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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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Ausdruck einer neuen Gefühlskultur so populär geworden ist, klingt ein wenig von jener Magie des Taktilen an. Damit ist der
stiff upper lip
in der britischen Psychologie ein Stück emotionale Moderne an die Seite gestellt worden.

    Als Elvis Presley im Juli 1977 starb, soll ein Direktor des amerikanischen Unterhaltungsimperiums RCA spontan ausgerufen haben: «Was für ein Karrieresprung!» In der Tat kommt der Tod in Lebensläufen, denen nicht mehr zu helfen ist, oft einer Erlösung gleich. Er verwandelt, was vom Scheitern bedroht ist, in den Ruhm einer gemeißelten Legende. Diese altert nicht, vererbt sich von Generation zu Generation, ist der Abnutzung entzogen. Wer die Prinzessin von Wales war, kommt in der Ikone, die sie endgültig durch den Tod wurde, nicht mehr recht zum Vorschein. Eine Denkschule bekämpft die andere um die Deutungshoheit über Diana als Person: Manipulativ, doppelzüngig, neurotisch nennen sie die einen; herzlich, mitfühlend, menschlich die anderen. Dieser Zank ist kaum zu schlichten. Allein dass er andauert, spricht für die Faszination der Person, um die er sich dreht. Wesentlicher als ein «Endergebnis» der biografischen Deutungen ist die Frage, was Diana Spencer, Spross einer der ältesten Adelsfamilien der Insel, in der Zeitgeschichte Großbritanniens bedeutet und woran man erkennen kann, was sich mit der von ihr hinterlassenen Spur geändert hat.
    Eine interessante Antwort darauf hat Tony Blair gegeben, in Tina Browns Buch «Diana – Die Biografie». Auf die Frage der Autorin, ob Diana einen neuen Weg gefunden habe, königlich zu sein, antwortet Blair dort: «Nein, Diana hatte uns einen neuen Weg gewiesen, britisch zu sein.» Dass der Gründervater von New Labour so denkt, ist zunächst einmal Ausdruck seines verständlichen Wunsches, Diana für sich und seine Ära zu reklamieren. In seiner 2010 erschienenen Autobiografie geht Blair sogar weiter, mit einem erstaunlichen Vergleich zwischen sich und der Prinzessin von Wales: «Wir waren beide, jeder auf seine Weise, Manipulatoren – geschickt in der Auffassung von Gefühlen anderer und instinktiv geneigt, auf dieser Klaviatur zu spielen.» Man mag solche Geständnisse peinlich nennen, Ausdruck eines übersteigerten Ich, ein Wort zu viel, auch wenn Blair mit der Kunst seiner «Manipulation» politische Durchbrüche erzielen konnte wie in Nordirland. Aber Blairs Worte sind der authentische Kammerton von New Labour und gehörenzu dem Zeitgeist, dessen Vorläufer Diana wurde – nonkonformistisch, dem Staub von Formalitäten abhold, lebensoffen, Grenzen überschreitend, der Geist der «Me-Generation», der Starkult.
    Bereits 1985 hatte Tina Brown, mit einer guten Witterung für Trends, in einem Zeitschriftenbeitrag über den britischen Aufbruch «von der Aristokratie der Geburt zur Aristokratie der Enthüllung» geschrieben. Traditionalisten markieren mit diesem Paradigmenwechsel gerne den Abstieg in die Verbilligung, in die Celebrity-Kultur, und sie machen dafür gemeinhin die Prinzessin von Wales verantwortlich, die Flügelschläge ihrer irisierenden Persönlichkeit. Ein überflüssiger Streit. Unzweifelhaft steht Diana für «die Geburt der Moderne aus dem Geist der Celebrity», und in diesem Kapitel der britischen Kulturgeschichte leben wir noch heute.
    Dabei sind Wellen der Verehrung strahlender Figuren nichts Neues. Hollywood hatte früh seinen Starkult entwickelt. Auch die junge Elizabeth II., 1952 auf den Thron nachgerückt, bezauberte, wie in diesem Buch mehrfach beschrieben, die Zeitgenossen; später rückte Grace Kelly, die Herrin von Monaco, in die Sphäre der Anhimmelung auf, gefolgt von Jacqueline Bouvier, verheiratete Kennedy. John F. Kennedy stellte sich als frisch gewählter amerikanischer Präsident auf seinem ersten Staatsbesuch in Frankreich den Parisern mit den Worten vor: «Ich bin der Ehemann von Jacqueline Kennedy.» Das war mehr als ein Bonmot, vielmehr erwies der Präsident dem modernen Phänomen der globalen Celebrity die gebührende Reverenz. Hätte Prinz Charles die gleiche Souveränität besessen gegenüber der globalen Ausstrahlung seiner Ehefrau, wäre ihm viel Kummer erspart geblieben.
    Aber Diana war anders als diese Vorbilder. Mit ihr wurden Hürden eingerissen, sie stand nicht so sehr «da oben» als vielmehr «auf Augenhöhe». Genau deshalb verlor Charles ihr gegenüber die Fassung: Sie war seine Konkurrentin, überflügelte seine königliche Stellung spielend. Diana berührte nicht nur Aids- und

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