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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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wegzustecken wusste, was zu Tränen verführen wollte, einschließlich eigener Rührungen oder Verletzungen. Offene Darstellung von Emotionen galt in England als Overstatement, bis die Post-Diana-Zeit eine komplette Umkehrung dieser Attitüde mit sich brachte. Elizabeth II. aber gehört noch zur alten Ära des emotionalen Understatement, einer Haltung, die private Probleme mit sich allein ausmacht und sie klaglos wegsteckt. Dahinter steht der viel bewunderte britische Stoizismus, das Flair der Weltreicherbauer – und ihr Handicap. Als Charles während seiner Marine-Ausbildung der Mutter einmal am Telefon seine Erschütterung über den Tod eines Kameraden mitteilte, meinte die Queen, zu Prinz Philip gewandt, «Charles muss wirklich härter werden» – «Charles really must toughen up».

    Einem Vater wie George V. gegenüber konnte David, der Älteste, keine Liebe empfinden. Die Beziehungen verschlechterten sich, als dem König die Liebschaften seiner Söhne zu Ohren kamen, bei David angefangen mit Freda Dudley Ward; aber auch Bertie, der damals noch nicht seine schottische Elizabeth gefunden hatte, bekam für seinen Lebenswandel königlichen Zorn zu spüren. An Freda schrieb der verliebte David am 21. Mai 1920 auf der Überfahrt von Neuseeland nach Australien:
    «Mein Gott! Wie mich meine verdammte Familie anwidert und ich sie verachte, wo Bertie mir gerade drei lange traurige Briefe geschickt hat mit Berichten, wie hart er angegangen worden ist wegen seiner Freundschaft zu der armen kleinen Sheila [Lady Loughborough, einer verheirateten Dame der Gesellschaft, bei der der Herzog von York sich gerade seine Hörner abstieß]. Und TOI et MOI bekamen auch unser Fett ab. Aber wenn seine Majestät glaubt, er könnte mich ändern, indem er Dich beleidigt, dann ist er dabei, den größten Fehler seines albernen nutzlosen Lebens zu machen [...] Gott verdamm’ ihn! Obwohl er mir irgendwie gut getan hat Sweetheart mit seiner extra Aufführung von Widerlichkeit Bertie und mir gegenüber da es mich von jeder Schwäche in mir kuriert hat!! Mein Gott! Ich werde fest ihm gegenüber auftreten wenn ich zurückgekehrt bin & ihm sagen er solle zur Hölle fahren & mich allein lassen mit meinen Freundschaften [...] Was für eine Tirade, Fredie, aber Wörter können nie beschreiben wie ich meinen Vater heute hasse und verachte & das wird andauern.»
    George V. hatte Gründe, an der Zukunft der Monarchie in den Händen dieses Erben zu (ver)zweifeln. Nachdem das erste Feuer für Freda Dudley Ward erloschen war, stürzte sich der Prinz von Wales in erotische Abenteuer, die selbst den berüchtigten Appetit seines Großvaters, Edwards VII., in den Schatten stellten. Seine Mitarbeiter fanden den Kronprinzen «zum Verrücktwerden», was dieser frivol damit quittierte, er sei doch sowieso «the wrong man for the job», der Falsche für seine royale Aufgabe. Wie wahr. 1934, bei der Hochzeit seines jüngeren Bruders George, des Herzogs von Kent, mit der griechischen Prinzessin Marina, steckt sich der 40-Jährige während des griechisch-orthodoxen Teils der Zeremoniean einer der Kerzen in der Westminster Abbey eine Zigarette an. Thronfolger und Dandy. Auch las der Prinz fast nichts von dem, was man ihm zur Beurteilung vorlegte. Der bereits zitierte Lord Hardinge stellte ihm ein vernichtendes Zeugnis aus: «Er war unfähig, auch nur den simpelsten offiziellen Vorgang abzuwickeln.»
    George V. wusste Bescheid. «Ich bete zu Gott, dass mein ältester Sohn nie heiratet und Kinder bekommt», bekannte der König, «und dass nichts zwischen Bertie, Lilibet und den Thron kommt.» Womit müssten England, das Empire und die Krone bei diesem Jüngling im Erwachsenenalter noch alles rechnen?, fragten Eingeweihte besorgt. Dafür haben wir als Zeugnis einen beklemmenden Dialog zwischen Alan Lascelles und Premierminister Baldwin, die beide im Herbst 1927 den Thronfolger auf einem offiziellen Besuch in Kanada begleiteten. Lascelles berichtete:
    «Vor dem Ende unseres Kanada-Trips war ich in solcher Verzweiflung, dass ich zu Stanley Baldwin [während einer vertraulichen Unterredung im Regierungsgebäude von Ottawa] sagte, der ‹Heir Apparent›, mit seiner ungezügelten Gier nach Wein und Weibern und was sonst an selbstsüchtigen Umtrieben ihn okkupiert, gehe rapide zum Teufel und werde bald vollkommen unfähig sein, die britische Krone zu tragen. Ich erwartete, für diese Offenheit meinen Kopf abgerissen zu bekommen, doch der Premierminister stimmte jedem meiner

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