Elizabeth - Tochter der Rosen
nicht, war unbedeutend.
Denn wenn ein Unehelicher auf Englands Thron sitzt, ist jeder eine Bedrohung und keiner sicher, nicht einmal ein anderer Unehelicher, wie an Johnnie of Gloucester bewiesen wurde,dachte ich . Der Junge war im Tower verschwunden und wahrscheinlich unter der Folter gestorben, denn er wurde nie wieder gesehen. Im Laufe der Jahre hatten viele sein Los geteilt, und es war vor allem Angst, die die Menschen daran hinderte, sich auf die Seite des Prätendenten zu schlagen. Henrys Herrschaft gründete auf Furcht.
Ich blickte mich zu den Karren um. Irgendwo dort hinten, versteckt und von Henrys Waffenknechten umgeben, ritt der Gefangene Perkin Warbeck, Henrys Rivale im Krieg wie in der Liebe. Fraglos war Perkin der kleine Aufschub willkommen. In London war er täglich durch die Straßen geführt worden, damit die Leute ihn beschimpften und verhöhnten. Kate erzählte mir, dass er sein Schicksal tapfer erduldete.
Sheen öffnete uns seine Tore. Der Palast lag an einer breiten Themse-Biegung, sieben Meilen von London entfernt. Hier auf den großen Rasenflächen und in den Obstgärten hatte ich viele schöne Sommernachmittage mit meinen Brüdern Edward und Dickon verbracht, während sie mit ihren Bögen schossen oder Lederbälle mit der flachen Hand schlugen.
Ist es Dickon, der jetzt als Gefangener mit uns reitet?, fragte ich mich einmal mehr.
Ich bemühte mich, meine akute, eisige Angst zu zügeln.
Wir richteten uns im Palast ein und nahmen wieder unsere Spiele und Zerstreuungen auf. Doch es war nicht zu übersehen, dass Henry sich nach wie vor sorgte.
»Ich weiß nicht, was mit Perkin zu tun ist«, vertraute er mir in meinem Privatgemach an. »Maximilian schrieb und bat mich, ihn zu verschonen und zurück zu ihm nach Burgund zu schicken. Zum Austausch bietet er mir jedwede Versicherung an, die ich wünsche, egal, in welcher Form, sogar dass er, Margaret und Perkin dauerhaft ihre Ansprüche auf den englischen Thron für sich und ihre Erben aufgeben.«
Ich war sprachlos. Maximilian und meine Tante Margaret waren wirklich überzeugt, dass der junge Mann Dickon war! Obwohl er ihre Interessen niemals wahren oder gar durchsetzen könnte, bedeutete er ihnen so viel, dass sie bereit waren, ihre sämtlichen Ansprüche auf den Thron aufzugeben, nur um Perkin zurückzubekommen. Es war ein unglaubliches Angebot, wie man es vom Hochadel nie zuvor gekannt hatte. Und es ebnete den Weg hin zu einer Lösung ohne großen Kummer und Schmerz.
»Oh, Mylord, wenn du das tust, wird dich alle Welt als den gnädigsten König preisen!«
Henry bedachte mich mit einem zynischen Grinsen. »Oder als den närrischsten. Wir müssen Spanien und Arthurs Heirat bedenken.« Er verfiel in längeres Schweigen, während die Scheite im Kamin knackten und fauchten. »Ich tue nichts, was sie gefährdet.«
»Vielleicht kann de Puebla Spaniens Rat in der Angelegenheit erfragen«, schlug ich vor. Verzweifelt klammerte ich mich an die Hoffnung.
Drei Tage später kehrten wir nach Westminster Palace zurück, wo uns der schottische Gesandte seine Empfehlungsschreiben präsentieren sollte.
»Ich wünsche, dass Lady Gordon nach dem Bankett meinem Empfang für den Gesandten beiwohnt«, sagte Henry auf unserem Ritt nach London. »Sorge bitte dafür, dass sie zu uns gebracht wird!«
Ich fragte mich, welchen Zweck er hiermit verfolgte.
Bald erfuhr ich von den Gerüchten. Nach dem Festessen begleiteten die Gesandten von Mailand und Venedig Henry zu einem vertrauteren Gespräch in einen kleineren Saal, und auf dem Weg dorthin trafen sie auf Perkin, der mit seiner Gemahlin in einer Ecke stand und seinen Arm um ihre Mitte geschlungen hatte. »Er ist dreiundzwanzig Jahre alt«, sagte der eine Gesandte zum anderen, »ein überaus vornehmer Mann, und seine Gemahlin eine der schönsten Damen. Der König behandelt sie gut, wünscht jedoch nicht, dass er bei seiner Gemahlin schläft.«
Perkin und Catherine sprachen nicht mit den Gesandten, sondern nickten ihnen nur zu, als sie den Empfang verließen.
Am nächsten Morgen frühstückte ich in meinen Privatgemächern zusammen mit Kate, Lucy und meinen anderen Damen. Ich sah zu Catherine, die stumm am Tischende saß und aß. Ihr üppiges schwarzes Haar war mit einem Kopfputz aus schwarzem Band verflochten, und in dem schwarzen Seidenkleid, das Henry ihr gegeben hatte, war sie einzigartig schön. Inmitten des munteren Geplappers war sie in Gedanken versunken und traurig. Mitleid erfüllte mein Herz. Ihrem
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