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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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von wem die Handschrift stammte. Dies war ihr Urteil, wie es Philip Ziegler uns in seiner Biografie über Edward VIII. überliefert: «Eine Frau mit einer stark männlichen Ausprägung, was Aktivität, Vitalität und Initiative angeht. Sie muss dominieren, muss Autorität ausüben und kann ohne genügenden Auslauf für ihre Macht ziemlich unangenehm werden. Sie ist ehrgeizig und verlangt vor allem, dass ihre Unternehmungen bemerkt und gewürdigt werden.»
    Der Prinz war wie benommen von Wallis, ihrer Autorität geradezu sklavisch unterworfen. «Sie hat ihn verhext», äußerte Baldwin später. Doch war mehr als sexuelle Hörigkeit im Spiel. Die Amerikanerin, keine Schönheit, von jünglinghaftem Körperbau, aber von starker Ausstrahlung, wie viele anerkannten, kam dem Thronfolgerin seinem tiefen Bedürfnis nach Befreiung von jeder Konvention entgegen. Frei von traditioneller britischer Höflichkeit, kannte Wallis keine Devotion gegenüber dem Thronfolger oder anderen Royals und belebte jede Konversation mit ihrer Scharfzüngigkeit. Keine Engländerin jener Zeit hätte sich solche Freiheiten herausgenommen oder herausnehmen dürfen wie Wallis Simpson. Schon im Spätherbst 1935 war der Königssohn bei sich im Klaren, wusste er, dass er diese Frau und keine andere heiraten wollte. Zu Neujahr 1936 schrieb er ihr: «I know we’ll have Viel Glück to make us one this year» – «uns eins werden zu lassen im kommenden Jahr». Der Prinz, der fließend Deutsch sprach, schmückte gerne seine
billets doux
an die Mätresse mit solchen deutschen Einsprengseln.
    Bei aller Hoffnung auf Glück hätte er freilich wissen müssen, dass sein Heiratswunsch mit der ungeschriebenen Verfassung des Landes kollidieren und er damit die Krone aufs Spiel setzen würde. Eine Geliebte, eine
maîtresse en titre,
wie die berühmte Alice Keppel, die bevorzugte Mätresse König Edwards VII. – das wäre tolerabel gewesen; im Wegschauen gegenüber solchen Verhältnissen waren die Briten groß. «Wäre sie eine respektable Hure, hätte ich nichts dagegen», verriet der Premierminister am Todestag von George V. dem Tory-Abgeordneten Duff Cooper. Umso eiserner die Ablehnung des Parlaments, der höchsten Machtinstanz im Lande, gegenüber der Heirat des Königs mit einer Geschiedenen. Wallis als Geliebte? Ja. Als Queen? Nein. Die Verfassung, auch die Kirche, dann die Dominien, die seit dem «Statut von Westminster» von 1931 das Recht hatten, bei konstitutionellen Fragen mitzubestimmen, war doch der Monarch in London auch ihr Monarch – eine geballte Phalanx der Ablehnung war zu erwarten, sollte der Thronfolger auf der Krone
und
auf Wallis Simpson als Ehefrau bestehen. Es zeigt die Traumverlorenheit Davids, dass er sich darüber nicht von Anfang an Rechenschaft ablegte.
    Aber nicht nur für sich selber wich er nüchterner Bilanz aus. Auch mit seinem Bruder oder irgendeinem anderen Mitglied der Familie tauschte er sich nicht aus. Der Herzog von York und seine Frau steuerten so ungewarnt den Stromschnellen entgegen und erhielten keine Chance, sich rechtzeitig auf den Ernstfall, die Übernahmedes Throns, vorzubereiten. In seiner bereits erwähnten Autobiografie, «A King’s Story» (1951), müssen dem Herzog von Windsor nachträglich Schuldgefühle gekommen sein, plädiert er doch geradezu um Verständnis dafür, dass er sich nicht früher seinem Vater und der Familie gegenüber eröffnen konnte. 1935 war das Jahr des silbernen Thronjubiläums von George V., der König erlebte Jubel und großen öffentlichen Zuspruch, eine Feier folgte der anderen, was den 70-jährigen Monarchen letztlich schwer erschöpfte; sein Ende folgte bald, im Januar 1936. In dieser Zeit, so schreibt der Windsor-Autobiograf, konnte er bei den laufenden Verpflichtungen des Königshauses kein privates Wort anbringen. Hat man je eine fadere Entschuldigung zu hören bekommen?
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    Der melancholische Blick: Der Herzog von Windsor und Wallis Simpson, die Herzogin von Windsor, am Tag ihrer Hochzeit auf Château de Candé (Frankreich), 3. Juni 1937 (Foto: Cecil Beaton)
    Als George V. unerwartet starb und der Prinz von Wales seinen Traum zerstört fand, er könnte noch Jahre des Verliebtseins zubringen ohne die Verpflichtungen des Throns, änderte sich seine Einstellung schlagartig. Als König wurde Edward VIII. bockig, erfüllt von dem Glauben, das Land seinen Wünschen, den Wünschen des Souveräns,

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