustriert. » Und jetzt?«
» Warte, ich habe ein paar«, meinte Ben und las mir eine Liste von über zwanzig Passwörtern vor. Keines davon war richtig.
» Das nervt! Die einzige Datei auf dem ganzen Computer, die passwortgeschützt ist!«
» Genau«, sagte Ben. » Überleg mal: Warum hat Grant ausgerechnet diese Datei geschützt?«
» Um seiner Tochter und ihrem besten Freund das Leben schwer zu machen?«
» Gut geraten, aber eher nicht.«
» Weil sie wichtig ist.«
» Richtig«, sagte er. » Dein Dad glaubte an das Elixir. Es bedeutete ihm alles– wer es findet,
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