Elizabeth - Tochter der Rosen
aber schrecklich einsam fühlen«, sagte ich später am Abend zu Kate und Cecily, mit denen ich nach dem Empfang in meinen Gemächern ausruhte. »Sie ist so weit weg von daheim und allem Vertrauten.«
»Ich sehe sie an und erkenne, was meine Zukunft gewesen sein könnte«, murmelte Kate, »verheiratet mit dem König von Kastilien, allein in einem fremden Land und gezwungen, fremde Sitten zu lernen. Armes Kind!«
»Mir tut sie auch leid«, sagte Cecily. »Auch wenn sie Königin sein wird.«
»Katharina von Aragon wird ihr Schicksal annehmen, wie wir alle es müssen«, konstatierte ich. »Prinzessinnen haben keine Wahl. So hat Gott es uns bestimmt.«
Kate lächelte. »Doch dank dir, liebe Schwester, bin ich eine glückliche Prinzessin. Ich lebe hier, in England, und bin mit dem Mann meiner Wahl vermählt. Das ist ein gutes Los.«
Ich drückte ihre Hand.
»Und ich«, bemerkte Cecily, »die einst dem schottischen König versprochen war und ohne die Gnade Gottes in diesem Moment die Königin des barbarischen Schotten sein könnte. Stattdessen bin ich mit einem bescheidenen und sehr charmanten Ritter vermählt. Ich verdanke dir, Schwester, dass ich wieder bei Hofe willkommen bin und einiges von den Ländereien zurückbekam, die konfisziert wurden. Ja, auch ich bin dankbar für mein Los.«
»Ich frage mich, ob Anne das Gleiche sagen würde, wäre sie hier«, sinnierte Kate. »Sie sollte Philip, den österreichischen Erzherzog, heiraten, der jetzt die wahnsinnige Juana von Kastilien zur Frau genommen hat. Es heißt, er sei sehr gut aussehend.«
»Anne heiratete aus Liebe, und ich weiß, dass sie nichts anderes wollen würde«, erwiderte Cecily. »Was glaubst du, warum sie jetzt nicht hier bei uns ist? Weil sie die Gesellschaft ihres Gemahls der unsrigen vorzieht.«
Ich lächelte, und doch war es, als wehte ein trauriger Wind über mich hinweg.
»Und Bridget ist, wo sie sein möchte«, ergänzte Kate.
Cecily nahm meine Hand und umfing sie mit ihren beiden. »Dank dir, Schwester. Wir alle danken dir, dass du uns Glück geschenkt hast.«
~
Am Sonntag, dem vierzehnten November 1501, sah ich Arthur und Katharina in weißem Satin vor dem Altar von St. Paul’s knien und jene Worte sprechen, die sie bis zum Tod aneinander binden würden. Mein Erstgeborener war erwachsen, und ich verlor ihn. Bald würde ich das nächste Kind verlieren, denn Maggie würde wie Prinzessin Katharina von Aragon die Bürdeauf sich nehmen, in einem fremden Land vermählt zu werden, weit weg von uns und allem, was ihr vertraut und lieb war.
Vielleicht behandelt das Leben sie freundlicher, dachte ich. Ich konnte es nur hoffen. Dennoch empfand ich ein befremdliches Unbehagen. Lauern selbst jetzt noch Schatten, die uns aller Freude berauben wollen?, fragte ich mich bang. Die Geister und Schrecken der Vergangenheit fühlten sich in Zeiten wie diesen stets so nahe an, selten aber näher als jetzt. Und ausnahmsweise verdammte ich Margaret Beaufort nicht für ihr lautes Schluchzen neben mir. Ich schüttelte die morbiden Gedanken ab.
Das Hochzeitsbankett fand im Bischofspalast statt. Ich rührte mein Essen kaum an, weil mich weder die Törtchen noch die Geleeschlösser lockten. Der Abend kam mir unwirklich vor. Nur gedämpft drangen die Stimmen an meine Ohren, und die Szenen vor meinen Augen waren gleichsam von einem Nebel verschleiert, als betrachtete ich sie durch einen weit entfernten Spiegel. Katharina und ihre Damen tanzten zu einer wilden spanischen Melodie, wirbelten ihre Röcke und schlugen Holzstückchen in ihren Händen zusammen. Harry war mit Maggie in die Saalmitte gelaufen, doch warum war er nur in Hemd und Hose? Ich sah zu Henry. Er lachte und sagte etwas über Harry, der so erregt gewesen sei, dass er seine Jacke ausgezogen hatte. Dann klatschte Henry. Warum war er froh? Begriff er nicht, dass es bald Zeit war, ein weiteres Kind herzugeben? Im Dezember würden die schottischen Gesandten an den Hof kommen, um die Einzelheiten von Maggies Vermählung mit James IV . von Schottland zu vereinbaren und gleich eine »Handschuh-Ehe« einzugehen – in Abwesenheit ihres künftigen Gemahls.
Ich presste eine Hand an meine Schläfe. Der Treueschwur, den sie ablegen würde, hämmerte in meinem Kopf: Ich, Margaret, die erstgeborene Tochter von König Henry VII ., habe im November mein zwölftes Lebensjahr vollendet und begebemich in den Stand der Ehe mit dem hochwerten Prinz James, König von Schottland ... und schwöre ihm ewige Treue.
Mit
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