Elke versteht das
Voraussetzung
kann man leicht Sätze niederschreiben wie diesen und anschließend zu einem knackigen Jüngling ins Bett steigen. Man muss sich
ja nicht mit euch Frauen herumschlagen.«
»Schwule haben eben mehr Verständnis für uns als ihr Heteros. Ihr habt doch sowieso immer nur das eine im Kopf.«
Da Schmalenbach genau wusste, dass sie darauf wartete, verbiss er sich die Frage, was dieses eine denn wäre, und widmete sich
der Lektüre seiner Tageszeitung.
Als Schmalenbach am nächsten Morgen verschlafen und schlecht gelaunt in die Küche kam, saß seine Lebensgefährtin schon mit
verschränkten Armen am Tisch und wartete gespannt darauf, was er diesmal zu ihrer Beute sagen würde.
Wieder handelte es sich um das Porträt einer fülligen Dame, die etwas desorientiert in die Kamera schaute. Der Text war mehr
als eindeutig und in Schmalenbachs Augen ein Skandal: »Warum auf den Richtigen warten, wenn man eine Menge Spaß mit den Falschen
haben kann?«
Diesmal war die Grenze des guten Geschmacks eindeutig überschritten – und Schmalenbach wünschte sich insgeheim, dass es in
Frankfurt eine entschlossenere Stadtverwaltung gäbe, die sich nicht zu schade dafür wäre, bei eindeutig volksverhetzender
Propaganda mit rigorosen Mitteln durchzugreifen.
»Und? Was sagst du?«, drängte Elke.
»Guten Morgen.«
Sie bebte vor Ungeduld. »Ist das alles, was dir dazu einfällt?«
»Hast du gut geschlafen, mein Schatz?«
»Lass den Schmalz! Ich will wissen, was du von der Karte hältst, die ich gestern Abend in der ›Stalburg‹ gefunden habe!«
Schmalenbach rieb sich die Augen, tat so, als entdeckte er jetzt erst die Problempostkarte, nahm sie vom Tisch auf, warf die
Stirn in Falten, lieh sich Elkes Lesebrille aus, machte einen zweiten Versuch, den obszönen Text zu entziffern – und legte
die Karte dann seufzend zurück.
»Total witzig, nicht wahr?« Elke hielt es nicht mehr auf ihrem Stuhl.
»Es geht.«
»Es geht?«
»Ich find’s etwas pubertär.«
»Pubertär?« Elke wurde rot vor Wut. »Das ist also pubertär. Wenn wir Frauen uns herausnehmen, das Leben in vollen Zügen zu
genießen, dann ist das pubertär, was?«
»Was möchtest du denn in vollen Zügen genießen? Den falschen Umgang? Das ist doch ein Widerspruch in sich, eine
contradictio in adjecto
.«
Jetzt rannte Elke schimpfend durch die Küche. »Immer wenn du an deine Grenzen stößt, kramst du irgendeinen griechischen Spruch
heraus. Damit kannst du vielleicht deine Saufkumpane beeindrucken, aber nicht eine selbstbewusste und lebensfrohe Frau.«
»Das ist lateinisch, nicht griechisch.«
»Was meinst du, wie egal mir das ist, Schmalenbach?«
»Aha, da färbt der schlechte Umgang mit den falschen Männern schon ab. Du wirfst sogar den kläglichen Rest deiner Mittelschulbildung
über Bord. Es dauert nicht mehr lange, dann lässt du dich tätowieren und trinkst zum Frühstück Bier aus der Flasche.«
Elke setzte sich wieder an den Tisch und zündete sich eine Zigarette an. »Na und? Besser als einen Langweiler im Bett.«
Damit war der Tiefpunkt der Auseinandersetzung erreicht. Schmalenbach beschloss, von nun an noch tapferer zu schweigen. Dann
entdeckte er abends im »Promi« selbst eine Postkarte. Darauf stand in leuchtend roten Lettern: »Männer sind was Wunderbares.«
Elke war entsetzt. »Was soll das denn? Verkehrst du jetzt in Darkrooms?«
Ein Schmalenbach ließ sich so nicht provozieren. »Die Karte habe ich in einem der besten Lokale der Stadt entdeckt. Endlich
mal etwas Intelligentes – und auch noch mehrheitsfähig.«
»Das klingt ja wie ein Slogan für Nierentee«, behauptete Elke, zerriss die Karte und warf sie in den Mülleimer.
Schmalenbach stand mit offenem Mund da. »Was fällt dir ein?«, stammelte er.
Elke hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. »Das haben wir doch nicht nötig. Reklamezettel aus Kneipentoiletten. Warum liest
du nicht mal wieder ein gutes Buch? Das passt viel besser zu dir als dieser Schund.«
WILDE PHANTASIEN
Wie immer führten die Frauen das große Wort. »Ihr Männer habt nicht den Mut, zu euren sexuellen Phantasien zu stehen«, behauptete
Carola Pfeifenberger.
Dabei war der Abend bisher so harmonisch verlaufen. »Woher sollen wir wissen, dass ihr euch dafür interessiert?«, fragte Schmalenbach
vorsichtig.
Auch Pfeifenberger glaubte, etwas zu seiner Verteidigung vorbringen zu müssen. »Und wer sagt uns, dass ihr unsere Phantasien
nicht in den Dreck zieht?
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