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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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Dominien, die bekanntlich ein Mitspracherecht hatten, war doch der König in London auch ihr König. Schließlich befand man sich nicht mehr in der Zeit eines Monarchen von Gottes Gnaden wie Heinrich VIII., der aus eigener Machtvollkommenheit entscheiden konnte, seine Ehe mit Katharina von Aragon aufzulösen und das Band zum Papst gleich mit, der die Scheidung Heinrichs nicht billigen wollte.
    Wallis Simpson, hart belehrt, schrieb in ihren Memoiren: «Wie verwundbar der König doch in Wirklichkeit war und über wie wenig Macht er tatsächlich verfügte, wie wenig seine Wünsche in Wahrheit zählten gegenüber denen seiner Minister und des Parlaments.» Sie hätte noch einen Verfassungsgrundsatz hinzufügen können, der aus dem Schreiben Hardinges klar hervortrat: Wenn das Vertrauen zwischen Regierung und König zerbrochen ist, kann man nicht mehr von «His Majesty’s Government» sprechen, der Rücktritt der Regierung wird also zwingend. Dann könnte natürlich eine neue Regierung antreten, sofern sie die Mehrheit des Unterhauses findet. Aber dafür gab es keine Basis, wie der Sekretär vorsorglich geschrieben hatte: Alle Parteien standen in der Wallis-Frage gegen den König. Daher würden Neuwahlen nötig, was den Monarchen seine Neutralität gekostet hätte: Der Wahlkampf hätte sich um seine Geliebte gedreht und das Land in verfeindete Lager gespalten, mit der Gefahr der Bildung einer «Königspartei». Denn es gab, kaum war das Schweigediktat der Presse am 3. Dezember gebrochen, eine Grundströmung der Sympathie für Edward VIII., wie Susan Williams nach Freigabe der entsprechenden Dokumentein ihrem Buch von 2003, «The People’s King – The True Story of the Abdication», hat nachweisen können.
    Der König war erbost über die Eigenmächtigkeit seines Privatsekretärs. Dass ein enger Mitarbeiter ihm seine Sorgen mitteilen könnte, anerkannte er als dessen Recht. Doch nicht, dass er dabei die Partei der Regierung übernahm und sich zu deren Handlanger machte. Dennoch hatte der Brief die heilsame Folge, dass Edward die Verfahrenheit seiner Lage zum ersten Mal voll begriff – er öffnete ihm die Augen zu größerem Realismus. Am 16. November traf er sich erneut mit Baldwin und erklärte ihm, er sei zum Rücktritt entschlossen, wenn die Regierung ihn Wallis nicht heiraten lasse. Rücktritt war freilich eine Drehung mehr in der Verfassungskrise, was der Premier seinem König beschwörend klar zu machen versuchte: Der Monarch ist das Bindeglied, welches das Britische Empire zusammenhält – eine Abdankung kann nur zum Auseinanderbrechen führen. Umsonst. Edward beharrte darauf, Wallis heiraten zu wollen. Die Abdankung wird nun fast zur Gewissheit.
    Darüber schenkt er einen Tag später nun endlich auch Bertie und seiner Schwägerin Elizabeth reinen Wein ein. «Oh Gott, wie schrecklich zu hören», ruft der Bruder verzagt, «keiner von uns will das, ich am allerwenigsten.» Edward bleibt ungerührt: «Ich fürchte, es gibt keinen anderen Weg. Ich bin entschlossen.» Auf einer bald folgenden Fahrt nach Schottland klagt Bertie vor seinem Privatsekretär: «Ich komme mir vor wie das sprichwörtliche Schaf, das man zur Schlachtbank führt.» Diesen Satz hörten wir wörtlich erneut aus dem Mund Diana Spencers, kurz vor ihrer Heirat mit Prinz Charles 1981.
    Noch am Abend des 17. November trifft sich der König auch mit Queen Mary und seiner Schwester Mary, der Princess Royal, und enthüllt auch ihnen seine Absicht, auf den Thron zu verzichten. Es entwickelt sich zum ersten Mal ein substantieller Dialog zwischen Mutter und Sohn, fünf Minuten nach zwölf gewissermaßen. Queen Mary spricht vom Königtum als einer «heiligen» Institution und vom König als «einer Person, die anders ist als alle anderen». Die Krone sei ihres Sohnes Schicksal, und ihr zu dienen seine Pflicht, sein «wahres Glück». Edward gibt eine sehr moderne Antwort:Sein Glücklichsein, seine Bestimmung verlange, dass er Wallis heirate. Würde es ihn nicht zu einem besseren König machen? War nicht auch sein Vater ein besserer König aufgrund einer glücklichen Ehe gewesen? Wenn er Wallis nicht heiraten könne, könnte er auch seine Funktionen als König nicht richtig ausfüllen, ergo sei es seine Pflicht, abzudanken. «Was uns trennte», schreibt er darüber in seiner Autobiografie, «war nicht eine Frage der Pflicht, sondern eine unterschiedliche Auffassung vom Königtum. Ich war selbstverständlich bereit, den Menschen zu dienen in allem, was man

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