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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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dem Schloss bettete man auch Wallis Simpson 1986 zur letzten Ruhe. Die Frau an der Seite Georges VI. hat der Amerikanerin nie verzeihen können, dass Bertie ihretwegen gänzlich unvorbereitet die Krone übernehmen musste. Den Stress und die Strapazen, denen er dadurch ausgesetzt war, lastete die Schottin Wallis Simpson an und damit auch seinen frühen Tod im Alter von 56 Jahren. Für die spätere Queen Mother war Wallis «die Frau, die meinen Mann umbrachte».

    Die britischen Medien schwiegen über das, was sich spätestens seit Beginn 1936 anbahnte. Während man im Ausland, sofern es nicht zum Commonwealth gehörte, zumal in den USA, aber auch auf dem europäischen Kontinent, schon 1935 dazu überging, über die Affäre des Prinzen als eine
cause célèbre
eingehend zu berichten, herrschte auf der Insel totale Stille. Das wirkte besonders grotesk, als die Weltpresse breit über die Kreuzfahrt des Königs mit seiner Geliebten an Bord der «HMS Nahlin» ins östliche Mittelmeer, von der Adria über Griechenland bis nach Istanbul, berichtete. Die Reise begann im August 1936, als in Berlin gerade die Olympischen Spiele anhoben. Natürlich bekam der Hof in London alles
en détail
mit – dafür sorgte allein der Geheimdienst, der Wallis Simpson seit 1935 beschattete. Aber als Edward am 14. September zurückkehrte und seine Mutter, Queen Mary, noch am selben Tag zum Abendessen traf, brachte diese das Thema mit keinem Wort auf den Tisch.
    «War es nicht schrecklich heiß?», war so ziemlich alles, was die zugeknöpfte Queen von ihrem Sohn zum Thema erfahren wollte. Selbst ihrem Tagebuch vertraute sie nur an: «David kam heute zurück und sah sehr gut aus. We had a nice talk.» Eine die Monarchieerschütternde Krise steht vor der Tür – aber «wir hatten eine nette Unterhaltung». Das Schweigen der Windsors. Dabei besaß Queen Mary bereits mehrere sorgenvolle Briefe von Briten im Ausland sowie eine große Anzahl ausländischer Zeitungsausschnitte mit einschlägigen Berichten über die Lustpartie ihres Sohnes und der Amerikanerin. Aber darüber reden konnte sie nicht. Viel später reichte Queen Mary als Begründung nach, sie habe sich 1936 nicht in Edwards «Privatangelegenheiten einmischen» wollen. So argumentierte auch Elizabeth II., ihre Enkelin, immer wieder, wenn die Öffentlichkeit fragte, warum sie nicht früher in die sich abzeichnenden Krisen ihrer Kinder eingegriffen habe. Sie wollte nicht. Die Windsors leiden an einem großen Handicap: ihrer Sprachlosigkeit untereinander.
    In seinen Memoiren beschreibt der Herzog von Windsor das kuriose Treffen mit seiner Mutter als die Farce von einer Konversation über das Wetter. «Aber so banal redete die Mutter schon, wenn wir aus dem Unterricht kamen», fügt er hinzu. An solche Zurückhaltung fühlten sich außerhalb ihres Landes lebende Briten nicht gebunden. Einer von ihnen, der in den USA die «Nahlin»-Etappen minutiös in der Presse verfolgen konnte, schrieb empört nach Hause, da werde Großbritannien «reduziert von einem ernsten, würdevollen Königreich zu einer Schwindel erregenden Balkan-Musical-Komödie im Jazz-Rhythmus».
    Doch das eigentlich Frappante an der «Nahlin»-Episode war, dass kein Bericht darüber auf der Insel erschien, so dicht hielt der Ring der Verschwiegenheit. Auf Seite der Medien hatte das mit dem traditionellen Respekt vor dem Königshaus zu tun, dem man auf keinen Fall mit despektierlichen Berichten zu nahe treten wollte – das galt, man kann es sich heute kaum vorstellen, als schädlich für die Auflage. Fürwahr, eine andere Welt. Erstaunlich, was damals noch alles möglich war – zum Beispiel wurden Zeitungen aus den USA an den entsprechenden Stellen geschwärzt, oder der Zensor schnitt die Berichte einfach heraus, eine mühevolle Arbeit. Am Ende wurden amerikanische Presseerzeugnisse, wenn sie wieder einmal über Edward und Wallis schrieben, und das meist mit viel Sympathie für den König, einfach nicht mehr ins Land gelassen.Die «New York Times» rügte diese Praktiken als «die freiwillige Preisgabe journalistischer Freiheit».

    Es ist Mitte Oktober 1936, und der Verfassungskonflikt rückt immer näher. Wir erreichen an dieser Stelle das wichtigste Kapitel in der Biografie der modernen britischen Monarchie. Für den 20. Oktober ersucht Stanley Baldwin eine erste Aussprache mit dem König. Der Premierminister, in allen Dingen ein vorsichtiger Mann, nähert sich dem explosiven Zentrum der Krise mit äußerster Behutsamkeit. Von

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