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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Siegelring hin, den Rotherham ihm behutsam vom Finger zog. Nachdem er das Siegel ins Wachs gedrückt hatte, steckte er Papa den Ring wieder an. Nun hielt er meinem Vater das Pergament hin. »Es ist erledigt, Sire.«
    Trotz eines Hustenanfalls, der tief aus seiner Brust zu kommen schien und gar nicht aufhören wollte, gelang es meinem Vater zu nicken. Mir krampfte sich das Herz in der Brust zusammen, als ich ihn ansah. »Das ist alles«, flüsterte Papa schließlich.
    Erzbischof Rotherham machte ein Kreuzzeichen über meinem Vater, verneigte sich zu mir und verließ das Gemach, denn Papa hatte seine Sünden schon gebeichtet und die Letzte Ölung bekommen. Die Delegation der Geistlichen folgte Rotherham leise nach draußen.
    Kaum war die Tür hinter ihnen geschlossen, streckte mein Vater eine Hand nach mir aus. »Elizabeth   ...« Ich ging näher zu ihm und hielt mein Ohr nahe an seine Lippen, weil seine Stimme sehr schwach war.
    »Hol   ... Hastings   ... Dorset   ... Ich muss mit ihnen reden   ... Bevor ich sterbe.«
    Ich schluckte die schreckliche Angst hinunter, die mir seine Worte machten. »Was ist mit Mutter?«, fragte ich. Er hatte Mutter nicht erwähnt.
    »Nicht deine Mutter«, keuchte er, wobei er meinen Arm miterstaunlicher Kraft umfing. Ich blickte von seiner Hand zu seinem Gesicht, in dem ich Angst erkannte. In diesem Augenblick wurde ich gewahr, dass mein Vater wusste   – und immer gewusst hatte   –, dass meine Mutter jene unüberwindbaren Feindschaften schuf, die uns alle belasten sollten, solange sie lebte.
    Ich floh aus dem Zimmer, kämpfte gegen das Schluchzen, das in meiner Kehle lauerte, wohl wissend, dass dies der letzte Gang war, den ich für meinen Vater tun sollte. Im gesamten Palast herrschte eine Atmosphäre der Eile und Furcht, als ich einen Reitknecht schickte, Hastings und meinen Bruder Dorset zu holen. Mönche sangen Trauerlieder, und eine große Menschenmenge drängte sich vor dem Palast. Ich sah sie durch die schmalen Schießscharten im Turmaufgang, wie sie stumm dastanden; die Männer hatten ihre Kappen an die Brust gedrückt, und die Frauen weinten in ihre Taschentücher. Bei dem Anblick sank ich auf die Stufen, nahm Marys Kreuz von meinem Hals und presste das kühle Edelmetall an meine Lippen, ehe ich die Heilige Jungfrau Maria um ein Wunder anflehte.
    Keine Stunde war vergangen, bis Hastings durch das Tor von Westminster galoppiert kam und von seinem Ross sprang. Seine breiten Gesichtszüge waren von einer ängstlichen Unruhe gezeichnet, als er zum Gemach meines Vaters eilte, dicht gefolgt von meinem Bruder Dorset. Ich rannte mit ihnen durch die Palastkorridore und die Treppen hinauf. Die Landsknechte öffneten die Tür zu Papas Gemach.
    Drinnen war alles still. Die Vorhänge waren geschlossen, und Kerzen flackerten. Mein Vater lag ausgestreckt auf dem Bett, die Hände zu seinen Seiten, das Gesicht im Dämmerlicht weiß und verhärmt. Sein Atem klang angestrengt. Trotz der Unruhe an der Tür hatte er die Augen nicht geöffnet, und ich legte besorgt meine Hand auf seine. »Papa, Lord Hastings und Dorset sind hier, wie du wünschtest.«
    Nun öffnete er die Augen, und ein mattes Lächeln trat auf sein Gesicht, als er seine guten Freunde erblickte. Ich zog mich zurück zum Betstuhl meines Vaters.
    »Jetzt, mit den Augen des Sterbenden, sehe ich alles ganz klar«, sagte Papa, dessen Stimme mich überraschte, war sie doch nicht mehr atemlos, sondern von einer Kraft, wie ich sie an ihm nicht wahrgenommen hatte, seit er bettlägerig geworden war. »Ich habe England Ludwig und deiner Mutter geopfert, Dorset. Ich will nicht meine Söhne opfern.« Tränen schimmerten in seinen Augen, und mir tat es weh, meinen Vater so reumütig zu sehen.
    »All diese Jahre, so viele Fehler!«, fuhr er fort. »Edward ist zu jung, um König zu sein. Er kann ohne deine Hilfe nicht überleben. Hilf mir, Hastings! Hilf mir, Dorset! Helft England! Bald werde ich fort sein und mich für meine Sünden vor dem Allmächtigen verantworten müssen. Ich kann nicht hier sein, um eure Streitigkeiten zu schlichten, um für Frieden unter euch zu sorgen. Eure Feindschaft wird das Land zerreißen. Seht ihr das nicht? Seht ihr nicht   ...«
    Meines Vaters Brust hob und senkte sich schwer unter der Anstrengung des langen Redens, und ein schrecklicher Hustenanfall überkam ihn. Alle waren still, während er die Kraft sammelte, wieder zu sprechen. Ich sah zu Hastings, der mir jedoch den Rücken zugewandt hatte. Sein

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