Elizabeth - Tochter der Rosen
einige gute Nachrichten ein, um die Dunkelheit zu durchbrechen, die unsere Herzen umfing. Sie kamen von unserem Onkel Richard of Gloucester, der an der Grenze gegen die Schotten kämpfte. Berwick Castle, eine große Festung am Meer, die Marguerite d’Anjou zwanzig Jahre zuvor den Schotten hatte übergeben müssen, war an England zurückgefallen. Papa jubelte. Bis nach Calais wurde Onkel Richards Sieg mit Freudenfeuern gefeiert, und Papa beorderte ihn zu Weihnachten an den Hof, wo er ihm danken wollte. Onkel Richard kam spät im Dezember, als sich das Jahr 1482 dem Ende neigte. Einige Tage später traf Tante Margarets Gesandter ein.
Onkel Richard war eben in den Festsaal zurückgekehrt, wo die Feier zum Dreikönigstag stattfand. Er setzte sich neben meinen Vater, der bereits recht viel getrunken hatte und sehr ausgelassen war. Jeder war fröhlich, vor allem meine Mutter und ihre Verwandten. Sie tanzten zu den Klängen der Lauten und Violen und applaudierten den Darstellern des Schauspiels »Todeskampf der Menschheit, die von Weltlichkeit, Fleisch und Teufel besessen ist«. Meine Geschwister und ich trugen die schönsten und edelsten Brokatgewänder. Doch aus mir unverständlichen Gründen wollte Onkel Richard nicht in unsere Fröhlichkeit einstimmen. Er saß an der Tafel, tief in Gedanken, und zog eine finstere Miene.
»Ludwig«, sagte Papa zu niemand Bestimmtem, »hatte zwei Schlaganfälle. Er wird bald sterben! Dann sollten unsere Sorgen um Burgund ein Ende haben, fürwahr, das werden sie.« Er hob den edelsteinverzierten Kelch an seine Lippen, doch der Wein spritzte ihm ins Gesicht. Er hustete. Diener eilten mit goldumstickten Tüchern zu ihm.
»Sire!«, rief einer der engsten Gefolgsleute meines Vaters, Edward Brampton, schritt auf ihn zu und verneigte sich. »Gesandte aus Burgund, hoher Herr.«
»Burgund ... Burgund ...« Papa rülpste. »Fünfzigtausend Kronen kann ich nicht aufgeben ... Würdest du fünfzigtausend Kronen aufgeben, Dickon?«
Brampton wirkte verlegen. »Mylord, sie sind nicht hier, um Eure Hilfe zu erbitten. Sie bringen dringende Nachricht.«
Ich sah wieder zu meinem Vater. Er war auf seinem Stuhl nach hinten gesunken und murmelte vor sich hin. Es war nicht zu leugnen, dass er zu viel getrunken hatte. Meine Mutter beobachtete ihn mit strengem Blick.
»Bringt sie rein!«, sagte Onkel Richard. »Ich empfange sie.« Er stand auf und stellte sich neben Papas Stuhl.
Brampton verließ die Halle und kehrte mit zwei Rittern zurück. Sie knieten sich vor meinem Vater hin. »Sire, Eure königliche Schwester, die gnädige Herzogin von Burgund, sendet Euch Grüße«, begann der eine. Mein Vater rülpste wieder.
Ich schämte mich schrecklich für Papa, und der Gesandte schien verzweifelt. Er sah zu Onkel Richard. Auf sein Nicken hin fuhr der Mann fort, sprach nun aber meinen Onkel an anstelle meines Vaters. »Wie Ihr wisst, hat König Ludwig von Frankreich das Herzogtum Burgund eingenommen und Artoisbesetzt. Flandern ist im Begriff, sich ihm zu ergeben. Da Kaiser Maximilian keine Verbündeten gegen Ludwig fand, blieb ihm keine andere Wahl, als Frieden mit Frankreich zu schließen.«
Ich bemerkte, wie mein Onkel bleich wurde. Er blickte zu meinem Vater, der jetzt nicht mehr murmelte, sondern sehr still war. Es war nicht zu erkennen, ob er verstanden hatte, was gesagt wurde, denn er zeigte keinerlei Regung.
»Mit dem Vertrag von Arras jedoch musste Maximilian zustimmen, dass seine Tochter Margaret den Dauphin von Frankreich heiratet und ihre Herzogtümer Artois und Burgund als Mitgift mit in die Ehe bringt.«
Ich erstarrte. Im Saal wurde aufgeregt getuschelt, ehe alle wieder verstummten. Was bedeutete diese Nachricht? Es muss ein Irrtum sein – ich soll dem Dauphin vermählt werden! Ich blickte zu meiner Mutter, die ungläubig vor sich hin schaute, den Mund offen vor Entsetzen. Unmöglich kann König Ludwig von dem Heiratsversprechen zurücktreten! Es ist viel zu wichtig für meine Eltern, dass ich den Dauphin heirate.
Plötzlich gab es ein Krachen, gefolgt von einem lauten Aufschrei. Mein Vater hatte einen der Bankett-Tische umgeworfen und torkelte von der Empore hinunter auf den nächsten zu. Dabei brüllte er wie ein Wahnsinniger. Onkel Richard rannte hinter ihm her. Er packte Papas Arm, doch der schüttelte ihn ab. Lord Hastings, ein Freund meines Vaters, eilte Onkel Richard zu Hilfe. Gemeinsam gelang es ihnen, Papa aus dem Bankettsaal zu bringen, während mein Vater weiter vor
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