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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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hier noch immer in der Vorzeit der Moderne. Aber nicht mehr lange.
    Das Parlament baute vor: Der «Regency Act» wurde novelliert. Dieses Gesetz hatte bisher besagt, dass im Falle des Todes des Staatsoberhauptes und eines noch zu jungen Thronfolgers – Prinz Charles war erst vier Jahre alt – der nächste in der Thronfolge, indiesem Fall Prinzessin Margaret, die Regentschaft übernehmen würde. Das schien jetzt ein Risiko zu viel, und so wurde stattdessen der Herzog von Edinburgh als möglicher Regent bestimmt, womit die Kontroverse, sollte Margaret auf ihrer Heirat bestehen, verfassungsmäßig unter Kontrolle gehalten werden sollte. Bitte kein 1936 mehr! Derweil schickte man Peter Townsend, nein, nicht nach St. Helena, Napoleons Verbannungsort, aber doch auf einen ähnlich verlorenen Posten, als Verteidigungsattaché an die britische Botschaft nach Brüssel, und zwar für zwei Jahre.

    Die Königin, so urteilte man damals, machte keinen guten Eindruck in dieser Affäre. Es fehlte an jeder Deutlichkeit auf ihrer Seite, auch wenn man Sympathie haben musste für ihre Zwickmühle, da ja laut «Royal Marriage Act» von 1772 Margaret bei ihr um Erlaubnis zur Ehe nachsuchen musste. Die Staatsräson oder die Schwester? Wäre es um sie, Elizabeth, gegangen, wäre ihr die Entscheidung leichter gefallen: Bei ihr kam die Pflicht immer zuerst. Aber durfte sie Margaret zu der gleichen Priorität verdammen? Wir wissen freilich aus mittlerweile freigegebenen Dokumenten des nationalen Archivs in Kew, dass die Regierung Anthony Edens mitnichten, wie man lange Zeit über annahm, schwerste Strafen androhte, sollte die Prinzessin auf ihrem Heiratswunsch bestehen. Es hatte immer geheißen, Margaret hätte für diesen Fall der Verlust aller ihrer Privilegien gedroht, deshalb habe sie nachgegeben und auf ihre Liebe verzichtet. Doch keineswegs: Sie hätte nur auf die Thronfolge verzichten müssen – ein Leichtes, wo es bereits einen männlichen Erben gab –, hätte aber ihre Apanage aus der Civil List, welche die Bezüge der Königsfamilie regelt, behalten und auch den Titel «Königliche Hoheit». Eden war selber geschieden, der erste Premierminister mit einem solchen Familienhintergrund, und vielleicht besaß er daher ein besseres Gespür für die Zeichen der Zeit und die Botschaft der erdrückenden Mehrheit der Zuschriften an den «Daily Mirror». Und schließlich war Townsend ein unschuldig Geschiedener.
    Als zwei Jahre später der Medienlärm immer stärker anschwoll, trafen sich die königliche Familie und Margaret wieder einmal zu ihrem Urlaub in Balmoral. Doch was geschah im Schoß der Windsors?
Ostriching,
das übliche Nicht-Hinschauen. Niemand raffte sich auf, das Problem anzugehen, «aus dieser sehr englischen Aversion heraus, die Dinge von Angesicht zu Angesicht durchzudiskutieren», wie Robert Lacey schreibt. Damals lebten Margaret und ihre Mutter, die Queen Mother, gemeinsam im Clarence House, wo sie ihre Mahlzeiten über Wochen hinweg «in langem und frostigem Schweigen» einnahmen, wie die Chronisten zu berichten wissen.
    Das konnte nicht so weitergehen, der gordische Knoten wollte zerschlagen werden. Im August 1955 war Margaret 25 geworden und damit frei, alleine zu entscheiden. Aber es war die Politik, die voranging, genauer: der 5. Marquis von Salisbury, Enkel des letzten Premierministers unter Königin Victoria, als Anführer des Oberhauses und Präsident des Kronrats (Privy Council) eine wichtige Kabinettsfigur. Salisbury drehte die Frage der Heirat ins Religiöse und drohte am 20. Oktober 1955 mit Rücktritt, sollte Margaret ernst machen mit ihrem geschiedenen Liebhaber – er könne «diese Subversion der Lehre der Kirche» nicht stillschweigend hinnehmen. Eine Kabinettskrise: Das war Schach dem Premierminister Eden, der eigentlich milderen Sinnes war, aber sich jetzt genötigt sah nachzugeben, auch den Versuch zu einer anderen Lösung, etwa zur Überredung seiner Kollegen im Commonwealth, erst gar nicht zu unternehmen.
    Es naht der 26. Oktober, der Tag, an dem eine zermürbte Prinzessin Margaret sich für eineinhalb Stunden mit Peter Townsend aussprechen will, den sie seit Monaten nicht mehr gesehen hat. Der Tag ist für unsere Erzählung aber aus einem anderen Grunde wichtig: Am Morgen hat sich die «Times» wieder einmal als Sprachrohr des Establishments ins Zeug gelegt und durch den Chefredakteur Sir William Haley höchst persönlich eine Stellungnahme abgegeben, die tief blicken lässt in die

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