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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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Worte fand. Aber wie damals lenkte die Queen auch 45 Jahre zuvor am Ende ein – in beiden Fällen war der Druck der veröffentlichten Meinung zu groß geworden. Das Diktat gegen die TV-Übertragung der Krönung wurde aufgehoben. Elizabeth ist selten die Erste auf dem Weg zu Neuerungen, aber sie hat immer verstanden nachzugeben, wenn es unumgänglich wurde.

    Wer sich heute den Film der Krönung noch einmal anschaut, mag sich fragen, was diese zwischen religiösem Akt und mittelalterlichem Pomp angesiedelte Zeremonie in einem demokratischen, liberalen Gemeinwesen zu suchen hatte. Und doch bewahrheitete sich 1953 das alte Junktim zwischen Monarchie und Moderne: Je gefestigter die Demokratie, desto gläubiger – so muss man es hier ausdrücken – versammelte sich die britische Gesellschaft um die Krone. Ihre Altertümlichkeit ist geradezu ihr stärkster Werbeträger, eine unbedrohliche Altertümlichkeit, die der Gesellschaft im Verlauf der Reformen nicht mehr im Wege gestanden hat. Richard Eyre, der frühere Direktor des National Theatre in London, von seinem intellektuellen Herkommen eher ein Republikaner, wie man die Antimonarchisten auf der Insel nennt, schrieb 1992 in seinem Tagebuch von der «religiösen Passion» der Briten für das Königtum: Dieser Passion müsse auch er sich anklagen, habe er doch einen hohen Verdienstorden, den «Commander of the British Empire» (CBE), angenommen, den er eigentlich hatte ablehnen wollen. Robert Lacey, der Historiker, sagt es blumiger: «Wie die Liebe selber ist auch die Beziehung zwischen der Krone und den Menschen fundamental irrational.» Aber stimmt das? Dieser Beziehung liegt auch ein Gutteil Rationalität, bewusste Wertschätzung zugrunde – man weiß, was man an dieser alten Institution hat. Harold Wilson, Elizabeths erster Labour-Premier in den 60er unddann erneut in den 70er Jahren, pflegte gerne seine Audienzen bei der Queen als den erfreulichen Moment zu bezeichnen, «wo die Demokratie und der Monarch sich begegnen». Das sagte ein Sozialdemokrat, der weit entfernt war von dem Verdacht, der Aristokratie Komplimente machen zu wollen.
    Und doch spiegelte das in der Westminster Abbey versammelte Publikum ein Stück schnöder Selbstbestätigung der
ruling classes,
der herrschenden Klassen, wider. So undemokratisch wie damals wird die Einladungsliste zu einer Krönung nie mehr ausfallen dürfen, will das Königshaus seine Wertschätzung nicht aufs Spiel setzen. Auch so opulent in den Formen wird es nicht mehr zugehen. Es gibt ein Verfallsdatum selbst für königliche Riten und ihr Kostüm, man wird das spätestens bei der Krönung von King Charles III. erleben. 1953 lief im Grunde noch wie ein Stammesritual der alten Aristokratie ab. Im Oberhaus saßen damals nur Erbadlige (erst 1958 kamen auf Lebenszeit ernannte Peers hinzu, die sogenannten
lifers),
und natürlich wurde die ganze obere Kammer eingeladen, dafür vom Unterhaus nur circa einhundert Abgeordnete, wie ein demokratisches Feigenblatt; die müssen sich tatsächlich recht
common
vorgekommen sein, entsprechend dem Namen ihrer Kammer, House of Commons, das «Haus der Gemeinen». Aber anno 1953 beherrschte Ehrerbietung die Köpfe, es kam niemandem in den Sinn, gegen den königlich-aristokratischen Stachel zu löcken – noch nicht, muss man hinzufügen, denn die Dinge sollten bald anfangen, sich zu ändern. Im Übrigen war das Schauspiel selber schier atemberaubend in seiner historischen Prachtentfaltung – das stand im Vordergrund und entzückte mit den Briten die Zuschauer weltweit.
    Wie hatte Churchill die Kontinuität doch beschrieben? Als den «eigentümlichsten Vorzug und die vornehmste Eigenschaft des englischen nationalen Lebens». Eigentümlich und vornehm – so nahm sich auch das Zeremoniell in der Westminster Abbey aus. Die Monarchin nahm Platz auf dem Krönungsstuhl Edwards I. aus dem 13. Jahrhundert. Unter den Juwelen an ihrer Hand sah man einen Saphir von dem Ring, den schon Edward der Bekenner getragen hatte, der letzte angelsächsische König aus dem Hause Wessex,gestorben im Jahr der normannischen Eroberung, 1066. Auch der Rubin Heinrichs V. funkelte, ein Erinnerungskleinod des Sieges über die Franzosen in der Schlacht von Azincourt 1415. Und an den Ohren hing der Schmuck ihrer großen Vorgängerin Elizabeth I. Die Salbungsformel selber war der wohl älteste Teil des Rituals, entnommen dem Buch der Könige aus dem Alten Testament, eine Passage, die bereits König Edgar bei seiner Krönung im

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