Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Jahr 973 gesprochen hatte. Diesmal begleitete die Hymne «Zadok the Priest», von Georg Friedrich Händel 1727 für die Krönung von George II. komponiert, die alten Worte. «So wie Salomon gesalbt ward durch Zadok, den Priester, und Nathan, den Propheten [...]», so konsekrierte Dr. Geoffrey Fisher, der Erzbischof von Canterbury, Elizabeth zur Herrscherin über Britannien und das Commonwealth – mehr eine Priesterweihe als eine weltliche Amtseinführung, zugleich eine Salbung und eine Unterwerfung unter die Gesetze. Die konstitutionelle und die spirituelle Monarchie.
1953 glaubten laut einer Umfrage noch 34 Prozent der Briten an die göttliche Sendung des Monarchen. Shakespeare hatte es 350 Jahre zuvor in «Richard II.» so formuliert:
«Nicht alle Flut im wüsten Meere kann
Den Balsam vom geweihten König waschen.
Der Odem ird’scher Männer kann des Herrn
Geweihten Stellvertreter nicht entsetzen.»
In der renommierten «Sociological Review» schrieben im Krönungsjahr Edward Shils und Michael Young über die Krönung als einen «Akt nationaler Kommunion» und erinnerten an den «magischen Moment, als die zerbrechliche Gestalt, in Kontakt mit dem Göttlichen, verwandelt wurde zum König/Priester, von einer bloßen Person in ein Gefäß aller Tugenden, die nun durch sie in die Gesellschaft fließen.» Gegen so viel Schwulst erhob ein junger amerikanischer Rechtsgelehrter und Soziologe, Norman Birnbaum,energisch die Stimme. Die Zeitschrift gab ihm Gelegenheit, auf seine britischen Kollegen zu antworten. Birnbaum nannte deren promonarchische Argumente «Lametta-Schwärmereien» und «Stützpfeiler einer unfairen gesellschaftlichen Ordnung, dank derer der Herrscher versucht, die Beherrschten blind zu machen gegenüber der verdorbenen Natur des Systems, das beide umfangt». Das war die erste Salve einer Diskussion, die ab Mitte der 50er Jahre das Königshaus voll erreichen sollte und in der Folge zu tiefgreifenden Veränderungen führte.
Viele «Lametta-Schwärmereien» waren damals zu hören, Winston Churchill und seine geliebte «Fairy Queen», seine Feenkönigin, waren nicht ganz unbeteiligt. «Die Krone ist heute breiter und sicherer in der Liebe des Volkes und im Willen der Nation eingebettet als in den Tagen, da Rang und Privileg die Gesellschaft regierten», sagte der Premier am Abend des 2. Juni. Der zweite Teil dieser Aussage traf, wie wir sahen, eher weniger zu: Rang und Privileg konnten sich noch einmal behaupten. Auch Elizabeth übertrieb, wenn sie verkündete: «Meine Krönung ist kein Symbol einer Macht und eines Glanzes von gestern, sondern eine Deklaration unserer Hoffnungen für die Zukunft.» Hoffnung – gewiss, aber eben auch noch einmal «Macht und Glanz von gestern», und zwar sehr bewusst inszeniert. Dabei war es ein verblassender Glanz, mit seinen durch die Straßen marschierenden Abordnungen aus dem alten Empire ein letzter Tribut an eine entschwindende Welt. Und auch eine verblassende Macht, wie sich 1956 zeigte, als die britische Politik, von kolonialen Illusionen verführt, zusammen mit Frankreich in Suez ein klägliches Debakel erlebte.
Standen die Briten am Anfang eines zweiten elisabethanischen Zeitalters? Auch diese Lametta-Schwärmerei kam nach 1952 sehr in Mode. Elizabeth allerdings wollte davon nichts hören, wie sie in ihrer Weihnachtsbotschaft 1953 deutlich machte. Sie und Philip befanden sich damals gerade in Neuseeland, auf jener Commonwealth-Reise, die wegen des Todes ihres Vaters fast zwei Jahre zuvor hatte abgebrochen werden müssen. «Ehrlich gestanden», hob sie mit erfrischendem Witz an, «komme ich mir ganz und gar nicht wie meine große Tudor-Vorgängerin vor, die weder mit Mann nochKind gesegnet war, die als Despot herrschte und die kein einziges Mal die Küsten ihres Heimatlandes verlassen konnte. Aber da gibt es wenigstens eine sehr signifikante Ähnlichkeit zwischen ihrem Zeitalter und meinem. Ihr Königreich, obwohl klein und arm im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn, war von einem großen Geist durchweht.»
Ein großer Geist auch nach 1953? Wir werden sehen. Erst einmal huldigte das Commonwealth der neuen Queen auf ihrer Sechs-Monate-Reise. Es wurde ein einziger Triumphzug – nirgends brauchten die Monarchin und ihr Mann britisches Territorium zu verlassen, das alte Empire lag ihnen zu Füßen.
VII
Margaret
«Ich bin einzigartig, ich bin die Tochter eines Königs
und die Schwester einer Königin.»
Prinzessin Margaret Rose, Elizabeths
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