Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
Vom Netzwerk:
diesem Eid würde sie zur Königin von Schottland werden. Ich umklammerte die Armlehnen meines Stuhls. Sie darf noch nicht gehen   ... nein, sie wird noch nicht gehen!, hämmerte es in meinem Kopf. Sie ist zu jung! Mit zwölf Jahren ist es noch zu früh   ...
    Zwanzig Jahre sind auch zu früh, dachte ich, als ich mich an meine erste Nacht mit Henry erinnerte.
    Ich nahm mir vor, mit ihm darüber zu reden. Wenn ich jetzt nicht für mein Kind sprach, wer würde es dann? Männer ahnten nicht, wie entsetzlich der Akt war, wurde er einer Frau ohne Liebe aufgezwungen. Lass sie bei mir bleiben, bis sie vierzehn ist!, würde ich flehen. Es gibt zu viele Gefahren. Was ist, wenn sie in so jungen Jahren ein Kind austrägt? Es könnte sie umbringen. Sie mag reif und anmutig erscheinen, doch sie ist noch zu jung für die Pflichten einer Frau. Erlaube, dass ich sie mehr über das Leben bei Hofe lehre, bevor sie für immer geht!
    Falls nötig, würde ich vor ihm auf die Knie fallen.
    Ich bemerkte, dass sich alle erhoben hatten. Die Leute schienen betrunken zu sein, so ausgelassen, wie sie johlten und applaudierten. Ich drehte mich zu Arthur um. Er verließ mit Katharina die Halle. Es war Zeit, die Ehe zu vollziehen.
    Ich bekam nicht mit, was sonst noch an dem Abend geschah, denn ich war benommen und von Kopfschmerzen und Übelkeit geplagt. Aber am Morgen berichtete Kate mir, dass Arthur früh nach Getränken geläutet und gesagt habe: »Ich war diese Nacht mitten in Spanien, und dort ist es heiß. Die Reise hat mich ausgetrocknet.«
    Mein Sohn war ein Mann. Er würde König sein und mit seiner schönen Königin weise herrschen. So hatte ich es mir immer gewünscht. Warum weinte ich dann?
    Harry trat zu mir, als ich in meinem Gemach am Fenster stand. »Mutter, wieso bist du traurig?«
    Ich hatte ihn nicht hereinkommen gehört, und nun musste ich unweigerlich daran denken, wie er mich das letzte Mal so überrascht hatte. Es war, als ich Richards Porträt betrachtet hatte, und ich hatte befürchtet, dass er es seinem Vater erzählen würde. Aber das hatte er nicht. Vielleicht deshalb nicht, weil er Henry noch mehr verachtete als mich. Nun stand er vor mir, die stämmigen Beine ein wenig ausgestellt, und sah mich an. Sorge spiegelte sich auf seinem Engelsgesicht. Ich legte einen Arm um ihn.
    »Ich habe mich eben etwas gefragt, auf das ich keine Antwort weiß, Harry. Hat dir das Hochzeitsbankett gestern Abend gefallen?«
    Er strahlte. »Sehr sogar, Mutter!«, rief er mit dem ihm eigenen Überschwang. »Und ich mag Katharina von Aragon so gern! Ich würde sie selbst heiraten.«
    Ich lachte.
    »Wenn Arthur etwas geschieht, darf ich sie dann heiraten?«
    Ich erschrak, wurde gleich wieder ernst und ließ Harry los. »Was bringt dich auf solch einen Gedanken?«
    »Menschen sterben nun mal. Edmund ist gestorben.«
    »Edmund war erst ein Jahr alt gewesen. Im Kleinkindalter sind Menschen noch sehr anfällig. Aber Arthur ist fünfzehn. Erwachsene Männer sind robust und können ein langes Leben genießen, werden sie nicht von Krieg und Exekution bedroht. Sieh dir Morton und Rotherham an! Sie beide wurden achtzig Jahre alt.«
    »Ja, ja«, sagte Harry schulterzuckend.
    Er ging wieder; für ihn war unser Gespräch offenbar beendet. Für mich hingegen stand nun zweifelsfrei fest, dass Harry sich Arthurs Tod wünschte. Und dieses Wissen lastete wie ein Bleigewicht auf meiner Brust. Ich musste mich dringend bewegen und auf andere Gedanken kommen, also nahm ich mir meinen Umhang und lief hinaus in meinen kleinen, ummauerten Garten. Dort saß ich auf der kalten, verschneiten Bank. Einige Vögel näherten sich mir, doch ich hatte keine Krumen, die ich ihnen geben konnte. Während ich meinen Sorgen und Ängsten nachhing, spürte ich plötzlich Arthurs Arme um mich.
    »Mama«, sprach er mich auf die leise Art an, die ihm seit Kindesbeinen eigen war. Er beugte sich von hinten über mich, umarmte mich und lehnte seine Wange an meine.
    »Du hast mich nicht verloren. Wer weiß, wenn ich im nächsten Jahr wiederkomme, bringe ich dir vielleicht noch jemanden, den du lieben kannst. So Gott will.«
    Ich griff nach seiner Hand und zog ihn zu mir. »Du hast mich stets verstanden, Arthur, selbst als du noch ein Kind warst.« Langsam holte ich Luft. »Verzeih mir, mein lieber Sohn! Ich bin närrisch. Alles scheint jetzt anders zu sein, und dennoch hat sich eigentlich nichts verändert, nicht wahr?«
    Er setzte sich neben mich auf die Bank, und ich legte den Kopf auf

Weitere Kostenlose Bücher