Elizabeth II.: Das Leben der Queen
technische Moderne gefunden.
Diana, die Außenseiterin, mit der so etwas wie Überdruss an der Monarchie sich einzunisten begann oder zumindest gefährliche Indifferenz, hat letztlich dem Königshaus nur zu neuer Stabilitätverholfen. Aufstand und Adaption, Rebellion und flexible Antwort – auf diesem Gesetz beruht britische Fortschrittsgeschichte. Innerhalb derselben gebührt Diana Spencer, der unvergessenen Lady Di, ein Ehrenplatz. Ist nicht auch die Öffnung der royalen Heiratsoptionen zur bürgerlichen Klasse hin wie im Falle der Familie Middleton eine Spätwirkung von Prinz Williams Mutter, von der die «Times» schrieb, in ihr habe die Welt eine neue Monarchie gesehen, «spontan und ansprechbar, unbesorgt um das Protokoll, besorgt um die Menschen»? Poetischer hatte es Dianas Bruder, Earl Spencer, in der Eloge auf seine Schwester während des Requiems in der Westminster Abbey formuliert: «Wir werden auf dem Weg fortfahren, den du deinen beiden Jungen gewiesen hast, sodass ihre Seelen nicht einfach nur in Pflicht und Tradition versinken, sondern in aller Offenheit singen können, wie du es geplant hast.» In diesem Sinne legt Prinz William mit Catherine Middleton gleichsam seine erste Gesangsprobe ab, ein neuer Ton in der Partitur von Kontinuität und Wandel der britischen Königsgeschichte.
XIII
Elizabeth, die Erben und die Zukunft der Monarchie
«Die königliche Republik Großbritannien.»
David Starkey, Historiker, 2010
«Wenn alles bleiben soll, wie es ist,
muss sich alles ändern.»
Giuseppe Tomasi di Lampedusa,
«Der Leopard», 1954
«Die Monarchie steht für die dauerhafte Stabilität der Nation,
sie übersteigt das Ebben und Fluten der Parteipolitik.»
Statement auf der Website des Buckingham Palastes
Die Wolken, die sich in den 90er Jahren bedrohlich über dem Royal House of Windsor zusammenballten, haben sich verzogen, wenn nicht aufgelöst. Wir schauen auf diese Periode fast schon wie auf ein Stück Vorzeit, vielleicht keine graue, aber doch eine lang zurückliegende. Das Tempo des Wandels reißt die Menschen mit sich fort, lässt Erinnerungen verblassen, neue Horizonte entstehen, in immer rascherer Abfolge. Für das Staatsoberhaupt, die Queen, liegt in all dem die Bestätigung einer alten Weisheit: Wenn man lange genug lebt, erlebt man alles, auch das Gegenteil. Die Windsors haben von verehrt über belächelt bis verachtet alles durchmessen, was einer königlichen Familie widerfahren kann, der Queen ist buchstäblich nichts erspart geblieben, auch nicht die Folgen der eigenen Mängel als schweigende, sich nicht engagierende Mutter. Auch das ist jetzt Vorzeit.
Daher scheint die Gunst des Schicksals, das ihr heute lacht, nur verdient. «Per aspera ad astra», über raue Pfade zu den Sternen. Das spiegelt sich auch in den Gesichtszügen der Monarchin, man spürt so etwas wie existentielles Aufatmen – sie wirkt entspannt, heiter, manchmal fast jünger als ihr ältester Sohn, der Thronfolger. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass sich Vitalität, wenn die Gesundheit mitspielt, stärker an der Spitze erneuert als im zweiten Glied, dass die Motivation sich leichter auflädt beim Chief Executive als beim ewigen Stellvertreter. Von der Hochzeit des Enkels, Prinz William, mit seiner großen Liebe Catherine strahlte viel genuiner Glanz auf das Königshaus und die Königin ab. Das Feld der Thronfolge ist bestellt, auf viele kommende Jahre hinaus, und was am Überraschendsten ist: auch mit einer offensichtlich glücklichen Ehe des übernächsten Erben. Lange Zeit galten Elizabeth und Philip unter den Windsors als der einzige Fall einer intakten, sicher verankerten Ehe. Der Herzog und die Herzogin von Cambridge könnten diese Singularität von den Schultern der Queen und Prinz Philips nehmen, wenn sie es richtig anstellen, woran niemand zweifelt. Auch das trägt zur Heiterkeit der 85-Jährigen an der Seite ihres mit 90 Jahren sehr robusten Prinzgemahls bei.
Hinzu kommt, dass die Queen laufend weitere Meilensteine ihrer Ära zurücklegt. So hatte sie in fast 60 Jahren auf dem Thron 129 Länder der Erde besucht – aber Irland, die Republik Irland, vor den Toren der britischen Insel, noch nie. Aus den bekannten Gründen: Die Art, mit der sich England seit Oliver Cromwell in der Geschichte der brutal unterdrückten Iren eingeschrieben hatte, hat keine glücklichen Erinnerungen auf der grünen Insel hinterlassen. Aber selbst diese Wunde ist dabei zu verheilen, die Zeit bleibt nicht stehen – wenn
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