Elizabeth - Tochter der Rosen
seine Schulter. Eine Windböe raschelte durch die Hecke.
»Mir kommt es vor, als hätte ich mich auf diesen Moment vorbereitet, seit ich dich erstmals in den Armen hielt«, murmelte ich. »Es sollte einfach sein, dich gehen zu lassen. Schließlich habe ich es schon so oft getan.« Ich lächelte ihn tränenblind an. »Trotzdem fällt es mir beständig schwerer.«
»Ich liebe dich, Mutter. Du ahnst nicht, wie sehr«, sagte Arthur.
Ich küsste ihn auf die Wange.
»Als ich ein Junge war, erschienst du mir wie eine Göttin«, fuhr er fort. »So wunderschön, so ruhig, sanft und freundlich. Eine strahlende Königin durch und durch. Jedes Mal, wenn ichMalory las, dachte ich an dich. Für mich warst du die wiedergeborene Guinevere, und ich erinnere mich, dass ich hoffte, ich würde später mal eine Königin finden, die genauso ist wie du.«
»Die hast du nun, Arthur. Katharina ist ein reizendes Mädchen und wird dich glücklich machen.«
Eine ganze Weile saßen wir beisammen, genossen die Winterlandschaft und den Gesang der Vögel. »Bevor du zu mir kamst«, bekannte ich leise, »lebte ich in Finsternis. Deine Geburt erfüllte meine Welt mit Licht. Von jenem glorreichen Moment an vertriebst du die Einsamkeit aus meinem Herzen. Vielleicht schmerzt es mich deshalb so sehr, dich nicht bei mir zu haben.«
Die Uhr im Kirchturm schlug zur Terz.
»Wie schnell die Zeit verfliegt, wenn du bei mir bist!«, seufzte ich. »Wir sollten zu den anderen zurückgehen. Sie werden sich schon fragen, wo wir sind.«
Wir standen auf, und ich blickte in sein leuchtendes Gesicht. »Du sollst wissen, dass ich stolz auf dich bin, Arthur. In dir ist der Schwur, den ich England leistete, aufs Wunderbarste erfüllt. Geh hin und tue, was das Schicksal dir bestimmt hat! Und möge die Heilige Maria, Mutter Gottes, dich stets begleiten!«
~
Wir feierten Arthurs Vermählung mit zahlreichen Festmahlen, Maskenbällen und einem großen Turnier, in dem Kates Gemahl, William Courtenay, seinen Mut bewies und unter großem Jubel einen Rubin als Preis verliehen bekam. Dann endeten die Feierlichkeiten abrupt.
Es nieselte an dem Tag, an dem Arthur nach Ludlow aufbrach. Ich umarmte meinen Sohn inniglich und empfand es als schmerzlicher denn je, ihn gehen zu lassen. Dann legte Henrymir eine Hand auf den Arm. Ich zwang mich, tief einzuatmen, und trat zurück. Unglücklich sah ich Arthur davonreiten. Aber ich darf nicht vergessen, wie gesegnet ich bin, ermahnte ich mich und küsste Maggie auf die Stirn, als wir im Regen standen. Sie war wie vereinbart noch vor dem Dreikönigstag vermählt worden, doch Henry hatte auf mich gehört. Erst mit vierzehn Jahren würde sie nach Schottland ziehen.
Dennoch ließ sich die quälende Leere in mir einzig mit Gebet lindern. Ich widmete mich meinem Stundenbuch und meinem Betstuhl. Wenn ich sicher sein konnte, nicht ertappt zu werden, las ich Richards Tristan und betrachtete sein Porträt. Außerdem empfing ich Bittsteller, bis ich nicht mehr stehen konnte. All dies verschaffte mir Ablenkung von meinem Kummer. Lucy Neville war immerfort an meiner Seite, zusammen mit Kate, doch auch das würde sich bald ändern. Lucy war Sir Anthony Browne versprochen und sollte im Mai zu ihren eigenen Ländereien abreisen. Ich hatte die Heirat mit ihrem Einverständnis arrangiert, denn obgleich Sir Anthony doppelt so alt war wie sie, war Lucy selbst mit dreißig Jahren nicht mehr jung. Ihre Verbindung würde für beide eine glückliche, denn Sir Anthony war freundlich, gütig und reich.
Im April warf das Land sein graues Winterkleid ab, und ich dachte an Ludlow. Möglicherweise ist Katharina bereits jetzt guter Hoffnung, und wir erhalten bald freudige Nachricht, überlegte ich. Wie schön wäre es, Arthurs Kind in meinen Armen zu halten! Zu wissen, dass sein Sohn nach ihm König wird und dass Arthurs Vermächtnis mit seiner Krone weiterlebt, auf dass die künftigen Könige Englands weise und gerecht herrschen!
Es war am fünften April bei Tagesanbruch – ich hatte meine Gebete beendet und wollte mit meinen Damen frühstücken –, als an meine Tür geklopft wurde. Lucy Neville kam herein und machte einen Knicks.
»Meine Königin, der König wünscht Euch in seinem Gemach zu sprechen.«
»Um diese Stunde?«, murmelte ich verwundert. Dann fiel mir auf, dass hinter Lucy ein Ritter stand, der in Henrys Farben gekleidet war. Mich überkam ein wohliger Schauer. »Gibt es Neuigkeiten aus Ludlow?«, fragte ich mit einem strahlenden
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